Ärzte und Pflegekräfte auf den COVID-Stationen arbeiten seit Wochen an der Belastungsgrenze, selbstverständlich sowohl für Geimpfte als auch für Ungeimpfte. „Ungeimpfte haben jedoch ein vielfach höheres Risiko, im Krankenhaus und insbesondere auf einer Intensivstation behandelt zu werden. Eine Impfung hätte bei vielen COVID-Patienten einen schweren Krankheitsverlauf verhindert“, sagt Professor Dr. med. Georg Ertl, Generalsekretär der DGIM, Internist und Kardiologe aus Würzburg. Die Impfung sei nach aktueller wissenschaftlicher Erkenntnis die mit Abstand wichtigste Maßnahme, um das Risiko einer SARS-CoV-2-Infektion und -Übertragung und vor allem einen schweren Krankheitsverlauf zu reduzieren, betont Ertl.
Daher fordert die größte medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft Europas die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht gegen SARS-CoV-2 auf der Grundlage der STIKO-Empfehlungen. „Wir begrüßen die gestrigen Bund-Länder-Beschlüsse, eine allgemeine Impfpflicht auf den Weg zu bringen“, sagt Professor Dr. med. Markus M. Lerch, der Vorsitzende der DGIM. Der Ärztliche Direktor am LMU Klinikum München drängt darauf, dass dieser Beschluss möglichst schnell umgesetzt wird. Denn die gegenwärtige Überlastung der Intensivstationen führe zwangsläufig auch dazu, dass viele lebensnotwendige Operationen, etwa auch bei Krebserkrankungen, verschoben werden müssen.
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Lerch begrüßt, dass die Impfpflicht nicht nur auf Gesundheitsberufe beschränkt sein soll. „Wem die Fürsorge für Kranke, Pflegebedürftige und Kinder anvertraut worden ist, von dem darf unsere Gesellschaft unbedingt erwarten, dass er oder sie sich zu deren Schutz gegen COVID-19 impfen lässt. Infektionen passieren aber überall und nicht nur in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen - daher muss die Impfpflicht für alle Menschen gleichermaßen gelten“, betont der DGIM-Vorsitzende. „Für die Überlastung der Krankenhäuser sorgen derzeit vor allem die vielen ungeimpften COVID-19-Patienten, für deren Behandlung die Kliniken Kapazitäten bereit stelle müssen, die eigentlich für die Versorgung anderer Schwerstkranker, beispielsweise Unfall- oder Krebspatienten, benötigt werden“, so der Internist und Intensivmediziner. Zudem lag die Impfquote unter Krankenhausmitarbeiterinnen und -mitarbeitern einer RKI-Befragung zufolge im Juli 2021 bereits über 90%, während derzeit nur rund 68% der Allgemeinbevölkerung vollständig geimpft sind (1).
Entschieden widerspricht DGIM-Generalsekretär Ertl einer Impfskepsis aufgrund der kurzen Entwicklungszeit der Vakzine. „Noch nie zuvor wurden neu entwickelte Impfstoffe so vielen Menschen in so kurzer Zeit verabreicht und ihre Wirkung und Nebenwirkungen so genau nachverfolgt wie im Fall der Corona-Impfung“, so Ertl. Impfschäden seien sehr selten, die Impfnebenwirkungen ganz überwiegend vorübergehend. Der DGIM-Vorsitzende Lerch betont, dass die Mitarbeiter in Kliniken und Pflegeheimen die Corona-Pandemie nicht allein bewältigen könnten, sondern dies eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei. „Wir alle müssen unseren Teil dazu beitragen, und wenn ein sicheres, effektives Mittel zur Eindämmung dafür bereitsteht, sollen und müssen wir dieses auch nutzen – zur Not eben auch mit einer gesetzlichen Impfpflicht“, sagt der Experte.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM)
(1) Robert Koch Institut, KROCO - die Krankenhausbasierte Online-Befragung zur COVID-19-Impfung, Ergebnisbericht Zweite Befragungswelle, 04. 10. 2021: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Projekte_RKI/Kroco-Report041021.pdf?__blob=publicationFile