Laut einer bundesweiten Analyse aller stationären Fälle mit und ohne Diabetes in den Jahren 2015 bis 2017 hat etwa jede 5. Patientin beziehungsweise jeder 5. Patient im Krankenhaus einen
Diabetes mellitus. (2) „Trotz dieser hohen Prävalenz ist die Aus- und Weiterbildung von Pflegefachkräften zu Diabetes nicht ausreichend. In der Ausbildung zur Pflegefachkraft werden etwa 20 Stunden zum Thema Diabetes unterrichtet, eine verpflichtende Fortbildung zu diesem Thema nach dem Examen gibt es nicht“, sagt Claudia Lenden, Gesundheits- und Krankenpflegerin aus Köln. Im Arbeitsalltag erschweren zudem Zeitmangel, organisatorische und strukturelle Probleme in der Zusammenarbeit mit dem ärztlichen Personal sowie anderen Schnittstellen die kompetente Versorgung von Menschen mit
Diabetes Typ 1 oder Typ 2.
Pflegenden fehlt es oft an differenziertem Fachwissen
In einer multizentrischen Querschnittsanalyse wurde das diabetologische Fachwissen von Pflegepersonal mittels eines Fragebogens erhoben. Das Ergebnis: Nur etwa ein Drittel der Befragten konnte korrekte Antworten zum Thema Ernährung bei Diabetes und nur 16% zum Thema Insulindosisanpassung geben. (3) Das bestätigen auch Diabetespatientinnen und -patienten, die nach Aufenthalten in Kliniken und Pflegeinrichtungen häufig davon berichten, dass sich die Pflegefachkräfte nicht mit ihrer Erkrankung auskennen. „Pflegenden fehlt es oft an differenziertem Fachwissen, zum Beispiel zur Behandlung von Unter- und Überzuckerungen oder zum Umgang mit technischen Geräten wie Insulinpumpen“, so Lenden.
Ähnlich ergeht es älteren Menschen mit Diabetes, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung stetig steigt. Ein Viertel der Betroffenen mit
Typ-2-Diabetes gehört der Altersgruppe der über 75-Jährigen an und circa 1 Million ist über 80 Jahre alt. „Deutschlands größten Pflegedienst stellen die Angehörigen dar. Sie versorgen häufig ganz allein ihre Partnerinnen und Partner, Eltern usw. in der Häuslichkeit. Wie belastend diese Situation für die Erkrankten und Angehörigen ist, ist nicht vollends bekannt. Einige Angehörige erfahren Unterstützung durch ambulante Pflegedienste“, sagt Doris Schöning, Mitglied im Fachbeirat der DDH-M NRW. Diese Situation führt häufig zu Konflikten. Denn die Mitarbeitenden des ambulanten Pflegedienstes verfügen zwar über eine hohe pflegerische Kompetenz, doch leider meist über ein geringes diabetologisches Wissen. „Angehörige erhalten auf einmal semikorrekte Informationen von den Pflegenden – anders als Diabetesteams sie vermitteln.“
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Diabetologische Fort- und Weiterbildung von Pflegefachkräften nötig
In einem Positionspapier fordert die DDH-M NRW im Vorfeld der anstehenden Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen daher eine strukturierte diabetologische Fort- und Weiterbildung von professionell Pflegenden in allen ambulanten und stationären Einrichtungen der Langzeit- und Akutpflege sowie in der Psychiatrie. „Im Bereich der medikamentösen Diabetestherapie erleben wir rasante Weiterentwicklungen sowie zahlreiche technologische Neuerungen. Diese erfordern ein hohes Maß an Fachwissen, das stetig aktualisiert werden muss“, so Norbert Kuster, Landesvorsitzender und Geschäftsführer der DDH-M NRW. Den Pflegenden müsse Zeit und die Möglichkeit gegeben werden, sich fortlaufend zum Thema Diabetes weiterzubilden, sind sich die Referierenden einig. „Damit mehr Menschen sich für entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen entscheiden, müssen außerdem finanzielle Anreize geschaffen werden – sowohl für die Pflegenden selbst als auch für die Einrichtungen.“
Quelle: Deutsche Diabetes-Hilfe - Menschen mit Diabetes Landesverband Nordrhein-Westfalen e. V.
(1) https://www.pflegenot-deutschland.de/ct/personalmangel-pflege/ - letzter Abruf am 12.05.2022
(2) Auzanneau, Marie; Fritsche, Andreas; Icks, Andrea; Siegel, Erhard; Kilian, Reinhold; Karges, Wolfram; Lanzinger, Stefanie; Holl, Reinhard W.: Eine bundesweite Analyse aller stationären Fälle mit und ohne Diabetes zwischen 2015 und 2017; Diabetes in the hospital – a nationwide analysis of all hospitalized cases in Germany with and without diabetes, 2015–2017. Dtsch Arztebl Int 2021; 118: 407-12; DOI: 10.3238/arztebl.m2021.0151
(3) https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0035-1549650