Dazu Thomas Knieling, Bundesgeschäftsführer des VDAB: „Jetzt wird auch in der Praxis endgültig klar, worauf wir schon seit einem Jahr hinweisen. Die Regelungen zur Umsetzung der Tarifpflicht sind völlig widersinnig und unrealistisch. Alle Pflegeunternehmen sollen nach den gesetzlichen Vorgaben jetzt bis zum 01.02.2023 die Gehälter für Mitarbeitende in der Pflege und Betreuung ein weiteres Mal anpassen. Dazu muss man wissen, dass eine Vielzahl von stationären Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegediensten noch gar keine neuen Vergütungsvereinbarungen zum 01.09.2022 auf Basis der bisher gültigen regional üblichen Entgeltniveaus erhalten haben, weil die Pflegekassen flächendeckend überlastet sind. Das bedeutet also, dass diesen Einrichtungsträgern jetzt zugemutet wird, wieder in Verhandlungen einzutreten und das wieder ohne Aussicht auf einen fristgerechten Abschluss! Weder die explodierenden Energiekosten noch die gestiegenen Personalkosten sind also bislang verlässlich gegenfinanziert. Das ist ein unhaltbarer Zustand. Hinzu kommt, dass es vielen stationären Einrichtungen auch rein faktisch unmöglich sein wird, die Refinanzierung der neuen Löhne zum 01.02.2023 über höhere Pflegesätze sicherzustellen, denn auch das gesetzlich vorgeschriebene Erhöhungsverfahren gegenüber den Pflegebedürftigen lässt sich schon in zeitlicher Hinsicht nicht mehr bewerkstelligen. Für die ambulanten Pflegeunternehmen stellt sich neben dem zeitlichen Aspekt grundsätzlich die Frage einer auskömmlichen Refinanzierung, denn bisher gibt es weder geeinte Kalkulationsunterlagen noch vereinbarte Leistungszeiten, auf deren Basis die Verhandlungen geführt werden könnten. Die rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken türmen sich bei den Unternehmen auf, ohne dass sie von ihnen verschuldet sind oder vermieden werden könnten. Politik und Kassen spielen hier nicht nur leichtfertig mit unternehmerischen Existenzen, sondern gefährden letztlich auch die Versorgungssicherheit. Herr Minister Prof. Dr. Lauterbach, kommen Sie endlich zur Vernunft und sorgen Sie bei der Umsetzung der Tarifpflicht für ein System, das nicht alle Akteure überlastet, keine Existenzen gefährdet und die Versorgung nicht destabilisiert!“
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Erschienen am 05.12.2022 • Aktuell wird in der Pflege von 200.000 fehlenden Vollzeitkräften ausgegangen. Vor allem in der Pädiatrie zeigt sich der Personalmangel gerade besonders deutlich.
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