Freitag, 27. Dezember 2024
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Medizin

Sind gemeinsame Arzttermine der Schlüssel zur Lösung des weltweiten Versorgungsmangels?

Sind gemeinsame Arzttermine der Schlüssel zur Lösung des weltweiten Versorgungsmangels?
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Neue Forschungsergebnisse der ESMT Berlin zeigen, dass mit anderen Personen geteilte Arzttermine die Zufriedenheit von Patient:innen, den Lernerfolg und die Medikamenteneinnahme verbessern, ohne die Nachuntersuchungsraten oder die klinischen Ergebnisse zu beeinträchtigen (1).
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Untersuchung der Auswirkung gemeinsamer Arzttermine auf Erfahrung und Verhalten

Diese Forschung wurde von Nazlı Sönmez, ESMT Berlin, Kavitha Srinivasan und Rengaraj Venkatesh, Aravind Eye Hospital (Indien), Ryan W. Buell, Harvard Business School, und Kamalini Ramdas, London Business School, durchgeführt. Die Forschenden wollten die Auswirkungen gemeinsamer Arzttermine auf die Erfahrungen der Patient:innen (Wissenszuwachs und Zufriedenheit) und ihr Verhalten (Nachuntersuchungsraten und Medikamenteneinhaltung) untersuchen.

Was versteht man unter gemeinsamen Arztterminen?

Bei gemeinsamen Arztterminen (shared medical appointments, SMAs) treffen sich Patient:innen mit derselben Erkrankung in einer Gruppe mit Ärzt:innen, wobei jede:r Patient:in nacheinander behandelt wird. Der oder die Behandelnde gibt sowohl Informationen weiter, die auf die speziellen Bedürfnisse der einzelnen Patient:innen zugeschnitten sind, als auch standardisierte Informationen, die für andere mit der gleichen Erkrankung relevant sind.

Begrenzte Akzeptanz von gemeinsamen Arztterminen im Gesundheitswesen

SMAs werden als potenziell effektiver Weg zur Deckung des weltweiten Bedarfs im Gesundheitswesen angepriesen, insbesondere in Ländern, deren Gesundheitssysteme stark belastet sind. Die begrenzte Akzeptanz von SMAs im Gesundheitswesen kann jedoch auf die Bedenken der Patient:innen hinsichtlich des Verlusts der Privatsphäre zurückgeführt werden, was eine offene Diskussion sensibler medizinischer Themen behindern und das Lernen, die Zufriedenheit und das Engagement beeinträchtigen kann.
 
 

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Mängel im Gesundheitssystem in Indien

Die Forschenden führten eine groß angelegte randomisierte kontrollierte Studie am Aravind Eye Hospital in Indien durch (1). In Indien lebt fast 1/5 der Weltbevölkerung. Es werden aber nur 1,1% des BIP für die Gesundheit ausgegeben, weswegen ein gravierender Mangel an medizinischen Kapazitäten besteht. 1.000 Patientinnen mit primärem Glaukom wurden nach dem Zufallsprinzip entweder zu Einzelterminen oder zu SMAs mit insgesamt 5 Patient:innen bei 4 aufeinander folgenden Routineuntersuchungen im Abstand von 4 Monaten eingeteilt.

Gemeinsamen Arzttermine verbessern Zufriedenheit und Einhaltung von Medikamenteneinnahmen

Am Ende jedes Termins wurden die Patient:innen befragt, um ihre Zufriedenheit mit dem Termin, ihr Wissen über das Glaukom und ihre Absicht, einen Folgetermin wahrzunehmen, zu ermitteln. Die Patient:innen wurden auch hinsichtlich ihrer Medikamenteneinnahme beobachtet. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass SMAs die Zufriedenheit von Patient:innen, das Lernen und die Einhaltung von Medikamenteneinnahmen deutlich verbessern, ohne dass die Nachverfolgungsraten der Patient:innen oder die gemessenen klinischen Ergebnisse beeinträchtigt werden (1).

Gemeinsame Arzttermine können Lücken in der Gesundheitsversorgung schließen

„Die Nachfrage nach medizinischer Versorgung ist weltweit enorm und übersteigt das Angebot”, sagt Sönmez. „Vor allem in unterentwickelten Ländern ist das Verhältnis zwischen Patient:innen und Ärzt:innen erschreckend. Und die Patient:innen stehen vor hohen Hürden bei der Inanspruchnahme der Versorgung. Wir müssen innovative Lösungen wie gemeinsame Arzttermine nutzen, um diesen Bedarf zu decken. Andernfalls würden wir einer großen Zahl von Menschen ihr grundlegendes Menschenrecht auf Zugang zur Gesundheitsversorgung vorenthalten.” Den Forschenden zufolge könnten SMAs den Zugang zur öffentlichen Gesundheitsversorgung erweitern, die Kosten für die private Versorgung senken und die medizinischen Ergebnisse bei verschiedenen Erkrankungen, insbesondere bei Typ-2-Diabetes, sowohl in der Primär- als auch in der Sekundärversorgung deutlich verbessern. Der innovative Einsatz von SMAs könnte dafür sorgen, dass mehr Patient:innen schneller Zugang zur Gesundheitsversorgung erhalten, was die Gesundheitsversorgung für alle erleichtern würde.

Quelle: European School of Management and Technology (ESMT)

Literatur:

(1) Sönmez N et al. Evidence from the first Shared Medical Appointments (SMAs) randomised controlled trial in India: SMAs increase the satisfaction, knowledge, and medication compliance of patients with glaucoma. PLOS Global Public Health 3(7): e0001648, 2023, Abrufbar unter: https://journals.plos.org/globalpublichealth/article?id=10.1371/journal.pgph.0001648, Letzter Zugriff: 25.07.2023.


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