Diabetes und Hypertonie sind Hauptrisikofaktoren für chronische Nierenerkrankungen
Chronische Nierenerkrankungen (CKD) betreffen circa 13% der Allgemeinbevölkerung weltweit, in Deutschland schätzungsweise über 2 Millionen Menschen. Hauptrisikofaktoren sind Diabetes mellitus sowie
Bluthochdruck – Faktoren, die immer häufiger werden. Das Tückische daran ist, dass Nierenerkrankungen lange keine Beschwerden bereiten und die Erkrankung erst sehr spät erkannt wird, wenn die Niere bereits nicht mehr effektiv arbeitet.
Die Rolle der Epigenetik bei der Entstehung von chronischen Nierenerkrankungen
In den letzten Jahren rückte das Feld der Epigenetik immer mehr in den Fokus der Forschung. Ausgelöst durch Umwelteinflüsse, wirken sich epigenetische Veränderungen darauf aus, ob ein Gen abgelesen und die darin verschlüsselte Bauanleitung für ein bestimmtes Protein ausgeführt wird. Die genetische Information selbst bleibt unverändert. Epigenetische Veränderungen tragen zum Fortschreiten vieler Erkrankungen eine Rolle und könnten deshalb als präventive, diagnostische oder therapeutische Marker genutzt werden. Welche Rolle die Epigenetik bei Entstehung und Verlauf chronischer Nierenerkrankungen spielt, ist bislang kaum erforscht. Bei Patient:innen mit
Typ-2-Diabetes führt eine kurze Phase mit schlecht eingestelltem Blutzucker zu einer Nierenschädigung, auch wenn die Blutzucker anschließend über Jahre bestens kontrolliert wird. Dieses Phänomen ist durch große klinische Studien belegt und wird als „metabolisches Gedächtnis“ bezeichnet – zu erklären ist es durch epigenetische Veränderungen.
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Epigenetische Veränderungen durch verminderte Synthese eines Proteins
Das Forschungslabor der von Prof. Dr. Gunter Wolf, geleiteten Klinik für Innere Medizin III am Universitätsklinikum Jena untersucht seit mehreren Jahren die molekularen Mechanismen bei chronischen Nierenerkrankungen. In früheren Untersuchungen an Mäusen mit Typ-2-Diabetes konnte das Forschungsteam ein Protein identifizieren, das für den Verlauf der diabetischen Nierenerkrankungen eine wichtige Rolle spielt. Im Vergleich zu gesunden Tieren kommt das Protein in den feinen Filterzellen des Nierengewebes verringert vor und steht so mit der beeinträchtigten Organfunktion in Zusammenhang. „In Folgestudien konnten wir jetzt zeigen, dass die verminderte Produktion dieses Proteins für epigenetische Veränderungen bei Diabetes sorgt“, nennt Arbeitsgruppenleiterin Dr. Marita Liebisch ein aktuelles Ergebnis.
Hypoxie vermittelt epigenetische Veränderungen bei Diabetes
Das Forschungsteam suchte auch nach dem Auslöser für diese Veränderungen. Die Medizindoktorandin Johanna Barth analysierte dafür den Einfluss, den eine verminderte Sauerstoffkonzentration im Nierengewebe auf die molekularen Prozesse hat. Sie untersuchte sowohl kultivierte Nierenzellen, als auch das Nierengewebe von Mäusen. Bei den Tieren wurde die Hypoxie medikamentös und durch die Haltung in einer sauerstoffreduzierten Atmosphäre ausgelöst (1). „Unter den sauerstoffreduzierten Bedingungen haben wir genau die zuvor beobachteten epigenetischen Veränderungen bestätigen können, die mit einer Schädigung der Nierenzellen verbunden sind“, so Johanna Barth, deren Promotion durch ein Stipendium der Medizinischen Fakultät gefördert wird.
(1) Barth J. et. al. The Role of Hypoxia on the Trimethylation of H3K27 in Podocytes, Biomedicines 2023, abrufbar unter: https://www.mdpi.com/2227-9059/11/9/2475, Letzter Zugriff: 13.11.2023.