Morbus Fabry: Entzündungen an zahlreichen Organen durch AGAL-Enzymdefekt
Morbus Fabry ist eine seltene x-chromosomal vererbte lysosomale Speicherkrankheit, die mit einem Defekt des Enzyms α-Galaktosidase A (AGAL) einhergeht (6). In der Folge akkumulieren Stoffwechselprodukte wie Globotriaosyl-ceramid (Gb3) oder Globotriaosylsphingosin (lyso-Gb3) in Geweben und Organen und führen zu biochemischen und funktionellen Beeinträchtigungen und Auslösung von Entzündungsprozessen. Morbus Fabry ist eine Multisystemerkrankung, die zahlreiche Organe und Organsysteme betreffen und entsprechend vielfältige klinische Symptome verursachen kann (2). Besonders betroffen sind Herz, Nieren, Gastrointestinaltrakt sowie peripheres und zentrales Nervensystem. Der Verlauf der Erkrankung ist progressiv und erste Symptome treten bereits in der Kindheit auf und Jugend auf, wie
neuropathische Schmerzen, gastrointestinale Beschwerden, Angiokeratome und Hypohidrose (7). Mit Voranschreiten der Erkrankung kommt es u. a. zu Niereninsuffizienz, Kardiomyopathie und Schlaganfall (7).
Diagnosen bei Morbus Fabry kommen oft zu spät
„Leider wird die Diagnose des Morbus Fabry immer noch mit großer Verzögerung von Jahren oder Jahrzehnten gestellt und die Patient:innen stellen sich häufig erst bei signifikanter Organbeteiligung vor“, erläuterte Gaedeke und schilderte anhand eines Patientenfalls die Warnsignale, die auf einen Morbus Fabry hindeuten können: Bei einem 31-jährigen Patienten mit unklarer
Proteinurie wurde anhand histologischer, genetischer und biochemischer Analysen die Diagnose Morbus Fabry gestellt. Fremdanamnestisch durch Befragung der Mutter konnte erhoben werden, dass der Patient bereits in der Kindheit Symptome der Erkrankung aufwies: Wachstumsschmerzen, Akroparästhesien und Hitzeintoleranz. „Grundsätzlich sollten atypische Verläufe immer den Verdacht erregen“, führte Gaedeke weiter aus. Ein kryptogener Schlaganfall bei Patient:innen vor dem 55. Lebensjahr oder eine Proteinurie ohne typische Grunderkrankungen wie Hypertonie oder
Diabetes sowie ohne immunologisch auffällige Parameter sollten Anlass für genetische und biochemische Untersuchungen auf Morbus Fabry geben.
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Erschienen am 09.10.2019 • In der neurologischen Praxis ist für die Diagnostik von Morbus Fabry ein interdisziplinäres Vorgehen besonders wichtig – Lesen Sie mehr auf www.journalmed.de!
Erschienen am 09.10.2019 • In der neurologischen Praxis ist für die Diagnostik von Morbus Fabry ein interdisziplinäres Vorgehen...
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Morbus Fabry Behandlungsoptionen: Enzymersatztherapie und Chaperon-Therapie
Um den weiteren Befall der Organe, insbesondere der Nieren, des Herzens und des zentralen Nervensystems, aufzuhalten oder zu verzögern, ist eine frühe krankheitsspezifische Therapie wichtig (2). Derzeit zugelassene Medikamente zielen darauf ab, das intrazelluläre Gb3 zu reduzieren. Während die Enzymersatztherapie, die alle 14 Tage intravenös verabreicht wird, das fehlende Enzym AGAL ersetzt, erhöht die orale Chaperon-Therapie die Enzymaktivität durch Stabilisierung der fehlgefalteten AGAL. „Die Chaperon-Therapie kann nur bei Mutationen eingesetzt werden, die mit einer Enzymrestfunktion einhergehen“, ergänzte Gaedeke. Weiter berichtete er von zukünftigen Therapieoptionen, die sich aktuell in klinischer Prüfung befinden: neben neuen Enzympräparaten und Gentherapie, auch eine Substratreduktionstherapie, die die De-novo-Synthese von Gb3 hemmt (2).
r/r CMV-Infektion – ein signifikantes Problem in der Transplantationsmedizin
Mit einem eindrücklichen Patient:innenfall leitete Witzke seinen Vortrag ein: Nach 2 fehlgeschlagenen Nierentransplantationen bei einer Patientin mit atypischem hämolytisch-urämischen Syndrom (aHUS) ermöglichte Eculizumab eine erfolgreiche Transplantation. Eine posttransplantäre
Cytomegalievirus (CMV)-Infektion wurde mit Valganciclovir behandelt. Bei Entwicklung von Resistenzen wurde bei CMV-Kolitis die Therapie auf Foscarnet umgestellt, was jedoch zum akuten Nierenversagen führte. Im weiteren Verlauf kam es zu einer akuten Abstoßungsreaktion. „Wir haben es mit der Situation einer schwer beherrschbaren refraktären/resistenten (r/r) CMV-Infektion und einer Abstoßungsreaktion zu tun. Man sollte denken, dass hier die Geschichte zu Ende ist“, zog Witzke ein erstes Zwischenfazit zur Falldarstellung. Der Verdacht einer refraktären CMV-Infektion liegt vor, wenn nach mindestens 2-wöchiger antiviraler Therapie in adäquater Dosis die Viruslast persistiert oder steigt (3). Dies sollte zur Abklärung resistenzvermittelnder Mutationen durch genotypische Untersuchungen führen. Dabei korreliert die Entwicklung von Resistenzen mit höherer Morbidität und Mortalität (8).
Bedarf an wirksamen und sicheren Therapieoptionen für r/r CMV-Infektionen nach Transplantation
„Es gibt kein Kochrezept“, schilderte Witzke die Herausforderungen bei der Behandlung von r/r CMV-Infektionen. Bislang gäbe es keine kontrollierten Studiendaten und die Therapiealgorithmen der Leitlinien würden auf Expert:innenkonsens unter Berücksichtigung des individuellen Einzelfalls und der Dringlichkeit einer Behandlung basieren (8). Neben einer Reduktion der Immunsuppression kann in Abhängigkeit der nachgewiesenen Resistenz eine Dosiseskalation von Ganciclovir oder eine Behandlung mit Foscarnet oder Cidofovir angezeigt sein. Ihre Anwendung werde jedoch durch Toxizitäten und die Entwicklung von Resistenzen limitiert (8). Neue Therapieoptionen zur Behandlung der r/r CMV-Infektion würden in klinischen Studien untersucht, z. B. die adoptive Immuntherapie mit CMV-spezifischen T-Zellen, so Witzke (5). Bereits im Zulassungsverfahren befindet sich Maribavir. Während die konventionellen Virostatika die virale DNA-Polymerase pUL54 als Zielstruktur haben, hemmt Maribavir die pUL97, die an der viralen DNA-Replikation, der Verpackung und der Ausschleusung der viralen Kapside aus dem Zellkern beteiligt ist (9).
SOLSTICE-Studie: CMV-Virämie-Clearance bei Behandlung mit Maribavir signifikant hoch
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Maribavir wurden in der klinischen Phase III-Studie SOLSTICE untersucht (9). In dieser multizentrischen, aktiv kontrollierten, open-label Studie wurden 352 Patient:innen mit r/r CMV-Infektion nach solider Organtransplantation (SOT) oder hämatopoetischer Stammzelltransplantation (HSZT) 2 : 1 randomisiert mit Maribavir (n = 235) oder mit einer vom Studienarzt zugewiesenen konventionellen Virostatikatherapie (Ganciclovir, Valganciclovir, Foscarnet, Cidofovir als Monotherapie oder in Kombination, n = 117) 8 Wochen lang behandelt. Zwischen beiden Gruppen zeigte sich ein signifikanter Unterschied zugunsten Maribavir hinsichtlich der CMV-Virämie-Clearance in Woche 8 (primärer Endpunkt; 56% vs. 24%).
Rekurrenz nach Absetzen der Therapie – Verlängerung der Behandlung notwendig
Auch erreichte unter Maribavir ein größerer Anteil der Patient:innen den wichtigsten sekundären Endpunkt, d. h. eine CMV-Virämie-Clearance und Symptomkontrolle in Woche 8 und Aufrechterhaltung bis Woche 16 (19% vs.10%). „Wird die Therapie abgesetzt, kommt es bei einem Teil der Patient:innen zur Rekurrenz. Es ist deshalb wichtig, Strategien zu haben wie beispielsweise die Verlängerung der Behandlungsdauer“, interpretierte Witzke die Ergebnisse zum sekundären Endpunkt und fasste die Wirksamkeit zusammen: „Insgesamt zeigt Maribavir überzeugende Daten, auch in allen Subgruppen.“ Die relevanteste Nebenwirkung, die unter Maribavir auftrat, waren – reversible – Geschmacksstörungen.
Maribavir als gute Option zur Behandlung der r/r CMV-Infektion
Anschließend schilderte Witzke den weiteren Verlauf des Patient:innenfalls: Die akute Abstoßung des Transplantats konnte behandelt werden. Nachdem sich unter der Rezidivprophylaxe mit Letermovir Resistenzen entwickelten, wurde die Behandlung auf Foscarnet umgestellt und es kam zu einer erneuten Abstoßungsreaktion. „Wir warten auf die Ergebnisse der Nierenbiopsie, um das weitere Prozedere zu planen. Eine Behandlung mit Maribavir wäre eine Option“, so Witzke abschließend.
(1) Germain DP. Orphanet J Rare Dis 2010; 5: 30
(2) Lenders M et al. Drugs 2021; 81: 635-645
(3) Chemaly RF et al. Clin Infect Dis 2019; 68: 1420-1426
(4) Stern A et al. Curr Infect Dis Rep 2019; 21: 45
(5) Haidar G et al. J Infect Dis 2020; 221: S23-S31
(6) Pieroni M et al. J Am Coll Cardiol 2021; 77: 922-936
(7) Mehta A et al. Genet Med 2010; 12: 713-720
(8) Kotton CN et al. Transplantation 2018; 102: 900-931
(9) Avery RK et al. Clin Infect Dis 2022; 75: 690-701