Geschlechtsspezifische Unterschiede bei Herzklappenerkrankungen: Neue Studie liefert Einblicke
Schwerwiegende Erkrankungen der Herzklappen nehmen aufgrund der steigenden Lebenserwartung in Europa in ihrer Häufigkeit rasant zu. Parallel dazu haben sich die Behandlungsmöglichkeiten von Herzklappenerkrankungen in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert. Dazu hat vor allem die Einführung neuer, minimal-invasiver Eingriffsoptionen beigetragen. Geschlechtsspezifische Unterschiede in Hinblick auf Diagnose und Therapie von Herzklappenerkrankungen sind bisher jedoch sehr wenig untersucht. Eine aktuelle Studie hat nun genau das getan: basierend auf einer großen Datenerhebung durch die Europäische Kardiologische Gesellschaft wurden darin geschlechtsspezifische Unterschiede in Hinblick auf Art der Klappenerkrankungen, die erfolgte Therapie, sowie Gründe für das Unterbleiben der Behandlung von Patient:innen aus ganz Europa ausgewertet (1).
Studie mit mehr als 5.200 Patient:innen in mehr als 208 Zentren
„Wir konnten klare Unterschiede bei Männern und Frauen feststellen,“ erklärt Prof. Julia Mascherbauer, Leiterin der klinischen Abteilung für Innere Medizin 3 am Universitätsklinikum St. Pölten und Erstautorin der Studie: „So waren Frauen bei der Diagnose ihrer Herzklappenerkrankung im Schnitt 2,5 Jahre älter als Männer und wiesen dann auch mehr Symptome auf.“
In der Studie, die über 5.200 Patient:innen umfasste und an 208 Zentren in Europa (und Nordafrika) durchgeführt wurde, konnte festgestellt werden, dass bei beiden Geschlechtern am häufigsten eine Aortenstenose zu behandeln war, am zweithäufigsten eine Mitralinsuffizienz.
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Frauen erhalten seltener eine nach geltenden Richtlinien empfohlene Behandlung
Die Auswertungen der Daten brachten weitere bisher nicht bekannte Unterschiede zutage, wie Prof. Mascherbauer ausführt: „Als wir uns die konkreten Eingriffe anschauten, die zu Behandlungszwecken durchgeführt wurden, fanden sich relevante Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Insgesamt wurde bei Frauen signifikant seltener eine nach geltenden Richtlinien empfohlene Intervention durchgeführt. Dieser Unterschied beruhte vor allem auf weniger Mitralklappeneingriffen bei Frauen.“ Als ein möglicher Grund dafür konnte das Alter der Patientinnen identifiziert werden, die zum Zeitpunkt der Diagnose mit 71,5 Jahren durchschnittlich 2,5 Jahre älter als Männer waren. Aber auch die Ablehnung der Patientinnen, Eingriffe durchführen zu lassen sowie eine Verbesserung der Symptome nach medikamentösen Behandlungen waren Gründe dafür, empfohlene Eingriffe weniger häufig als bei Männern durchzuführen. Die 6-Monats-Überlebensraten unterschieden sich bei den Geschlechtern allerdings nicht.
Quelle: Universitätsklinikum St. Pölten
(1) Maschenbauer et al. (2024): Sex-related differences in severe native valvular heart disease: the ESC-EORP Valvular Heart Disease II survey. European Heart Journal, DOI: https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehae523