Korrekte Diagnose und schnelle Entzündungshemmung
„Trotz ihrer Häufigkeit wird die Gicht oft nicht angemessen diagnostiziert und behandelt. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer Leitlinie, an der insgesamt 7 wissenschaftliche Fachgesellschaften beteiligt waren“, sagt Privatdozentin Dr. Uta Kiltz, Oberärztin am Rheumazentrum Ruhrgebiet in Herne, die zusammen mit Privatdozentin Dr. Anne-Kathrin Tausche, Dresden, die Leitlinienentwicklung koordiniert hat. Entscheidend sei die frühzeitige Diagnose der Gicht, um rasch mit einer wirksamen Therapie beginnen zu können. Im akuten Gichtanfall empfiehlt die aktuelle Leitlinie den Einsatz von entzündungshemmenden Medikamenten wie Colchicin, Glukokortikoiden oder nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR).
Am Zielwert der Serumharnsäure orientieren
Ursache für wiederkehrende Anfälle und schwere Gelenkschäden sind chronisch erhöhte Harnsäurewerte im Blut der Betroffenen. Um dies zu vermeiden, empfiehlt die Leitlinie eine sogenannte „Treat-to-Target“-Strategie, bei der eine medikamentöse Senkung der Serumharnsäure auf Werte unter 6 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) Blut angestrebt wird. Dafür müssen allerdings die Ärzt:innen für die Patient:innen individuell den optimalen Zielwert ermitteln und die Medikation daran anpassen. Auf diese Weise lassen sich therapeutischer Nutzen und medikamentöse Belastung durch Medikamente ins Gleichgewicht bringen.
Einbeziehung der Patient:innen und interdisziplinäre Zusammenarbeit
Ein wesentlicher Fortschritt bei der Erstellung dieser Leitlinie ist die enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen wissenschaftlichen Fachgesellschaften und die aktive Beteiligung von Patientenvertreter:innen. Hausärzt:innen übernehmen eine zentrale Rolle, da sie meist Menschen mit akuten Gichtanfällen behandeln und gleichzeitig mit den Patient:innen die langfristigen Behandlungsziele erörtern und die Therapie beginnen. In schwereren Fällen ist die Überweisung an Fachärzt:innen für Rheumatologie wichtig. Die neue Leitlinie empfiehlt, bereits beim ersten Gichtanfall alle Therapieoptionen mit den Patient:innen zu besprechen, um die Akzeptanz der Behandlung zu verbessern.
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Prävention und Aufklärung
Das Risiko, eine Gicht zu entwickeln, steigt mit dem Alter an und ist bei Männern 3-mal höher als bei Frauen. „Die Therapie der Gicht als chronischer Erkrankung erfordert eine zuverlässige Mitarbeit der Betroffenen. Dies gilt umso mehr für die begleitenden präventiven Maßnahmen. Patient:innen sollten darüber aufgeklärt werden, dass unter anderem Risiken wie Übergewicht und übermäßiger Alkoholkonsum das Risiko für Gichtanfälle erhöhen“, so Privatdozentin Dr. Kiltz. Den Harnsäurespiegel erhöhende Medikamente, wie etwa Mittel zur Entwässerung, seien nur zu verwenden, wenn es sich nicht vermeiden lässt.
Bedeutung für die Praxis
Die neue S3-Leitlinie ist ein entscheidender Schritt hin zu einer verbesserten Versorgung von Gichtpatient:innen, so auch die Einschätzung von Prof. Specker. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit und die aktive Einbindung der Patient:innen würde dazu beitragen, die Lebensqualität der Betroffenen nachhaltig zu steigern. „Mit dieser Leitlinie setzen wir neue Standards in der Behandlung der Gicht. Unser Ziel ist es, Gichtanfälle zu verhindern, Gelenkschäden zu minimieren und die Lebensqualität unserer Patient:innen langfristig zu verbessern“, so das Fazit der Rheumatologin Kiltz.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e.V. (DGRh)