GvHD nach alloHSCT: Rolle von Zellstress entschlüsselt
12. April 2022
Leukämie- oder Lymphom-Patient:innen entwickeln nach einer allogene hämatopoetischen Stammzelltransplantation (alloHSCT) häufig eine lebensbedrohliche Immunreaktion. Dass Stress in den Zellen die Entzündungen antreibt, zeigen Freiburger Forschende in einem von der Wilhelm Sander-Stiftung geförderten Projekt.
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Wahrscheinlichkeit für GvHD nach alloHSCT hoch
Patient:innen mit Leukämie- oder Lymphomerkrankungen, die nach einer Chemotherapie eine alloHSCT bekommen, entwickeln mit 30-60%iger Wahrscheinlichkeit eine schwere Abstoßungsreaktion gegen bestimmte Organe. Konkret greifen bei einer Graft-versus-Host-Disease (GvHD) die mit der Stammzelltransplantation übertragenen weißen Blutkörperchen das Gewebe und die Organe des Empfängers an, wodurch insbesondere Haut-, Leber- und Darmgewebe schwer geschädigt werden können. Dadurch reduzieren sich bei Leukämie- oder Lymphom-Patient:innen mit GvHD die Überlebenschancen. Die akute GvHD trägt zu 15-30% der Todesfälle bei.
Entstehungsmechanismus der GvHD noch nicht vollständig geklärt
Um die hohe Todesrate aufzuklären und Therapiemöglichkeiten zu entwickeln, konzentriert sich die Forschung schon seit längerer Zeit auf die Auslöser dieser gefährlichen Immunreaktion im Körper der Patient:innen: Was bringt die Spender-Zellen zu solch aggressiven Attacken auf eigentlich gesunde Organe? Bisher war die sehr häufig auftretende GvHD eine äußerst komplexe Reaktion, die noch nicht vollständig aufgeklärt werden konnte.
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Weitere molekulare Ursache für die Entstehung der GvHD entdeckt
In einem von der Wilhelm Sander-Stiftung geförderten mehrjährigen Forschungsprojekt ist es den Arbeitsgruppen von Dr. Petya Apostolova und Prof. Dr. Robert Zeiser aus der Abteilung für Tumorimmunologie und Immunregulation an der Klinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Freiburg in enger Zusammenarbeit jetzt gelungen, eine weitere molekulare Ursache für die Entstehung der GvHD zu entschlüsseln. Die Ergebnisse wurden jüngst in der renommierten Fachzeitschrift Haematologica veröffentlicht (1).
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Zelluläre Stressreaktion als Ursache für die Entstehung der GvHD entschlüsselt
Wie die Forschenden herausfanden, spielt endoplasmatischer Retikulum-Stress (ER-Stress) und eine daraus resultierende ungefaltete Protein-Antwort eine entscheidende Rolle im Entstehungsmechanismus der GvHD. Als ungefaltete Protein-Antwort wird eine komplexe Reaktion von Zellen auf Stress bezeichnet, der durch die Ansammlung von Proteinen mit fehlerhafter Faltung im endoplasmatischen Retikulum (ER) entsteht (Abb. 1). Das ER ist ein Zellorganell, welches im Zytosol lokalisiert ist und eine zentrale Funktion hat für die Synthese verschiedener Lipide, Steroide, der Faltung und posttranslationalen Modifikation von Proteinen und für die Entgiftung der Zelle.
Verlust des ER-Stress-Regulators Xbp1 führt zu einer verstärkten GvHD
„Wir haben festgestellt, dass die Entwicklung der GvHD mit einer starken Zunahme der zellulären Stressreaktionen assoziiert ist“, erklärt Dr. Eileen Haring, Erstautorin der Studie aus der Forschungsgruppe von Robert Zeiser. Durch Nutzung von genetischen Tiermodellen und Untersuchung von Patientenproben konnten die Wissenschaftler:innen zeigen, dass ein Verlust des ER-Stress-Regulators Xbp1 zu einer verstärkten GvHD führte. Hingegen reduzierte die Hemmung von Inositol-Requiring Enzyme 1 Alpha (IRE1α), welches das Signal als Antwort auf ER-Stress vermittelt, GvHD in Mäusen. „Dies ist ein vielversprechendes Ergebnis, das die Grundlage für weitere essentielle Studien zur GvHD-Behandlung legen könnte,“ erklärt Petya Apostolova.
Quelle: Wilhelm Sander-Stiftung
Literatur:
(1) Haring E, Andrieux G, Uhl FM et al. Therapeutic targeting of endoplasmic reticulum stress in acute graft-versus-host disease. Haematologica 2021; doi: 10.3324/haematol.2021.278387.