Transplantation: Entscheidungsprozesse und interdisziplinäre Zusammenarbeit
Die Entscheidung über die Aufnahme auf die Warteliste zur Herz- und/oder Lungentransplantation wird in einer Transplantationskonferenz getroffen. Dieses interdisziplinär besetzte Gremium besteht u.a. aus Ärzt:innen verschiedener Fachrichtungen und – im Falle der Lungentransplantation verpflichtend – aus Vertreter:innen der psychosozialen Heilberufe, zum Beispiel Fachärzt:innen für Psychiatrie und Psychotherapie. Grundlage für die Entscheidungen der Transplantationskonferenz sind das Transplantationsgesetz sowie die von der Bundesärztekammer (BÄK) erarbeiteten Richtlinien. Diese stellen sicher, dass medizinische und psychosoziale Faktoren berücksichtigt werden, um die begrenzten Spenderorgane nach transparenten Kriterien zu vergeben.
Psychosoziale Evaluation als zentraler Baustein
Ein umfassendes Bild der psychosozialen Situation spielt in diesem Prozess eine Schlüsselrolle. Es hilft, Risiken und Herausforderungen frühzeitig zu identifizieren, um Patient:innen gezielt zu unterstützen und auf den Transplantationsprozess vorzubereiten. Die psychosoziale Situation wird gemäß BÄK-Richtlinien bei der Entscheidung der Transplantationskonferenz über die Aufnahme einer Patientin oder eines Patienten auf die Warteliste berücksichtigt.
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Struktur und Inhalte des Handbuchs
Das neue Handbuch unterstützt Fachkräfte in diesem komplexen Entscheidungsprozess und bietet eine praxisorientierte Hilfe. Beruhend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, psychologischen Berufsstandards und praktischer Erfahrung definiert das Handbuch einen klaren Rahmen für die psychosoziale Versorgung vor einer Transplantation. Es enthält:
- Rechtliche und ethische Grundlagen: Übersicht unter anderem über die Vorgaben des Transplantationsgesetzes und die Richtlinien der Bundesärztekammer.
- Standards für Evaluationsgespräche: Anleitungen zur Durchführung und Dokumentation psychosozialer Gespräche.
- Bewertungskriterien und Handlungsempfehlungen: Konkrete Kriterien zur Beurteilung von Risikofaktoren wie Substanzabhängigkeit oder psychischen Erkrankungen und fachliche Handlungsempfehlungen für eine entsprechende Betreuung oder Behandlung.
- Kulturelle Aspekte: Empfehlungen zum Umgang mit sprachlichen und kulturellen Unterschieden.
- Praktische Werkzeuge: Unterstützende Messinstrumente, wie beispielsweise Fragebögen, zur Einschätzung von Belastungsfaktoren oder Lebensqualität.
Begleitende wissenschaftliche Publikation
Parallel zum Handbuch wurde ein Artikel in der Zeitschrift Transplantation veröffentlicht (1). Dieser setzt sich mit den Herausforderungen der psychosozialen Betreuung bei Transplantationspatient:innen auseinander. Thematisiert werden unter anderem die Abwägung von Dringlichkeit und Erfolgsaussicht, ethische Konflikte bei der psychosozialen Beurteilung und die Bedeutung interdisziplinärer Kommunikation. „Unsere Arbeit zeigt, wie wichtig eine ganzheitliche Herangehensweise an die psychosoziale Versorgung ist“, betont Prof. Katharina Schmitt, Leiterin der Psychokardiologie am DHZC und Mitautorin der Publikation: „Eine umfassende psychosoziale Evaluation bildet die fachliche Grundlage, Patient:innen bestmöglich auf eine Transplantation vorzubereiten. Nur durch interdisziplinären Dialog können wir die komplexen Anforderungen der Transplantationsmedizin meistern.“ Weitere Forschung und der Austausch mit anderen Transplantationszentren seien notwendig, um diese Ansätze kontinuierlich weiterzuentwickeln und die Versorgung auf höchstem Niveau sicherzustellen, betonen die beiden Autorinnen.
Ärzt:innen, die am Handbuch interessiert sind, können sich an Dr. Hannah Ferentzi wenden.
(1) Ferentzi H. et al. (2024) The Psychosocial Care for Candidates for Thoracic Transplantation in Germany: An Interdisciplinary Viewpoint, Transplantation, DOI: 10.1097/TP.0000000000005317