Sonntag, 8. September 2024
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Autopsie-Studie zeigt: Bei Kontaktsportarten können wiederholte Kopftraumata zu Hirnschäden und Parkinsonismus führen

Autopsie-Studie zeigt: Bei Kontaktsportarten können wiederholte Kopftraumata zu Hirnschäden und Parkinsonismus führen
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Rezidivierende Schädelprellungen, z.B. bei Kontaktsport, können zu einer chronischen traumatischen Enzephalopathie (CTE) führen. Dabei können auch Parkinson-ähnliche Symptome auftreten (Parkinsonismus). In einer aktuellen Autopsie-Studie wurden fast 500 Gehirne von Kontaktsportlern mit CTE untersucht, von denen etwa ein Viertel Parkinsonismus hatte. Die histopathologischen Ergebnisse deuten darauf hin, dass regelmäßige Kopfprellungen mit dem Auftreten von Parkinsonismus in Zusammenhang stehen.

 

Wiederholte Schädeltraumata begünstigen Parkinson-ähnliche Symptome bei CTE

Wiederholte Schädeltraumata, wie sie bei Kontaktsportarten durch regelmäßige Kopfprellungen („repetitive head impacts“) auftreten, können zum Krankheitsbild der chronischen traumatischen Enzephalopathie (CTE) führen. Die CTE geht nicht nur mit kognitiven und neuropsychiatrischen Symptomen einher, sie löst eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung aus, bei der es zur Akkumulation von Tau-Protein und Parkinson-ähnlichen Symptomen (Parkinsonismus) kommt. Dieser Vorgang wird offensichtlich durch wiederholte Kopftraumata begünstigt, wie eine aktuelle Studie (1) zeigt. Demzufolge werden neuropathologische Prozesse in der Substantia nigra ausgelöst, die bei CTE zu Parkinson-ähnlichen Symptomen führen.

Zusammenhang zwischen Kontaktsportarten, CTE und Parkinson-ähnlichen Symptomen untersucht

Die Querschnittsstudie untersuchte bei Verstorbenen, die jahrelang Kontaktsportarten (American Football, Hockey, Fußball, Ringen, Boxen, Bobfahren, Turmspringen, Lacrosse, Kampfsport, Rugby und Skifahren) ausübten und an CTE litten, die Häufigkeit von Parkinson-ähnlichen Symptomen sowie den Zusammenhang zwischen regelmäßigen Kopfprellungen, neuropathologischen Veränderungen und Parkinsonismus. Die analysierten Daten stammten von 481 männlichen Gehirnspendern einer US-amerikanischen Autopsie-Datenbank; die überwiegende Mehrzahl, 413 von 481, waren American Football Spieler. Es wurden klinische und neuropathologische Merkmale bei CTE-Betroffenen mit und ohne Parkinsonismus analysiert. Gesucht wurde besonders nach Veränderungen in der Substantia nigra, der Hirnregion, die auch bei Morbus Parkinson (M. Parkinson) betroffen ist. Zu den neuropathologischen Merkmalen gehören Neuronenverluste, Lewy-Körperchen (die vor allem bei M. Parkinson und Lewy-Body-Demenz auftreten) und neurofibrilläre Tangles (NFTs, auch Alzheimer-Fibrillen genannt, die aus aggregierten, hyperphosphorylierten Tau-Proteinen bestehen).
 
 

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American-Football-Spieler besonders betroffen

Im Ergebnis hatten 119 der 481 untersuchten Kontaktsportler einen Parkinsonismus (24,7%). Beim Vergleich der Kontaktsportarten waren American-Football-Spieler von Parkinsonismus signifikant häufiger betroffen (p=0,02), wobei 108 der 119 Sportler mit Parkinsonismus diese Sportart praktizierten (90,8%). In der Gruppe, die keinen Parkinsonismus aufwies, waren es 305 von 362 (84,3%).

Höheres CTE-Stadium und höheres Alter bei Parkinsonismus: Zusammenhang mit schwereren Symptomen

Insgesamt wiesen die Patienten mit Parkinsonismus ein höheres CTE-Stadium auf; so hatten 29,4% der Betroffenen ein CTE-Stadium IV (gegenüber 10,8% ohne Parkinsonismus). Das mittlere Sterbealter von CTE-Patienten mit Parkinsonismus war signifikant höher (71,5 ± 13 Jahre) als bei CTE-Patienten ohne Parkinson-ähnliche Symptome (54,1 ± 19,3 Jahre; p<0,0019). Zudem waren Patienten mit Parkinsonismus älter, hatten höhere Demenzraten (87,4% vs. 29,0%), häufiger visuelle Halluzinationen (37,8% vs. 14,1%) und REM-Schlafverhaltensstörungen (43,7% vs. 16,0%; p<0,001 für alle).

Signifikante Assoziation mit Pathologien der Substantia nigra

In der vorliegenden Studie waren neben dem Alter zum Zeitpunkt des Todes auch mehrere Pathologien der Substantia nigra signifikant mit Parkinsonismus assoziiert. So fanden sich signifikant häufiger nigrale NFTs (bei 42,7% vs. 29,9%; p=0,01), stärkere Neuronenverluste (bei 52,1% vs. 17,1%; p<0,001) und häufiger Lewy-Körperchen (bei 24,1% vs. 5,8%; p<0,001). Traten sowohl Neuronenverlust als auch Lewy-Körperchen auf, war die Assoziation zum Parkinsonismus besonders hoch.

Wiederholte Kopftraumata als möglicher Auslöser für Parkinson-Symptome

Insgesamt kommt das Team zu dem Schluss, dass wiederholte Kopftraumata neuropathologische Prozesse auslösen könnten, die im Verlauf zu Parkinson-Symptomen führen. Eine Studienlimitation sei jedoch, wie das Autorenteam einschränkend angibt, dass eine Kontrollgruppe von Gehirnspendern mit Parkinsonismus ohne CTE fehlte. Auch können Erinnerungsfehler bei den retrospektiv befragten Angehörigen nicht ausgeschlossen werden.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.

Literatur:

(1) Adams et al. (2024): Substantia Nigra Pathology, Contact Sports Play, and Parkinsonism in Chronic Traumatic Encephalopathy. JAMA Neurol, DOI: 10.1001/jamaneurol.2024.2166



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