Mangelernährung in Krankenhäusern: 8,6 Milliarden Euro Mehrkosten im Jahr 2023
In Deutschland sind 20 bis 30% aller Krankenhauspatient:innen von Mangelernährung betroffen. Insbesondere Menschen mit chronischen oder schweren Erkrankungen und ältere Menschen leiden darunter. Anlässlich der Malnutrition Awareness Week 2024 (MAW) hat die DGEM über Risiken, Fakten und Lösungsansätze informiert. Prof. Dr. Matthias Pirlich, Vizepräsident der DGEM, betonte die Dringlichkeit des Problems: „Mangelernährung ist kein Randproblem. Sie führt vielfach zu Komplikationen in der Behandlung und mindert die Lebensqualität der Betroffenen erheblich.“ Die stationäre Verweildauer steigt bei mangelernährten Patient:innen um über 40%, was zu massiv höheren Behandlungskosten führt. „Im Jahr 2023 belaufen sich die Mehrkosten durch Mangelernährung auf bis zu 8,6 Milliarden Euro. Diese Zahlen machen deutlich, dass Mangelernährung für das Gesundheitssystem eine erhebliche Belastung darstellt“, so Pirlich.
Lösungsansätze und Forderungen der DGEM
Um die dramatischen Folgen der Mangelernährung in Deutschland einzudämmen, setzt die DGEM auf verpflichtende Maßnahmen. Seit Januar 2024 gibt es erstmals Qualitätsverträge für Krankenhäuser, die in Kooperation mit Krankenkassen umgesetzt werden können. Dr. Gert Bischoff, Präsident der DGEM, sieht darin eine große Chance: „Diese Qualitätsverträge ermöglichen es, die Versorgung der Patientinnen und Patienten signifikant zu verbessern und ein Ernährungsteam zu finanzieren. Leider nutzen bisher nur wenige Kliniken diese Möglichkeit, da die strukturellen Voraussetzungen fehlen.“ Bischoff fordert daher, dass alle Krankenhäuser verpflichtend über qualifizierte Ernährungsteams verfügen sollten, um flächendeckend die Versorgung sicherzustellen. Die DGEM sieht weitere Herausforderungen bei der Qualität der Krankenhausverpflegung. Aktuell belaufen sich die täglichen Ausgaben für die Verpflegung eines Patienten häufig lediglich auf 5 bis 6 Euro. „Eine qualitativ hochwertige Ernährungsversorgung kann so kaum gewährleistet werden. Wir brauchen klare Verpflegungsstandards und eine solide finanzielle Grundlage für die Klinikkost,“ so Bischoff.
Individuelle Ernährungstherapie kann Todesfälle vermeiden und Behandlungskosten senken
Mangelernährung wirkt sich direkt auf die Gesundheit der Betroffenen aus. Sie schwächt das Immunsystem, führt zu einem Verlust der Muskelmasse und verlängert die Genesungszeit. Bei Menschen im Krankenhaus sind diese Auswirkungen besonders fatal: Schätzungen zufolge sterben jedes Jahr rund 200.000 mangelernährte Patient:innen. „Ein systematisches Ernährungsmanagement könnte jährlich rund 55.000 Todesfälle vermeiden“, sagt Pirlich. Eine individuell angepasste Ernährungstherapie hat zudem das Potenzial, die Gesamtkosten der Behandlung zu senken, da weniger Komplikationen und Wiederaufnahmen ins Krankenhaus auftreten. „Mangelernährung ist kein unvermeidliches Schicksal. Durch gezielte Maßnahmen können wir das Problem an der Wurzel bekämpfen und den Betroffenen zu einer besseren Lebensqualität verhelfen“, betont Bischoff abschließend.
Malnutrition Awareness Week 2024
In der Woche vom 11. bis 15. November 2024 macht die DGEM im Rahmen der europaweiten „Malnutrition Awareness Week“ auf die Problematik der krankheitsbezogenen Mangelernährung aufmerksam. Die „Malnutrition Awareness Week“ ist Teil der ONCA-Initiative (Optimal Nutritional Care for All) und zielt darauf ab, evidenzbasierte Therapieansätze für Mangelernährung im Gesundheitswesen zu etablieren. Auf der Website
https://mangelernaehrung-bekaempfen.de können sich Interessierte über die Angebote und Veranstaltungen informieren.
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Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e.V. (DGEM)