Spastische Bewegungsstörungen: Unterschätztes Risiko nach Schlaganfall
Schlaganfälle sind eine der häufigsten Todesursachen und eine Hauptursache von Behinderungen (2). Bei 25 bis 43% der Schlaganfall-Patient:innen kommt es zu einer SMD im ersten Jahr, wobei jüngere Betroffene ein höheres Risiko aufweisen (3). Einschränkungen in der Bewegung wie Verkrampfungen oder Versteifungen sowie typische Fehlhaltungen können erste Anzeichen einer SMD sein (3). Bereits innerhalb der ersten Wochen kann bei Patient:innen eine geschwindigkeitsabhängige Tonuserhöhung auftreten (4). Eine verzögerte Behandlung einer SMD kann zu sekundären Komplikationen und Einschränkungen führen (5). Eine frühzeitige Erkennung der Symptome hingegen führt zu höherem Erfolg in der Therapie (6), daher ist eine schnelle und unkomplizierte Kommunikation im multidisziplinären Behandlungsansatz der S2k-Leitlinie „Therapie des spastischen Syndroms“ (7) essenziell.
„Unmet medical need“ – Kommunikation in der multidisziplinären Therapie bei SMD nach Schlaganfall
In Deutschland sieht die leitliniengerechte Behandlung ausgeprägter SMD einen multidisziplinären Ansatz vor (7). Die Arbeit mit den unterschiedlichen Professionen beginnt bereits mit dem frühen Austausch von Informationen über Tonusveränderungen (8). Allerdings ist dieser laut Prof. Wissel nicht immer gegeben: „Patient:innen mit einer behandelbaren ausgeprägten SMD nach Schlaganfall erhalten nicht immer die angemessene Behandlung. Denn sind die Physio- und Ergotherapeut:innen nicht in multidisziplinären Teams integriert, fehlt oftmals der enge Austausch mit den überweisenden Ärzt:innen und behandelnden Fachärzt:innen, um die Behandlungsbedürftigkeit der Patient:innen schnell und gut einordnen zu können.“
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Erschienen am 11.02.2024 • In der ACTIMIS-Studie wurde der Nutzen von Glenzocimab nach einem Schlaganfall untersucht. Die Ergebnisse lesen Sie hier!
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SAM-Tool unterstützt die multidisziplinäre Kommunikation
Um Tonusänderungen frühzeitig zu erkennen, können Behandler:innen Muskelsteifigkeit und -schwäche durch das SAM-Tool unkompliziert mittels Checkliste erheben, und zwar für Ellenbogen, Hand-, Knie- und Fußgelenke. Die sich daraus ableitenden Handlungsempfehlungen sind in den Farben rot, gelb und grün sichtbar gemacht. Die Standardisierung des Erfassungsverfahrens soll eine leichtere und verständliche Kommunikation zwischen den behandelnden Instanzen und eine optimierte frühzeitige Patientenversorgung ermöglichen.
Mit dem SAM-Tool zu einer leitliniengerechten Therapie
Bei fokalen Spastiken sollte – vor Einsatz oraler Antispastika – bevorzugt eine
Injektionsbehandlung mit Botulinumtoxin Typ A erfolgen aufgrund des besseren Nutzen-Risiko-Verhältnisses. So empfiehlt es die Leitlinie (7). Jedoch zeigen sich hier therapeutische Verzögerungen: Obwohl die Wirksamkeit hinreichend belegt ist (9-12), erhält knapp die Hälfte aller Patient:innen keine solche Therapie innerhalb eines Jahres nach Auftreten einer Spastik (13). Botulinumtoxin Typ A (BOTOX
®) ist sowohl für die Behandlung von Spastiken der Hände und Handgelenke als auch für Füße und Fußgelenke zugelassen (14) und wird bereits seit über 30 Jahren klinisch bei Bewegungsstörungen angewandt (15). Weiterhin zeigt Botulinumtoxin Typ A eine anhaltende Schmerzreduktion bei guter Verträglichkeit sowie eine Besserung des Muskeltonus bereits innerhalb der ersten 2 Wochen (12, 14). „Ein multidisziplinäres Therapiekonzept, das u.a. Physio- und Ergotherapie oder auch orthopädische Ansätze beinhaltet, kann dabei helfen, Behandlungsziele zu erreichen“, so Prof. Wissel. „Durch eine frühere Identifikation von SMD-Patient:innen mithilfe des SAM-Tools ist die Chance gegeben, deutlich bessere Therapieresultate zu erzielen und Komplikationen zu vermeiden.“