Samstag, 2. November 2024
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Statistik in der der Schmerzmedizin: Fallstricke beim Lesen von Publikationen

Statistik in der der Schmerzmedizin: Fallstricke beim Lesen von Publikationen
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„Vertrauen Sie Ihrem gesunden Menschenverstand und lassen Sie sich durch Zahlen nicht in die Irre führen“ – so lautete die zentrale Botschaft von PD Dr. Michael A. Überall, der auf dem Deutschen Schmerz- und Palliativtag in einer 3-teiligen Seminarreihe „Statistik in der Schmerzmedizin“ auf Fallstricke beim Lesen von Studienpublikationen hinwies und die Aussagekraft statistischer Angaben unter die Lupe nahm. Dabei wurde deutlich: „Viele Studien sind Mogelpackungen – und oftmals reicht schon ein Blick in das Abstract, um zu sehen, dass sich das Weiterlesen nicht lohnt“, gab der Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) e.V., der auch der diesjährige Kongresspräsident ist, zu bedenken.
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p-Wert gibt Wahrscheinlichkeiten und nicht die Therapie-Wirksamkeit an

Jedes Jahr werden unzählige Studien zur Wirksamkeit – oder auch Unwirksamkeit – von Therapien publiziert. Ein zentrales Kriterium bei der Bewertung der Wirksamkeit ist dabei der p-Wert: Wird die statistische Signifikanz mit einem Wert von > 0,05 verfehlt, gilt eine Studie gemeinhin als gescheitert. „Der p-Wert sagt aber nichts über richtig oder falsch aus, sondern gibt lediglich eine Wahrscheinlichkeit an“, erläuterte Überall. So bedeutet ein p-Wert ≤ 0,05, dass das Ergebnis mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% oder mehr sicher ist. Der Wert kann aber auch zufällig erreicht werden. Bei einem p-Wert von 0,06 ist das Ergebnis immer noch zu 94% sicher – und der Unterschied zu p ≤ 0,05 minimal. „Bedeutet ein p-Wert > 0,05 deshalb wirklich, dass die Therapie nicht wirkt? Ob diese Konvention korrekt ist, sollten wir hinterfragen“, so Überall. Denn ein p-Wert = 0,06 könne zur Folge haben, dass ein von vielen Patient:innen möglicherweise dringend benötigtes Medikament keine Zulassung erhalte.

p-Wert liefert keine 100%ige Sicherheit

Erhöht werden kann die Sicherheit, dass ein Unterschied zwischen 2 Gruppen nicht zufällig ist, durch p-Werte < 0,01 oder < 0,001. Ein p-Wert < 0,001 gilt dabei als höchst signifikant – und das Ergebnis zu 99,9% als sicher. Eine Fehlerwahrscheinlichkeit von 0,1% würde aber bedeuten, dass jährlich 445.000 Rezepte falsch ausgefüllt würden oder jeden 2. Tag eines der in Frankfurt startenden oder landenden Flugzeuge abstürze, gab Überall zu bedenken. Auch ein p-Wert < 0,001 gebe somit keine 100%ige Sicherheit.
 
 

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Konfidenzintervall ist einer der wichtigsten Werte in der Medizin

Einer der wichtigsten Werte in der Medizin sei aus seiner Sicht das Konfidenzintervall, das meist mit 95% angegeben wird. Umschließt der Bereich den Wert 1 oder überlappen die Vertrauensbereiche von 2 Therapien, sind die dokumentierten Wirksamkeitsunterschiede statistisch irrelevant. „Dann können Sie die Studie getrost beiseitelegen“, so Überall.

Gesunder Menschenverstand beim Umgang mit Studienergebnissen

Was das Lesen von Studien generell betreffe, reiche oft schon ein Blick ins Abstract, um zu sehen, ob sich das Weiterlesen lohne. Dies verdeutlichte Überall am Beispiel einer Studie zur Behandlung neuropathischer Schmerzen bei Patient:innen mit Multipler Sklerose. Das Prüfmedikament war hinsichtlich der Schmerzlinderung nicht wirksamer als Placebo – verursachte aber doppelt so häufig Nebenwirkungen. Dennoch schreiben die Autor:innen im Titel der Publikation, das Medikament sei eine sichere Option zur Langzeittherapie bei neuropathischen Schmerzen. „Lesen Sie deshalb mit gesundem Menschenverstand, ob der Inhalt einer Publikation hält, was der Titel verspricht“, appellierte Überall an die Kongressteilnehmer:innen.

Studiendaten führten auch bei der SARS-CoV-2-Impfung in die Irre

Wie sehr Studiendaten in die Irre führen können, verdeutlichte Überall am Beispiel einer Auswertung, die im Jahr 2021 Skeptikern der Corona-Impfung in die Hände gespielt habe. So wiesen nach Daten des Bayerischen Gesundheitsministeriums geimpfte Menschen mit 4,3% eine höhere Sterblichkeit auf als ungeimpfte mit 3,4%. Ältere Menschen waren in der Auswertung jedoch stark überrepräsentiert – und nach Gewichtung für das Alter zeigte sich, dass die Geimpften ein niedrigeres Sterberisiko hatten als die Ungeimpften.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin


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