Weaning-Zentrum steigert Lebensqualität der Patient:innen
16. Dezember 2021
Im Weaning-Zentrum des Diakonissenkrankenhaus Leipzig arbeitet ein interdisziplinäres Team aus Intensivmedizin, Pneumologie, Atmungstherapie sowie spezialisierter Physiotherapie unter der Leitung von Chefarzt Dr. Thomas Blankenburg und dem Leitenden Oberarzt Dr. Alexander Rothe daran, Menschen mit einer invasiven Beatmung wieder zum eigenständigen Atmen zu bringen. Durch die gemeinsame Arbeit der Spezialist:innen konnten allein im letzten Jahr 32 von 47 Behandelten ohne Beatmung entlassen werden. Das Diakonissenkrankenhaus betreut zudem auch Patient:innen aus anderen Häusern der Region. So wurden in den ersten 10 Monaten dieses Jahres bereits 49 Menschen hierher verlegt. Durch die Expertise des Weaning-Zentrums können somit auch andere Krankenhäuser ihre Intensivstationen entlasten. Zudem müssen diese keine Abschläge durch das neue Intensivpflege- und Rehabilitationsgesetz fürchten.
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Weaning-Zentrum steigert Lebensqualität der Patient:innen mit chronischer Atmungsinsuffizienz
Dr. Thomas Blankenburg sieht die Vorteile der interdisziplinären Behandlung im Weaning-Zentrum vor allem in der gesteigerten Lebensqualität der Behandelten: „Die Entwöhnung vom Beatmungsgerät gehört bei allen Intensivstationen zum Standard. Doch nicht in jedem Fall gelingt dies sofort, z. B. bei einer chronischen Atmungsinsuffizienz. Werden die Behandelten dann trotzdem entlassen, muss außerhalb eines Krankenhauses die Beatmung weiter gehen. Das kann für diese Menschen einen langen Leidensweg mit künstlicher Beatmung bedeuten. Mit einer Überprüfung und Behandlung im Weaning-Zentrum kann das in vielen Fällen vermieden werden.“ Zu diesem Schluss kam auch die Initiative WeanNet. Sie hat die Behandlung in Deutschland im Zeitraum zwischen 2011 und 2015 in einer groß angelegten Registerstudie beleuchtet. Dabei hat sie festgestellt, dass 64,3% von insgesamt 11.424 Behandelten in spezialisierten Weaning-Zentren erfolgreich entwöhnt werden konnten.
Durch Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz soll Weaning-Situation in Deutschland verbessert werden
Um die Weaning-Situation in Deutschland weiter zu verbessern, verabschiedete der Gesetzgeber bereits im Oktober 2020 das „Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz“. Darin wurde erstmals die Notwendigkeit einer qualifizierten ärztlichen Einschätzung zum Beatmungsstatus und zum Entwöhnungspotenzial als Bestandteil der Krankenhausbehandlung festgelegt. Erfolgt dies nicht, muss ab 2022 mit Vergütungsabschlägen gerechnet werden. So sieht es eine zusätzliche Vereinbarung vor, die zum 1. Januar 2022 wirksam wird (B-BEP-Abschlagsvereinbarung vom 26.10.2021). Das Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz regelt auch, dass im Rahmen des Entlassmanagements eine Anschlussbehandlung in einem anderen Krankenhaus verordnet werden kann. Auf diese Weise soll möglichst vermieden werden, Beatmungspatienten zu früh in eine außerklinische Intensivpflege zu verlegen. „Durch die neue gesetzliche Lage sind Kliniken künftig verpflichtet, eine Expertise einzuholen, ob ein Patient nicht doch vom Beatmungsgerät entwöhnt werden kann“, so Dr. Blankenburg. „Dieses prolongierte Weaning ist zeitintensiv und kann daher auf den normalen Intensivstationen meist nicht geleistet werden: Wir betreuen in unserem Zentrum Patient:innen im Durchschnitt 15 bis 20 Tage, manchmal auch 2 Monate lang.“ Zur Behandlung der atmungsspezifischen Störungen werden verschiedene Maßnahmen kombiniert, wie beispielsweise die körperliche Kräftigung, das Training der Atemmuskulatur und des Hustenstoßes. Auch Bewusstseinsstörungen und Schluckstörungen werden therapiert.
Corona-Pandemie: mehr beatmete Patienten, höherer Weaning-Bedarf
Durch Corona ist die Zahl der behandelten Personen mit invasiver Beatmung deutlich gestiegen: Im Vergleich zum Vorjahr hat sie sich nahezu verdoppelt. Bis Oktober 2021 wurden am Diakonissenkrankenhaus Leipzig 88 Menschen betreut, von denen bereits 56 in ein selbstbestimmtes Leben entlassen werden konnten. Meistens ist das Weaning dank des eingespielten Teams am Diakonissenkrankenhaus Leipzig erfolgreich, doch gibt es auch Fälle, die weiterhin eine außerklinische Beatmung z.B. in einem Pflegeheim benötigen. Dabei entstehen hohe Kosten. Mit dem neuen Gesetz soll auch sichergestellt werden, dass die Gelder für eine unter Umständen lebenslange Beatmung denjenigen zu Gute kommen, die sie trotz intensiver Entwöhnungsversuche weiterhin brauchen. Dr. Blankenburg sieht hier noch Optimierungsmöglichkeiten: „Sinnvoll wäre es, alle Patient:innen, die außerklinisch beatmet werden, regelmäßig in Zentren zu untersuchen. Dadurch könnten noch mehr Menschen zurück in ein selbstbestimmtes Leben geführt werden.“