Eine adäquate
Palliativpflege und -versorgung können die Symptomkontrolle, die Zufriedenheit und die psychologische Unterstützung von Patient:innen und deren Angehörigen in
Kliniken und Hospizen nachweislich verbessern, insbesondere in der letzten Lebensphase. Die Kommunikation mit den Patient:innen und deren Angehörigen hat dabei Priorität, um die therapeutischen Möglichkeiten und das Pflegesetting zu beurteilen, sodass die bestmögliche Lebensqualität am Lebensende erhalten und ein würdevoller Tod ermöglicht werden kann.
Kommunikation ist in der Palliativsituation ein entscheidender Faktor
Für Patient:innen, Familien und Betreuer:innen haben die Kommunikation und die gemeinsame Entscheidungsfindung unter Berücksichtigung der persönlichen Wünsche und Überzeugungen die größte Bedeutung – noch vor anderen EoL-Aspekten wie fachkundige, respektvolle und empathische Pflege. Viele Patient:innen äußern häufig den Wunsch, Familie und Freunde in die Maßnahmen einzubeziehen. Für eine konstruktive Kommunikation sind der Kenntnisstand der Patient:innen und deren Wunsch, offen über die Diagnose und Prognose zu sprechen und emotionale Reaktionen zu akzeptieren, entscheidend. Es gibt jedoch auch Patient:innen, die sich nicht mit ihrer eigenen Sterblichkeit auseinandersetzen wollen oder können.
Die Ärzt:innen sollten mit ihren Patient:innen über die Möglichkeiten der Sterbebegleitung, Behandlungsoptionen, den Standort der Pflege und den Sterbeort reden und ebenso rechtliche oder persönliche Fragen ansprechen. Die Informationen sollten in einer verständlichen Sprache, ggf. mit Hilfe von Übersetzer:innen, erörtert werden, um Fehlinterpretationen zu vermeiden, und zwar an einem Ort, der Privatsphäre gewährleistet. Wichtig ist dabei auch ein Informationsaustausch je nach Krankheitsstadium sowie bei Anzeichen einer Verschlechterung der Situation. Dies hilft den Patient:innen und den Angehörigen, sich auf den Tod vorzubereiten und Stress zu reduzieren. Ein hohes Maß an Belastung vor dem Tod und ein gleichzeitig geringes Maß an Vorbereitung auf den Tod sind mit einem ungünstigen Verlauf der Trauer, depressiven Symptomatik vor dem Tod und wirtschaftlicher Benachteiligung assoziiert.
Rolle der Pflegekräfte in der Palliativ- und EoL-Betreuung
Pflegekräfte spielen eine entscheidende Rolle in der multiprofessionellen Palliativ- und EoL-Pflege und in der Betreuung der Familienangehörigen. Zu deren Kernaufgaben gehören neben der Körperpflege die Unterstützung und Begleitung der Angehörigen während des Sterbeprozesses, die Bewältigung des Todeszeitpunktes und dessen Nachwirkungen. Eine weitere Aufgabe der Pflegekräfte ist es, auf die Belastung der Familie einzugehen und diese über Änderungen des Pflegesettings zu beraten.
Empfehlungen zu Therapiemaßnahmen in der EoL-Phase
Ein Absetzen der Therapie erfolgt individuell abhängig von den Präferenzen der Patient:innen und deren Familie, dem Behandlungsziel, der Prognose und der Risiko-Nutzen-Bewertung.
Chemo-, Immun- und Strahlentherapie:
Chemo- und Immuntherapien sollten im letzten Lebensmonat nicht mehr durchgeführt werden. Auch eine Strahlentherapie bietet nur einen begrenzten Nutzen für Patienten mit schlechtem ECOG-PS und wird im letzten Lebensmonat ebenfalls nicht empfohlen.
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Verabreichung von Arzneimitteln:
Die orale Verabreichung kann in der EoL-Situation aufgrund von Schwäche, Schluckstörungen, Bewusstseinsstörungen, Übelkeit, Erbrechen oder Darmverschluss ungeeignet sein. Die Verabreichung von Medikamenten erfolgt dann entweder intravenös oder subkutan. Eine transdermale Applikation kann fortgesetzt werden, jedoch kann die Wirksamkeit aufgrund der reduzierten peripheren Durchblutung nicht genau bestimmt werden.
Der bevorzugte Verabreichungsweg für die meisten Patienten ist eine kontinuierliche subkutane Infusion, wobei die bevorzugten Applikationsstellen Abdomen oder Rumpf sind, nicht die Extremitäten.
Überprüfung der Medikation:
Polypharmazie ist in der EoL-Phase üblich, aber unerwünscht, da u.a. Schluckstörungen und eine Verschlechterung der Nieren- oder Leberfunktion das Medikamentenmanagement beeinflussen. Die Fortsetzung der Therapie sollte auf Grundlage einer Risiko-Nutzen-Analyse jedes Medikaments und im Hinblick auf die individuelle Patientensituation erfolgen. Mögliche Entzugssymptome und Wechselwirkungen müssen berücksichtigt werden.
Medikamente, wie z.B. Lipidsenker, Thrombozytenaggregationshemmer und Protonenpumpeninhibitoren mit begrenztem Nutzen bei EoL sollten abgesetzt, Medikamente gegen Krampfanfälle weiter eingenommen werden, wenn der Patient in der Vorgeschichte Krampfanfälle erlitten hat. Diabetes-Medikamente können aufgrund einer eingeschränkten Organfunktion und verminderter Nahrungsaufnahme kontraindiziert sein. Der Blutzuckerspiegel sollte auf einen Zielwert von 5-15 mmol/l eingestellt werden.
Antikoagulation:
Diese sollte auf der Grundlage einer Nutzen-Risiko-Analyse bewertet werden, da der Nutzen verringert und das Blutungsrisiko bei EoL erhöht sein kann. Eine prophylaktische Antikoagulation sollte in der EoL-Phase aufgrund des erhöhten Blutungsrisikos daher nicht eingesetzt werden.
Antibiotika:
Antibiotika können insbesondere bei Harnwegsinfektionen sinnvoll sein, weniger oder nur einen geringfügigen Nutzen haben sie bei Atemwegsinfektionen, zur Fiebersenkung oder Bakteriämie. Der Benefit sollte gegen mögliche unerwünschte Wirkungen abgewogen werden.
Bluttransfusion:
Erythrozyten- und Thrombozytentransfusionen können in den letzten Lebenswochen einen begrenzten Nutzen haben.
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Management von Symptomen in der EoL-Phase
Anämie:
Die ESMO-Leitlinie zum Management von Anämie und Eisenmangel bei Krebspatienten enthält detaillierte Empfehlungen zur Behandlung von Anämie und Eisenmangel.
Fatigue:
Cancer-related fatigue, CRF ist definiert als ein belastendes, anhaltendes, subjektives Gefühl körperlicher, emotionaler und/oder kognitiver Müdigkeit oder Erschöpfung, das mit der Krebserkrankung oder der Krebsbehandlung zusammenhängt, in keinem Verhältnis zur bisherigen Aktivität steht und die gewohnten Alltagsfunktionen beeinträchtigt. Die Intensität der CRF nimmt in den letzten Lebensmonaten zu, mit einer Prävalenz von 88% in den letzten 1-2 Lebenswochen und bis zu 98% in den letzten Lebenstagen. Die Grundsätze der Diagnose und des Managements von CRF (ohne spezielle Berücksichtigung von EoL) sind in einer ESMO-Leitlinie aufgeführt. Die meisten pharmakologischen Therapien werden bei CRF nicht empfohlen, mit Ausnahme des kurzfristigen Einsatzes von Dexamethason oder Methylprednisolon. Der Einsatz von Kortikosteroiden ist bei Patient:innen im Delirium oder beim bevorstehenden Tod kontraindiziert.
Schmerzen:
30-75% der Patient:innen berichten in den letzten Lebenstagen über Schmerzen. Dabei sollten auch reversible FAktoren in Betracht gezogen werden, wie z.B. Harnverhalt, der eine häufige Ursache von Schmerzen und Unruhe in den letzten Lebenstagen ist. Obwohl die Schmerzintensität der EoL-Phase häufig abnimmt, können sich die Schmerzen bei einigen Patient:innen auch erheblich verschlechtern. Die Verabreichung von schmerzlindernden Mitteln richtet sich nach der Schmerzintensität, den Schmerz auslösenden Faktoren, den Begleitsymptomen, der Wirksamkeit und Verträglichkeit der aktuell und früher verwendeten Analgetika, der klinischen Situation, den Auswirkungen auf die Belastungsfähigkeit der betroffenen Patient:innen, der psychosozialen Belastung und den individuellen Bedürfnisse. Zur Beurteilung der Schmerzintensität sollten standardisierte Skalen verwendet werden, z. B. die visuelle Analogskala (VAS), die verbale Ratingskala (VRS), die numerische Ratingskala (NRS) und Beobachtungs-Skalen, die auf der klinischen Beurteilung bei vermindertem Bewusstsein, Delirium oder palliativer Sedierung basieren.
In den letzten Tagen der EoL-Phase ist i.d.R. eine kontinuierliche Schmerzbehandlung erforderlich, wobei v.a. Morphin und andere Opioide Anwendung finden. Tritt in den letzten Lebenstagen eine Schmerzkrise auf, sorgen Opioide für eine schnellere Schmerzkontrolle.
Im Sterbeprozess besteht ein fortschreitendes Nierenversagen mit Oligurie und Anurie. Opioide und ihre Metaboliten, die über die Nieren ausgeschieden werden, können sich anreichern und Verwirrung, Schläfrigkeit und Halluzinationen hervorrufen. Fentanyl und Methadon werden nur in geringen Mengen unverändert renal eliminiert und sollten daher bei schwerer Niereninsuffizienz in Betracht gezogen werden. Es sollte generell sorgfältig geprüft werden, ob der Bedarf weiterhin besteht und ggf. reduzierte Dosen oder verlängerte Dosierungsintervalle erwogen werden.
Die Befürchtung einer Opioidtoxizität oder einer Beschleunigung des Todes kann den Einsatz von Opioiden in den letzten Lebenstagen oder -stunden beeinflussen. Die Entscheidung dafür sollte von den Behandlungszielen, der Prognose und der Risiko-Nutzen-Abwägung durch die behandelnden Ärzt:innen geleitet werden.
Für den Einsatz von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAIDs) in den letzten Lebenswochen gibt es bislang kaum Hinweise.
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Übelkeit und Erbrechen:
Das Mittel der Wahl zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen bei einer fortgeschrittener Krebserkrankung ist Metoclopramid. Alternativ werden Neuroleptika wie Haloperidol, Levomepromazin oder Olanzapin als Antiemetika eingesetzt. Gemäß den 2016 aktualisierten Konsensempfehlungen der Multinational Association of Supportive Care in Cancer/ESMO gibt es Hinweise darauf, dass Medikamente mit antidopaminerger Wirkungsweise (z. B. Haloperidol, Metoclopramid) bei Patienten mit Opioid-induziertem Erbrechen wirksam sind.
Dyspnoe:
Zwischen 20% und 70% der Krebspatient:innen sind davon betroffen. Bei Dyspnoe sollte der Schwerpunkt zunächst auf der Optimierung der Behandlung der Grunderkrankung liegen.
Die meisten Erkenntnisse stammen aus Studien an Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD). Gemäß der ESMO-Leitlinie ist die bevorzugte Behandlung zur Linderung chronischer Atemnot ein systemisches, orales oder parenterales niedrig dosiertes Opioid. Bei Personen, die unter refraktärer Atemnot leiden, kann eine Midazolam-Infusion als palliative Sedierung in Betracht gezogen werden. - Kortikosteroide können zur Linderung von Atemnot, die auf andere Behandlungen nicht anspricht, in Betracht gezogen werden. Randomisierte, kontrollierte Studien mit Antidepressiva haben keine signifikante Verbesserung der Atemnot ergeben.
Röchelnde Atmung (noisy breathing):
In den letzten Lebensstunden kann es zu einer Ansammlung von Tracheobronchialsekret kommen, was mit gurgelnden, knisternden oder rasselnden Geräuschen bei jedem Atemzug einhergeht und oft als „Todesrasseln“ bezeichnet wird. Es ist ein Indikator für den bevorstehenden Tod und tritt bei bis zu 80 % der Patient:innen in den letzten 3 Lebenstagen auf.
Die Patient:innen sind in dieser Phase meist bereits bewusstlos,sodass diese Symptomatik i.d.R. kein Leiden verursacht, für Angehörige jedoch sehr belastend sein kann. Die meisten pflegenden Angehörigen berichten, dass das Absaugen keine dauerhafte Verbesserung der Beschwerden bringt. Eine Änderung der Position der betroffenen Patient:innen, z. B. den Kopf nach unten oder seitlich zu lagern, kann helfen, wurde aber nicht auf ihre Wirksamkeit untersucht. Zu den häufig verwendeten Medikamenten, um das Tracheobronchialsekret zu reduzieren, gehören Hyoscinbutylbromid und Glycopyrroniumbromid, die beide nur geringfügig die Blut-Hirn-Schranke passieren.
Antimuskarinika können zu Mundtrockenheit, Harnverhalt, Delirium, Unruhe oder übermäßiger Sedierung führen, erfordern eine regelmäßige Überwachung auf Nebenwirkungen und sollten ggf. abgesetzt werden. Pflegerische Maßnahmen sind nicht nur für das Management bei röchelnder Atmung sehr wichtig, sondern auch für die Kommunikation mit der Familie, um zu klären, ob der Patient das Symptom überhaupt wahrnimmt, sodass der Leidensdruck der Angehörigen verringert wird.
Delirium:
In den letzten Lebenstagen sind ca. 90% der Patient:innen davon betroffen. Berichte von Patient:innen deuten darauf hin, dass die Anwesenheit von pflegenden Angehörigen von Vorteil ist, verwirrten Patient:innen bei der Orientierung hilft und vor Angst, Unruhe und Isolation schützt. Diagnoseinstrumente, pharmakologische und nicht-pharmakologische Behandlung von Delirium bei Krebspatienten im fortgeschrittenen Stadium sind Gegenstand einer aktuellen ESMO-Leitlinie. Benzodiazepine sind wirksam bei der Sedierung und möglicherweise bei der Anxiolyse in der akuten Behandlung von schweren symptomatischen Störungen im Zusammenhang mit Delirium.
Ernährung und Flüssigkeitszufuhr
Patient:innen mit einer voraussichtlichen Überlebensdauer von nur noch wenigen Monaten oder Wochen, die keine Krebstherapie erhalten, profitieren kaum von einer enteralen und parenteralen künstlichen Ernährung. In randomisierten Studien konnte nicht nachgewiesen werden, dass eine künstliche Flüssigkeitszufuhr i.v. oder s.c. in den letzten Lebenstagen Durstsymptome, Dehydrierung oder Delirium verhindert oder lindert. Außerdem kann die Flüssigkeitszufuhr Ödeme, Aszites und Atemwegssekrete verschlimmern. Aus diesen Gründen muss jeder klinische Fall sorgfältig bewertet und die Flüssigkeitszufuhr auf die Bedürfnisse der Patient:innen abgestimmt werden. Eine Ernährungsberatung und orale Nahrungsergänzung sollte grundsätzlich angeboten werden.
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Erschienen am 28.03.2022 • Offen auf die von Patient:innen geäußerten Todes- und Suizidwünsche reagieren und auf entsprechende Angebote palliativmedizinischer Versorgung und ärztlich unterstützter Suizidprävention...
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Wenn die Patient:innen in der Lage sind zu schlucken, sollten sie ermutigt werden, Flüssigkeiten und bevorzugte Nahrungsmittel oral einzunehmen und zwar in kleinen Mengen über den Tag verteilt. Es gibt nur wenige pharmazeutische Mittel zur Appetitanregung, deren Wirksamkeit ausreichend belegt ist. Die Ernährung kann jedoch in den letzten Wochen und Tagen des Lebens weniger wichtig sein, da eine verminderte Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme aufgrund von Anorexie-Kachexie, Dysphagie, Delirium und vermindertem Verlangen nach Nahrung Teil des natürlichen Sterbeprozesses ist. Dies sollte mit den Familienangehörigen kommuniziert werden, die oft sehr verzweifelt sind, wenn die orale Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr eingestellt wird. In den letzten Lebenswochen ist eine komfortorientierte Versorgung das primäre Ziel, die die Linderung von Hunger, Durst, Essstörungen und anderen beeinträchtigenden Symptomen umfasst. Eine einwandfreie Mundpflege sollte immer gewährleistet sein.
Unterstützung bei Angstzuständen und Depressionen
Die Beurteilung und Behandlung von Angstzuständen und existenziellen Problemen, die bei Krebspatient:innen am Lebensende sehr häufig auftreten, sollten bereits in einem frühen Stadium der Erkrankung erfolgen. Die frühzeitige Diagnose und Therapie von psychischen Belastungen begünstigt eine bessere Compliance, eine bessere Kommunikation und reduziert Angst und Depressionen. Angstzustände lassen sich anfangs oft besser mit Antidepressiva als mit Benzodiazepinen behandeln. Am EoL sprechen jedoch Angst- und stressbedingte Störungen, Schlaflosigkeit und Unruhe eher auf Benzodiazepine an. Bei schweren Angstzuständen, Depressionen und Schlafstörungen erweisen sich Antipsychotika als effektiv.
Prognostische Einschätzungen zur Überlebensdauer und zum Eintritt des Todes
Die Überlebensprognosen der Ärzte sind oft ungenau und oft zu optimistisch. Prognosemodelle, die die ärztliche Vorhersage des Überlebens sowie klinische und Laborfaktoren einbeziehen, verbessern die Genauigkeit der klinischen Vorhersage. Zu den validierten und am häufigsten untersuchten Instrumenten, die das Überleben vorhersagen können, gehören: die Palliative Performance Scale, der Palliative Prognostic Score, der Palliative Prognostic Index und der Glasgow Prognostic Score.
Zu den objektiven Faktoren, die mit einer schlechten Prognose in Verbindung gebracht werden, gehören ein sich verschlechternder Performance-Status und Symptome wie Dyspnoe, Dysphagie, Xerostomie, Anorexie und kognitive Beeinträchtigungen. Erhöhte Werte des C-reaktiven Proteins (CRP), verringerte Albuminwerte und Leukozytose sind ebenfalls mit einer schlechten Prognose verbunden.
Es gibt Anzeichen, die für die letzten Wochen und Tage des Lebens prädiktiv sind. Zu den frühen Anzeichen, die > 1 Woche vor dem Tod auftreten, gehören reduzierter Bewusstseinszustand, Palliative Performance Scale ≤ 20% (Bettlägerigkeit, völlige Abhängigkeit, minimale bis keine Nahrungsaufnahme) und Schluckstörungen. Zu den späten Anzeichen, die die Wahrscheinlichkeit des Todes innerhalb von 3 Tagen erkennen lassen, gehören nicht reagierende Pupillen, Pulslosigkeit, Urinausscheidung < 100 ml in 12 Stunden. Weitere Prognostische Faktoren stützen sich auf den sich verschlechternden Performance-Status und ein Absinken der Nasolabialfalten; ist beides vorhanden, liegt die 3-Tages-Sterblichkeit bei 94%. Obwohl diese Indikatoren in hohem Maße auf eine kurze Prognose hindeuten, schließt ihr Fehlen einen bevorstehenden Tod jedoch nicht aus.
Auf Bedürfnisse der Patient:innen achten
Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass auf die Bedürfnisse der Patient:innen eingegangen wird , indem ihnen mitfühlend zugehört, Präsenz gezeigt und Zeit mit ihnen geteilt wird. Hierfür empfiehlt sich, gemeinsam mit Seelsorgern zu arbeiten und Therapien wie Achtsamkeits-, Kunst-, Erzähl- oder Musiktherapie in die EoL-Phase einzubeziehen.
Crawford GB, Dzierżanowski T, Hauser K et al. Care of the adult cancer patient at the end of life: ESMO Clinical Practice Guidelines. ESMO Open 2021;6(4):100225. (doi:10.1016/j.esmoop.2021.100225)