Depressionen sind bei Demenz-Patient:innen weit verbreitet
Depressionen und Demenz beeinträchtigen ältere Erwachsene erheblich und führen zu einer verminderten Lebensqualität und Unabhängigkeit. Fast ein Drittel der älteren Erwachsenen mit leichter bis mittelschwerer Demenz leidet zudem an einer schweren depressiven Störung. Depressionen werden einerseits mit einem höheren Risiko für Demenz in Verbindung gebracht und andererseits auch als ein neuropsychiatrisches Symptom der Demenz angesehen. Darüber hinaus können Depressionen zu den ersten Symptomen gehören, die eine Demenz ankündigen, was die komplexe Beziehung zwischen diesen beiden Erkrankungen verdeutlicht.
Bisher keine Beweise für die Wirksamkeit von Antidepressiva bei der Behandlung von Depressionen bei Demenz
„Die Wirksamkeit von
Antidepressiva bei der Behandlung von Depressionen bei Demenz ist im Gegensatz zu normalen Depressionen hingegen nicht gut belegt“, erklärt Dr. Eric Lenouvel von der Universitätsklinik für Alterspsychiatrie und Psychotherapie im schweizerischen Bern und Erstautor der Studie. Einige Forschungsarbeiten deuten darauf hin, dass Antidepressiva die Symptome sogar noch verschlimmern könnten, während eine kürzlich veröffentlichte unabhängige Cochrane-Review-Arbeit aufgrund fehlender umfassender Studien keine schlüssigen Beweise für ihre Wirksamkeit liefert. „Diese Ungewissheit steht im Widerspruch zur gängigen Praxis, bei der Antidepressiva bei schweren Depressionen älteren Menschen verschrieben werden und oft zur Polypharmazie in Pflegeheimen führen, wenn Betroffene gleichzeitig und dauerhaft mindestens fünf verschiedene Arzneimittel einnehmen“, so Dr. Lenouvel weiter.
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Übersichtsarbeit findet keine Beweise für die Wirkung von Antidepressiva bei Demenz
In der Übersichtsarbeit hat die Forschenden der Berner und Ulmer Universitätsmedizin sowie der geriatrischen Agaplesion Bethesda Klinik Ulm vor allem die Wirkung von Antidepressiva aller Art auf das Ausmaß depressiver Symptome interessiert. In 2. Linie kam es auf den kognitiven Zustand, die Lebensqualität und die Funktionalität der Betroffenen an. Von 14 ausgewählten Studien enthielten 8 ausreichende Daten für eine quantitative Synthese mit insgesamt 617 Teilnehmenden, von denen 160 an einer leichten und 457 an einer mittelschweren bis schweren Depression litten. Die Untersuchungsergebnisse konnten eine Wirkung der Antidepressiva aufgrund der untersuchten Studien nicht bestätigen (1). Dennoch gilt die Beweissicherheit der Ergebnisse nur als mäßig; aufgrund von Ungenauigkeit mussten sie zusätzlich herabgestuft werden. Außerdem umfasst die Übersicht nicht die gesamte Forschung auf diesem Gebiet.
Depressionen bei Demenz haben möglicherweise andere Ursachen
„Das Fehlen einer eindeutigen Wirksamkeit könnte darauf hindeuten, dass eine Depression bei älteren Erwachsenen mit Demenz anders entsteht. Deshalb ist es wichtig, ältere Erwachsene gesondert zu untersuchen“, sagt Prof. Carlos Schönfeldt-Lecuona, der die Studie koordiniert hat. Der Psychiater arbeitet in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III des Universitätsklinikums Ulm. Eine Rolle dabei spielen möglicherweise zerebrale Strukturveränderungen, die mit den verschiedenen Formen der Demenz einhergehen sowie die Dysregulation von Neurotransmittern, ein geänderter Stoffwechsel und eine veränderte Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke.
(1) Lenouvel E. et al. (2024) Antidepressants for treating depression among older adults with Dementia: A Systematic Review and Meta-Analysis, Psychiatry Research (2024), DOI: 10.1016/j.psychres.2024.116114.