Migräne: Wie relevant ist das Thema Triptan-Resistenz im Versorgungsalltag?
Triptane zählen derzeit zu den effektivsten Therapieoptionen bei akuten Migräneattacken. Es gibt 7 verschiedene Präparate und neben Tabletten auch Nasenspray und Spritzen. Dennoch
erfahren einige Patient:innen keine ausreichende Wirksamkeit und/oder Verträglichkeit. Um besser abschätzen zu können, wie relevant das Thema Triptan-Resistenz im Versorgungsalltag ist, wurden Daten aus dem Kopfschmerzregister der DMKG von 2.284 Behandelten (85,4% weiblich, Alter: 39,4 ± 12,8 Jahre, Kopfschmerztage pro Monat: 12,3 ± 8,2) aus spezialisierten Zentren und Praxen in Deutschland ausgewertet.
Daten aus dem Kopfschmerzregister der DMKG: Triptan-Resistenz bei 13,1% der Befragten
42,5% der Befragten gaben an, mindestens ein Triptan aufgrund mangelnder Wirksamkeit oder Verträglichkeit abgesetzt zu haben. Darunter erfüllten 13,1% die Kriterien einer Triptan-Resistenz, die laut Definition der European Headache Federation (EHF) (2) mindestens 2 gescheiterte Triptan-Versuche (Wirksamkeit oder Verträglichkeit weniger als gut) erfordert. Bei einem kleinen Anteil von 3,9% versagten sogar 3 oder mehr Triptane zur Akutmedikation von Migräneattacken (1). Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass in der Praxis nur sehr wenige Patient:innen ein Triptan-Versagen zeigen und dass ein Behandlungsversuch auch mit einem 3. Triptan durchaus nützlich ist, so PD Dr. Tim Jürgens für die DMKG.
Triptan-Non-Responder zu mehreren Therapieversuchen motivieren
Auffällig war, dass Triptan-Non-Responder im Vergleich zu Respondern signifikant häufiger eine schwerere Migräne mit mehr Kopfschmerztagen pro Monat und deutlich stärkerer Beeinträchtigung aufwiesen. Dies wurde mit der Anzahl der Triptan-Versagen immer wahrscheinlicher. „Die Beeinträchtigung durch eine nicht wirksam behandelte Migräneattacke ist hoch, daher ist es besonders wichtig, als Behandler nicht zu schnell aufzugeben und wenigstens 2 verschiedene Triptane anzubieten, die mit hohen Ansprechraten assoziiert sind“, so der Rat von Ruscheweyh. In der aktuellen Auswertung waren die Responder-Raten für nasales und orales Zolmitriptan, orales Eletriptan und Sumatriptan subkutan am höchsten (1). Laut Ruscheweyh sind nasale und subkutane Applikationsformen besonders nützlich, wenn die Migräneattacken mit starker Übelkeit und ggf. Erbrechen einhergehen.
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Erschienen am 12.09.2023 • Menschen, die gleichzeitig von Migräne und Clusterkopfschmerz betroffen sind, stehen vor besonderen Herausforderungen. Mehr dazu lesen Sie hier!
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Immer wieder an basale Anwenderegeln erinnern
Darüber hinaus betonte die Expertin, es sei wichtig, Betroffene regelmäßig an die basalen Anwenderegeln zu erinnern. „Eine frühzeitige Einnahme der Akutmedikation in ausreichender Dosierung ist die Grundvoraussetzung für eine gute Wirksamkeit“, appellierte Ruscheweyh. „Ein neues Medikament sollte in mindestens 2 Attacken versucht werden. Darüber hinaus darf die Einnahme nicht zu häufig erfolgen (Grenze: < 10 Tage pro Monat), da sonst ein Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch entstehen kann.“ Wenn die Möglichkeiten einer Akutmedikation mit Triptanen ausgeschöpft sind, wären Analgetika-Kombinationen, zum Beispiel mit Acetylsalicylsäure, Paracetamol und Koffein oder neuere Präparate, wie die Ditane (z.B. Lasmiditan) und Gepante, mögliche Alternativen. „Auf europäischer Ebene wurden Gepante zwar bereits zugelassen. Der Hersteller hat sie in Deutschland aber noch nicht auf den Markt gebracht“, berichtete Ruscheweyh. Ihrer Ansicht nach wären Gepante sowohl zur Akutbehandlung als auch zur Migräneprophylaxe eine sinnvolle Ergänzung des Behandlungsspektrums.
Optimierte Therapiestrategien für Migräne-Patient:innen mit hoher Krankheitslast erforderlich
Neben den Einblicken zum Thema Triptan-Resistenz analysierte die DMKG zudem die Sicht der Patient:innen zur Wirksamkeit und Verträglichkeit der Akutmedikation im Allgemeinen. In dieser Arbeit wurden die Angaben von 1.756 erwachsenen Personen (85% weibl., Alter: 39,5 ± 12,8 Jahre, Kopfschmerztage pro Monat: 13,5 ± 8,1) berücksichtigt. Eine gute oder sehr gute Wirksamkeit schrieben Behandelte signifikant häufiger Triptanen (75,4%) als Nicht-Opioid-Analgetika zu (43,6%, p < 0,001). Unter den Nicht-Opioid-Analgetika wurden Naproxen und Metamizol im Vergleich zu Ibuprofen, Acetylsalicylsäure und Paracetamol als wirksamer eingestuft, die beiden Letzteren wurden allerdings auch häufig unterdosiert. „Nicht-Opioid-Analgetika sind auch in der klinischen Erfahrung weniger stark wirksam als Triptane“, kommentierte Ruscheweyh. Auch hier korrelierte die Wirksamkeit der Akutmedikation mit der Kopfschmerzaktivität. Bei Patient:innen mit mehr Kopfschmerztagen war die Akutmedikation signifikant schlechter wirksam (p < 0,001). „Betroffene mit hoher Krankheitslast brauchen unsere besondere Aufmerksamkeit, einschließlich optimierter Strategien zur Akuttherapie und zu nicht medikamentöser sowie medikamentöser Migräneprophylaxe“, schilderte Ruscheweyh (3).
Real-World-Daten zur Migräneprophylaxe folgen
Die nächsten Auswertungen aus dem DMKG-Register werden sich der medikamentösen Migräneprophylaxe widmen. Dies sind vorbeugende Medikamente, die bei regelmäßiger Anwendung zu selteneren und weniger schweren Attacken führen, sodass auch weniger Schmerzmittel notwendig sind. Hierzu gehören sowohl klassische Medikamente wie Betablocker als auch neue, spezifische Medikamente, z.B. die Antikörper gegen CGRP (Calcitonin gene-related peptide). Die beiden vorgestellten Publikationen des Kopfschmerzregisters der DMKG zur Akuttherapie (1, 3) werden im nächsten Schritt durch Daten aus dem Versorgungsalltag zum Nutzen-Risiko-Profil der Migräneprophylaxe ergänzt, stellte Ruscheweyh in Aussicht.
Die DMKG-App und die DMKG-Cluster-App werden rege genutzt
Für die Kopfschmerzforschung werden
anonymisierte Daten des Kopfschmerzregisters und aus den beiden Kopfschmerz-Apps der DMKG genutzt. „Die DMKG-App und die DMKG-Cluster-App sind aber in erster Linie ein Service für Betroffene zur Dokumentation ihrer Kopfschmerzen, der kostenlos und ohne Werbung genutzt werden kann“, erläuterte Ruscheweyh. Aktuell nutzen bereits 19.000 Patient:innen die DMKG-App. Die Clusterkopfschmerz-spezifische DMKG-Cluster-App ist erst seit Kurzem verfügbar und hat bereits 750 Nutzer:innen. „Wir stoßen mit den beiden Apps bei Menschen mit Migräne und Kopfschmerzen auf eine breite Akzeptanz, auch bei seltenen Erkrankungen wie Cluster-Kopfschmerz“, betonte Ruscheweyh.