Gebühren für die Notaufnahme: Fokus nur auf echte medizinische Notfälle
Oft werde argumentiert, Gebühren für die
Notaufnahme wären unsozial. „Unsozial ist in meinen Augen jedoch, den Notdienst unangemessen in Anspruch zu nehmen und damit das Leben anderer Menschen zu gefährden", sagte Gassen. „Wer weiterhin direkt in die Notaufnahme geht, ohne vorher die Leitstelle anzurufen, muss gegebenenfalls eine Notfallgebühr entrichten, denn das kostet die Solidargemeinschaft unterm Strich mehr Geld und bindet unnötig medizinische Ressourcen."
Ausreichende Öffnungszeiten niedergelassener Arztpraxen und spezialisierte Angebote von Hausbesuchen statt Notfallgebühren
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte den Vorstoß. Der Vorschlag sei unberechtigt, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. „Denn von massenhaftem Missbrauch der
Notaufnahmen kann keine Rede sein. Schließlich würde sich fast jeder Zweite bei nicht lebensbedrohlichen Beschwerden an den
ärztlichen Bereitschaftsdienst wenden."
Patient:innen könnten die Schwere ihrer Symptome oft nicht deuten. Auch für Mediziner:innen sei es oftmals schwierig, eine
fachfremde Diagnose zu stellen. „Deshalb müssen zunächst die Verbände der Kassenärzte ihre Hausaufgaben machen", verlangte Brysch. Das gelte neben dem Ausbau und der Spezialisierung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes auch für ausreichende Öffnungszeiten der niedergelassenen Arztpraxen sowie das Angebot von Hausbesuchen.
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Forderung nach einer Reform der Notfallversorgung für ein einheitliches Verfahren
Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, bezeichnete Gassens Vorschlag als überraschend. Nach ihrer Erfahrung verweise der ärztliche Bereitschaftsdienst der
Kassenärztlichen Vereinigungen erkrankte Menschen schnell an die Notaufnahmen, „da er offenbar personell nicht optimal aufgestellt ist." Auch Bentele lehnt eine Gebühr ab. „Was wir wirklich brauchen, ist eine Reform der
Notfallversorgung, die zu einem einheitlichen und vor allem funktionierenden Verfahren führt. Es muss eine einheitliche Notfallnummer mit einer kompetenten Ersteinschätzung und einem klar festgelegten Verfahren für die weitere Behandlung geben", forderte sie. Tatsächlich verweisen manche Kliniken selbst Patient:innen an ihre Notaufnahme, wenn sie ihnen in der zuständigen Fachabteilung in angemessenem Zeitrahmen keinen Termin anbieten können.
Notaufnahmen sind überlastet: Politiker möchte weg vom Profitdenken in der Gesundheitspolitik
Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Bundestag, äußerte ebenfalls Kritik an dem Vorstoß. Notaufnahmen seien hoffnungslos überlastet, aber Patient:innenen dafür den Schwarzen Peter in die Schuhe zu schieben, grenze an Schäbigkeit, schrieb der Politiker auf Twitter. Er forderte einen „180-Grad-Schwenk weg vom Profitdenken in der
Gesundheitspolitik". Krankenhäuser müssten sich nicht in erster Linie rechnen, sondern müssten Menschen gesund machen. Als „irreführend und gefährlich" wies der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen den Vorstoß für eine Notaufnahme-Gebühr zurück. „Menschen mit einem akuten medizinischen Problem müssen sich darauf verlassen können, dass ihnen unabhängig vom Geldbeutel in der Notaufnahme jederzeit geholfen wird", sagte Dahmen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
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Lückenhafte hausärztliche Grundversorgung: Ausbau der Versorgung von Notdienstpraxen notwendig
Schon heute fänden vielerorts Menschen mit einfachen medizinischen Problemen wochenlang keinen Termin in einer Arztpraxis, sagte Dahmen. „Die derzeit lückenhafte, insbesondere
hausärztliche Grundversorgung lässt manches medizinische Problem überhaupt erst zum Notfall werden." Der Ausbau der Versorgung von Notdienstpraxen in den Notaufnahmen müsse jetzt Vorrang haben. Für Menschen in Not dürfe es keine Rolle spielen, welche Nummer man wähle oder wo man sich im Gesundheitswesen hinbegebe. „Man muss Hilfe zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort bekommen. Gebühren sind da patientengefährdend und führen in eine Sackgasse."