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Lebensraum und Verhalten des Gemeinen Holzbocks

Der Gemeine Holzbock bevorzugt feuchte, schattige Umgebungen und hält sich bevorzugt auf niedrigen Gräsern oder Sträuchern auf. Trockene, sonnige Flächen meidet er dagegen. Die Zecke ist hinsichtlich ihrer Wirte wenig spezialisiert: Sie befällt nahezu alle Wirbeltierarten mit Ausnahme von Fischen und Amphibien. Besonders Nagetiere spielen eine entscheidende Rolle, da sie häufig Träger von Borrelien sind – Bakterien, die beim Menschen Lyme-Borreliose auslösen können.

Infektionsrisiko steigt mit der Dauer des Zeckenstichs

Borrelien sind zunächst im Darm der Zecke inaktiv und benötigen Zeit, um in die Speicheldrüsen zu gelangen. Erst dort können sie beim Saugakt in den menschlichen Körper übertragen werden. Nach etwa 16 bis 20 Stunden steigt das Risiko einer Infektion deutlich an. Diese Zeitverzögerung eröffnet jedoch eine wichtige Möglichkeit zur Prävention: Wer sich während der Zeckensaison 2-mal täglich gründlich absucht, kann das Infektionsrisiko erheblich senken. FSME-Viren hingegen werden unmittelbar nach dem Stich übertragen, da sie sich bereits in den Speicheldrüsen der Zecke befinden.

Erkrankungshäufigkeit und Einflussfaktoren

Die Anzahl der jährlich gemeldeten FSME- und Borreliose-Fälle variiert stark. Gründe hierfür sind klimatische Schwankungen, die Populationsdichte von Nagetieren sowie das Freizeitverhalten der Menschen. Laut dem Nationalen Referenzzentrum für Borrelien kann schon ein verregneter Sommer zu einem Rückgang der Fallzahlen führen. Für die Diagnostik bedeutet das zusätzliche Herausforderungen, denn viele Erkrankungen verlaufen unspezifisch oder bleiben unerkannt.

Schwierige Diagnosestellung bei Lyme-Borreliose

Lyme-Borreliose kann Haut, Gelenke, Nervensystem und Herz betreffen – mit entsprechend unterschiedlichen Symptomen. Antikörpertests zeigen lediglich einen Kontakt mit dem Erreger, nicht jedoch das Vorliegen einer Erkrankung. Daher gestaltet sich die Diagnose häufig wie ein Puzzle aus Anamnese, Symptomatik und Labordaten. Ein eindeutiges Erkennungsmerkmal bleibt jedoch die sogenannte Wanderröte – eine sich kreisförmig ausbreitende Rötung rund um die Einstichstelle. Die Erkrankung ist mit Antibiotika gut behandelbar, auch wenn manche Beschwerden länger bestehen können.

FSME bleibt selten – doch Risikogebiete nehmen zu

Im Vergleich zur Borreliose ist FSME deutlich seltener. 2023 wurden bundesweit 686 FSME-Erkrankungen gemeldet, wobei die Zahlen stark schwanken. Die Erkrankung kann schwer verlaufen und in etwa einem Prozent der Fälle tödlich enden. Besonders betroffen sind Menschen über 40 Jahre sowie Männer. Risikogebiete – definiert durch mehr als einen Fall pro 100.000 Einwohner über 5 Jahre – breiten sich zunehmend nach Norden und Osten aus. Neu hinzugekommen sind jüngst Regionen wie Augsburg, Celle und Elbe-Elster.

Impfschutz gegen FSME und Fortschritte bei Borreliose

Gegen FSME steht eine wirksame Impfung zur Verfügung, die in Risikogebieten empfohlen wird. 3 Dosen bieten einen Schutz von mindestens 3 Jahren. Für Borreliose gibt es bislang keine zugelassene Impfung. Hoffnung machen jedoch laufende Zulassungsstudien mit dem Impfstoffkandidaten VLA15, der sich gegen das Oberflächenprotein OspA der Borrelien richtet. Erste Studienergebnisse deuten auf eine gute Verträglichkeit hin (1). Genaue Daten zur Schutzwirkung stehen jedoch noch aus.

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Quelle:

dpa

Literatur:

(1)

Santhosh GK. et al. (2024) Immunogenicity and safety of an 18-month booster dose of the VLA15 Lyme borreliosis vaccine candidate after primary immunisation in healthy adults in the USA: results of the booster phase of a randomised, controlled, phase 2 trial, The Lancet Infectious Diseases, Volume 24, Issue 11, 1275 - 1286, DOI: 10.1016/S1473-3099(23)00312-2.