Wie entwickelt sich der Pflegenotstand in Deutschland weiter?
31. Mai 2024
Laut der Pflegekräftevorausberechnung des Deutschen Statistischen Bundesamts (Destatis) verschärft sich der Pflegenotstand in Deutschland in den kommenden Jahrzehnten erheblich. Je nach Berechnungsgrundlage könnten 2034 in Deutschland bereits zwischen 90.000 und 350.000 Pflegekräfte fehlen.
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Um den gestiegenen Bedarf an Pflegekräften durch den demografischen Wandel in Deutschland zu decken, könnten hierzulande bis zu 350.000 zusätzliche Pflegekräfte fehlen. Das hat eine Prognose des Destatis auf Basis des Mikrozensus 2019 ergeben. Bei dieser Zahl handelt es sich um das sog. Status-quo-Szenario, das lediglich die Entwicklung der Alterspyramide in Deutschland und den dazugehörigen Eintritt in das sowie Austritt aus dem Berufsleben berücksichtigt. Aber auch gemäß des Trend-Szenarios, das die positive Entwicklung hin zu mehr Menschen, die Pflegeberufe ergreifen, berücksichtigt, klafft in 10 Jahren eine deutliche Lücke (Abb. 1).
Laut Status-quo-Szenario könnten 2049 in Deutschland 700.000 Pflegekräfte fehlen
Wie die Grafik zeigt, würden selbst in diesem Best-Case-Szenario in 10 Jahren noch rund 90.000 Pflegekräfte für eine Bedarfsdeckung fehlen. Einer Nachfrage von 1,83 Millionen Beschäftigten stünde in diesem Fall ein Angebot von 1,74 Millionen Fachkräften gegenüber. Eine Besserung in beiden Szenarien sieht das Modell des Statistischen Bundesamts nicht. So würden im Jahr 2049 im besten Fall 280.000 Pfleger:innen, gemäß Status quo fast 700.000 Pflegekräfte fehlen.
Abb.1: Laut dem Statistischen Bundesamt (DESTATIS) könnte sich in Deutschland der Bedarf an Pflegekräften bis zum Jahr 2049 insgesamt auf rund 2,15 Millionen belaufen. 1 Beim Trend-Angebot wurden die positiven Trends am Pflegearbeitsmarkt aus den 2010er-Jahren berücksichtigt 2 Die Status quo-Variante basiert ausschließlich auf den Auswirkungen der demografischen Entwicklungen
Kostendruck als ein Grund für das Fehlen von Pflegepersonal in Deutschland
In einer Studie aus dem Jahr 2017 des Pflegeexperten Prof. Dr. Michael Simon von der Hochschule Hannover führt der Autor unter anderem das profitgetriebene Finanzierungsmodell von Krankenhäusern und die daraus resultierenden durchgeführten Kostensenkungsmaßnahmen als einen der Gründe für das schon damals prognostizierte Fehlen von 100.000 Pfleger:innen an.
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In einem weiterführenden Beitrag aus dem Jahr 2020 beleuchtet Prof. Dr. Simon im Kontext der Klinikfinanzierung die sog. Fallkostenpauschalen kritisch. Seit 2003 werden nach diesem Modell alle Krankheiten sowie dazugehörige Diagnosen und Behandlungen bestimmten Pauschalen zugeordnet, nach denen die Kliniken ihre Leistungen abrechnen können. Dieses System sei aber zu grobmaschig und würde beispielsweise dafür sorgen, dass Patient:innen mit teilweise unterschiedlichen Diagnosen in dieselbe Fallgruppe einsortiert werden würden, obwohl sich die abrechenbaren Kosten stark von den tatsächlichen Aufwänden unterscheiden können.
Ausreichende Finanzierung aller patientenbezogenen Personalkosten gefordert
Auch die Bundesärztekammer stimmte in die Kritik an den Fallpauschalen anlässlich der von Gesundheitsminister Karl Lauterbach angekündigten Reformen mit ein. „Aus Sicht der Ärzteschaft wäre eine Abschaffung der Fallpauschalen insgesamt notwendig, mindestens aber die gesonderte, ausreichende Finanzierung aller patientenbezogenen Personalkosten“, kommentierte die Vizepräsidentin der Ärztekammer Bremen Christina Hillebrecht in einer Pressemitteilung aus Dezember 2022.
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Krankenhausreform plant Fallpauschalen u.a. durch Vorhaltevergütungen zu ersetzen
Gemäß der Krankenhausreform, deren Entwurf am 15. Mai im Bundeskabinett verabschiedet wurde und über die jetzt im Bundestag verhandelt wird, sollen die Fallpauschalen in Zukunft unter anderem durch eine Vorhaltevergütung ersetzt werden, die unabhängig von der tatsächlichen Leistungserbringung ist. Zusätzliche Mittel sollen für „Stroke Units, Traumatologie, Pädiatrie, Geburtshilfe, Intensivmedizin, Koordinierungsaufgaben, Unikliniken [und] Notfallversorgung“ bereitgestellt werden.