Jedes Jahr erkranken in Deutschland etwa 60 000 Menschen neu an Darmkrebs. Ein Großteil dieser Fälle wäre vermeidbar, wenn mehr Menschen zu Vorsorgeuntersuchungen gehen würden. „Die Vorsorgekoloskopie zur Früherkennung von Darmkrebs gehört zu den effektivsten Früherkennungsmaßnahmen, die wir in der gesamten Medizin haben“, sagt Professor Dr. med. Heiner Wedemeyer, Mediensprecher der DGVS und Direktor der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie am Universitätsklinikum Essen. Darmkrebs entwickelt sich meist sehr langsam. Bei einer Darmspiegelung kann der Arzt Vorstufen von Krebs entdecken und diese während der Untersuchung entfernen.
Computergestützte lernfähige Systeme, die derzeit zunehmend in die klinische Anwendung gehen, unterstützen Ärzte, indem sie während der Untersuchung Live-Bilder aus dem Darm analysieren und mit hoher Treffsicherheit verdächtige Stellen auf dem Monitor markieren. Sie könnten die Darmkrebsvorsorge zukünftig noch verlässlicher machen, so Dr. med. Ulrich Rosien, Vorsitzender der Sektion Endoskopie der DGVS und Leiter der Endoskopie am Israelitischen Krankenhaus Hamburg. Er schränkt jedoch ein: „Aktuell sind diese Systeme Ärzten vor allem beim Aufspüren sehr kleiner Polypen unter 5mm überlegen, bei denen unklar ist, ob sie jemals überhaupt entarten – deshalb können wir derzeit nicht sagen, ob sich aus deren besseren Erkennung mittels KI tatsächlich ein Vorteil für Patienten im Sinne der Krebsvermeidung oder einer höheren Überlebensrate ergibt.“ Auch sei aktuell noch offen, welche der KI-Anwendungen – diese arbeiten mit unterschiedlichen Mechanismen, etwa Algorithmen- oder aber „Deep-learning“-basiert – in der klinischen Praxis tatsächlich die besten Ergebnisse liefern. Die Systeme seien noch nicht oder nicht lange genug in der regulären Versorgung etabliert, um diese Frage zu beantworten. Dies müssten Untersuchungen der Zukunft zeigen.
Doch schon heute ist die Koloskopie zur Darmkrebsfrüherkennung ein hocheffektives Instrument. „Deren Qualität hängt nicht allein von technischer Unterstützung des Arztes durch KI ab – ebenso wichtig ist beispielsweise, dass der Arzt über ausreichend Erfahrung verfügt, und sich für die Untersuchung Zeit lässt“, sagt Professor Dr. med. Helmut Messmann, Sekretär der Sektion Endoskopie der DGVS und Direktor der III. Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums Augsburg. Auch Patienten selbst können zur Qualität der Untersuchung beitragen: „Je sorgfältiger die Darmreinigung vorab durchgeführt wurde und je sauberer der Darm ist, desto besser können wir die Strukturen der Darmwand beurteilen und Polypen entdecken und entfernen.“
Anlässlich des Darmkrebsmonats März ruft die DGVS dazu auf, die Darmkrebsfrüherkennung stärker in Anspruch zu nehmen. Ab dem Alter von 50 Jahren können Männer und Frauen mit dem immunologischen Stuhltest (iFOBT) jährlich ihren Stuhl auf verstecktes Blut untersuchen lassen. Zudem bietet das Früherkennungsprogramm Männern ab 50 Jahren und Frauen ab 55 Jahren eine Darmspiegelung an, die zuverlässigste Methode der Früherkennung. Sie sollte alle 10 Jahre wiederholt werden. Wer die Früherkennungskoloskopie nicht in Anspruch nehmen möchte, kann alternativ alle 2 Jahre einen iFOBT-Test durchführen lassen.
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
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