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Impfung gegen Gürtelrose auch zur Verhinderung eines Zoster-Rezidivs geeignet

von Martin Wiehl

Impfung gegen Gürtelrose auch zur Verhinderung eines Zoster-Rezidivs geeignet
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Die Impfung gegen Gürtelrose zählt zweifellos nicht nur zu den erfolgreichsten Impfungen, sondern kann auch mit Abstand die höchsten Schutzraten aufweisen, die im Erwachsenenalter möglich sind. Das haben die Zulassungsstudien für den adjuvantierten Totimpfstoff gegen eine Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus (VZV) mit Schutzraten über 90% bis ins hohe Alter über 80 Jahren eindeutig gezeigt. Unklar blieb allerdings, inwieweit die Vakzine auch zur Verhinderung eines Zoster-Rezidivs eingesetzt werden kann, da diese Frage in den Zulassungsstudien grundsätzlich ausgeklammert wurde. Dabei ist der Leidensdruck bei Patienten mit einer bereits durchlebten Gürtelrose oder gar eines Zoster ophthalmicus besonders hoch, so dass sie sich erst recht einen Schutz vor weiteren Ereignissen durch VZV-Reaktivierung wünschen.
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Hohe Schutzraten der adjuvantierten Impfung gegen Gürtelrose für mindestens 11 Jahre dokumentiert

Auf Basis der durchgängig hohen Schutzraten in Höhe von über 90% für alle Altersstufen in den Zulassungsstudien konnte nun in einer Langzeitstudie auch die jahrelang anhaltende protektive Wirksamkeit belegt werden. So zeigten diese aktuellen Daten eine kumulative Impfstoffwirksamkeit von 87,7% über einen Zeitraum von 11 Jahren bei Erwachsenen über 50 Jahren. Das bedeutet, dass bei den Jüngsten dieses Kollektivs im Alter von mittlerweile über 60 Jahren auch mehr als 10 Jahre nach der Impfung immer noch fast 9 von 10 Impflingen vor einer Gürtelrose gefeit sind. Darüber hinaus wurden während der gesamten Nachbeobachtungszeit der Studie, an der über 7.000 Personen aus 18 Ländern auf 5 Kontinenten teilnahmen, keine Sicherheitsbedenken festgestellt.

Virusreaktivierung äußert sich bei Abwehrschwäche als klinisch manifeste Gürtelrose

Die hohen Schutzraten der Vakzine sind auf die besonders starke Effektivität des neuartigen Adjuvanssystems AS01B zurückzuführen, die weit über die natürlich erworbene Immunität nach VZV-Erstkontakt hinausgeht. Während die VZV-Erstinfektion mit dem Krankheitsbild der Windpocken in der Kindheit zwar eine gewisse lebenslange Immunität hervorruft, hinterlässt sie auch Viren in jahrzehntelanger Latenz. Die neurotropen VZ-Viren persistieren bevorzugt in Spinalganglien und können insbesondere dann opportunistisch reaktiviert werden, wenn eine – wie auch immer geartete – Abwehrschwäche vorliegt. Diese entwickelt sich meist schleichend im Rahmen einer mit zunehmendem Alter fortschreitenden natürlichen Immunoseneszenz, kann aber auch durch Erkrankungen wie zum Beispiel Masern, COVID-19, Tumorerkrankungen oder AIDS entstehen. Auch medizinische Maßnahmen können zu einer Dysregulation der Immunkompetenz führen. Dazu zählen die Behandlung mit Glukokortikoiden, Bestrahlungen und/oder Chemotherapien im Rahmen einer Krebstherapie und immunmodulatorische bzw. -suppressive Therapien bei Autoimmunerkrankungen wie Multipler Sklerose (MS), Rheumatoider Arthritis (RA), chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) oder Psoriasis. Daneben können aber auch allgemein immunmodulatorisch wirksame Lebensumstände wie körperlicher und/oder seelischer Stress zu einer Aufhebung der Pattsituation beitragen, die zuvor einer klinisch relevanten VZV-Reaktivierung im Wege stand.

Post-Zoster-Neuralgie häufig mit starken neuropathischen Schmerzen verbunden

Besonders gefürchtet im Zuge einer VZV-Reaktivierung ist die Post-Zoster-Neuralgie (PZN) als schwere Komplikation, die aber in ihrer Häufigkeit meist unterschätzt wird. Denn fast ein Drittel der mit VZV infizierten Menschen ist von einer PZN betroffen, die wiederum eine äußerst hohe Prävalenz für neuropathische Schmerzen hat. So ist der Schmerz in der präeruptiven sowie der akuten eruptiven Phase einer Zostererkrankung meist ein Mischbild aus nozizeptiven und neurogenen Schmerzen. Während die nozizeptiven Schmerzen aber lediglich durch die lokalen Gewebsschädigungen und Entzündungsreaktionen ausgelöst werden, verursacht die Zerstörung sensorischer Nervenzellen die gefürchteten neuropathischen Schmerzen. Diese entstehen infolge einer Läsion der betroffenen Nerven und Nervenbahnen, die irreversibel sein kann. Beschrieben werden solche PZN-Schmerzen deshalb oft als stechend, blitzartig einschießend, brennend oder elektroschock-ähnlich, in ihrem Auftreten aber immer als völlig unberechenbar, was als regelrechte Folter empfunden wird. Oft geht eine PZN zudem einher mit Taubheit an den betroffenen Stellen bis hin zum Verlust jeglicher taktilen Empfindung. Die Schmerzen allerdings können über viele Monate und bis zu Jahren andauern. Dieser fundamentale Unterschied zwischen Gewebsschädigung und Schädigung der Nervenfasern selbst erklärt nicht nur die von Betroffenen empfundenen unterschiedlichen Schmerzqualitäten und Begleitphänomene, sondern auch die weitestgehende Wirkungslosigkeit gängiger schmerzmedizinischer Behandlungskonzepte bei neuropathischen Schmerzen.

Die PZN-Symptomatik ist sowohl auf die Virusreaktivierung zurückzuführen als auch auf die entsprechende Immunantwort

Wie bei vielen anderen Erkrankungen, die durch Infektionserreger hervorgerufen werden, gehen auch beim Herpes Zoster die Schäden infolge der krankheitsauslösenden Prozesse Hand-in-Hand mit den Folgen der darauf bezogenen Immunantwort – auch wenn die Primärinfektion stets jahrzehntelang zurückliegt und es sich hier lediglich um eine Reaktivierung des Erregers handelt. Durch Replikation und Ausbreitung der Viren kommt es in der präeruptiven Phase für eine Dauer von 2 bis 3 Tagen zunächst zu Funktionsbeeinträchtigungen in den betroffenen Nervenzellen. Im weiteren Verlauf zerstören die Viren die befallenen Nervenzellen und infiltrieren das umliegende Gewebe. Diese Phase wird als akut eruptiv bezeichnet und hält etwa für 2 bis 4 Wochen an. Dabei kommt es im Gewebe zu einem Mischbild aus ischämischen und hämorrhagischen Nekrosen, die mit zahlreichen Mikroinfarkten einhergehen. Außerdem sind VZV-getriggerte Zelluntergänge in neuronalen wie auch in nichtneuronalen Geweben zu beobachten, die durch die enge Verbindung von Nervenzellen und Blutgefäßen gefördert und schließlich durch die kombiniert infektiös und immunogen bedingten Gerinnungsstörungen ausgelöst werden. In der posteruptiven Phase kommt es im Rahmen mehr oder weniger erfolgreicher Reparaturprozesse mitunter zum Phänomen des „Over-repair“, was bedeutet, dass durch regenerative Umbauprozesse zusätzliche Nervenschädigungen entstehen können.
 
 

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Evidenzbasierte Empfehlungen für Impfungen zur Rezidivprophylaxe fehlen

Mit steigendem Leidensdruck, den Patienten mit einer klinisch manifesten VZV-Reaktivierung verspüren, wächst auch das Bedürfnis nach einer wirksamen Rezidivprophylaxe. In den Zulassungsstudien des adjuvantierten Herpes Zoster (HZ)-Totimpfstoffes wurde dieses Patientenkollektiv aber überhaupt nicht berücksichtigt, so dass eine evidenzbasierte Datenlage aus prospektiven Studien für Patienten mit einer HZ-Vorgeschichte vorerst noch nicht vorhanden ist. Zur Beantwortung dieser wichtigen Fragestellung wird allerdings zur Zeit eine entsprechende randomisierte und placebo-kontrollierte Studie mit über 1.400 Studienteilnehmern durchgeführt, deren Ergebnisse im Laufe des Jahres 2025 erwartet werden (1). Somit fehlen zur Zeit aber immer noch nicht nur allgemein gesicherte Wirksamkeitsdaten der Impfung dieser Patienten, sondern auch Subspezifizierungen, die sich aus den besonderen Risikokonstellationen der einzelnen Personen ergeben würden. So liegen zwar vereinzelt Fallberichte zum Beispiel von AIDS-Patienten über Impfung nach einer durchgestandenen HZ-Episode vor und auch zu Krebs-Patienten und Patienten unter immunmodulatorischer Therapie aufgrund einer Autoimmunerkrankung gibt es rudimentäre Erfahrungsberichte. Eine allgemeine Empfehlung, die sich aus solchen Daten ableiten ließe, existiert aber folglich ebenso wenig.

International keine einheitlichen Empfehlungen zum Mindestabstand der Impfung

Das kommt auch in den verschiedenen Empfehlungen nationaler Impfkommissionen zum Ausdruck, die selbst in der scheinbar noch relativ einfach zu beantwortenden Frage nach dem Abstand der Impfung zur vorangegangenen HZ-Episode sehr unterschiedlich ausfallen. So haben die Expertenmeinungen in Kanada, Australien und Irland die jeweils dort gültige Empfehlung hervorgebracht, zwischen HZ-Erkrankung und Impfung einen Mindestabstand von einem Jahr einzuhalten. In Österreich lautet die etwas differenziertere Empfehlung: „Mindestens 6 Monate bei immunkompetenten Personen; bei rezidivierendem Herpes Zoster mindestens 2 Monate nach Abklingen der Symptome.“ Und in den USA sowie in Deutschland besteht die – etwas unpräzise formulierte und viel Interpretationsspielraum bietende – Empfehlung darin, eine Impfung zur HZ-Sekundärprophylaxe erst dann in Erwägung zu ziehen, wenn die akute Erkrankung vorbei ist und die Symptome abgeklungen sind.

Impfung zur Rezidivprophylaxe aus immunologischer Sicht grundsätzlich sinnvoll

Aus immunologischer Sicht erscheint eine Impfung mit 2 Impfdosen der rekombinanten HZ-Totvakzine bei bisher Ungeimpften nach überstandener HZ-Erkrankung grundsätzlich sinnvoll zu sein. Denn zum einen verweist allein schon die durchgemachte HZ-Episode darauf, dass die natürlich erworbene Immunität nicht ausreicht, eine VZV-Reaktivierung wirksam in Schach zu halten. Zum anderen führt die soeben erlebte HZ-Erkrankung zu einem gewissen Booster-Effekt mit vorübergehend verbesserter Immunantwort gegenüber weiteren Virus-Reaktivierungen. Dieser Booster ist aber zeitlich begrenzt und kann bei weitem nicht das Ausmaß der Aktivierung der spezifischen T-Zell-Antwort erreichen, die mit dem adjuvantierten HZ-Impfstoff gezielt herbeigeführt wird.

Riesige Datenbasis zur Ermittlung eines Zoster-ophthalmicus-Rezidivs nach Impfung

Offen bleibt somit noch die Frage nach der Sicherheit der Impfung zur Rezidivprophylaxe mit dem rekombinanten adjuvantierten Totimpfstoff. Einen neuen Hinweis zu dieser Frage will nun eine kürzlich in JAMA Ophthalmology publizierte Studie herausgefunden haben, die sich speziell mit Rezidiven eines Herpes Zoster ophthalmicus (HZO) nach HZ-Impfung von HZO-Patienten beschäftigte (2). Die Lokalisation einer erstmaligen VZV-Reaktivierung im Innervationsgebiet des 1. Trigeminusastes ist allgemein zugänglichen epidemiologischen Daten zufolge mit 10 bis 25% aller klinisch relevanten HZ-Ereignisse zwar relativ selten, erscheint in dieser Häufigkeit aber durchaus überraschend. Umso erstaunlicher mutet auf den ersten Blick die enorm hohe Fallzahl von 16.408 HZO-Patienten an, die in dieser Studie als auswertbar registriert wurden. Vor dem Hintergrund, dass die gesammelten Daten aus einem bevölkerungsweiten Erhebungs-Netzwerk, dem sogenannten Optum Labs Data Warehouse, stammen, in dem mehr als 200 Millionen Personen aus den USA gespeichert sind, relativiert sich die hohe Anzahl aber doch. Zudem handelt es sich nicht um eine randomisierte prospektive Studie, sondern lediglich um eine retrospektive Kohortenstudie aus dem genannten Kollektiv, aus dem rund 26 Millionen angemeldete Personen im Auswertungsjahr 2020 berücksichtigt werden konnten, was etwa 8% der gesamten US-Bevölkerung und 12% der privat versicherten Personen entspricht. Aus dieser immer noch riesigen Datenbasis heraus hat sich die Studie das Ziel gesetzt, rückwirkend das Risiko eines HZO-Rezidivs zu ermitteln, das sich möglicherweise direkt kontraproduktiv aus einer HZ-Impfung ergibt, die bei Personen nach einer kürzlich durchlebten HZO-Episode zur Rezidivprophylaxe durchgeführt wurde. Ferner sollte ein solches vermutetes Risiko verglichen werden mit dem einer Population, die nach einer HZO-Episode keine HZ-Impfung erhalten hat.

Falsche und irreführende Studienergebnisse der HZO-Rezidiv-Studie

2 grundsätzliche Fehler, die nicht einfach einer unzulänglichen Methodik oder einer Limitation der Studienergebnisse zuzuordnen sind, machen die HZO-Rezidiv-Studie unbrauchbar. Denn was die Studienautoren vorgeben zu untersuchen, halten sie erstens nicht korrekt ein. Unter den angeblichen Fällen eines HZO-Rezidivs befindet sich kein Patient, bei dem ein HZO tatsächlich lege artis diagnostiziert wurde. Bei diesen Fällen, die im Nachhinein aus der Versicherten-Datenbank ausgewertet wurden, handelt es sich vielmehr um Personen, die nach einem vordefinierten Stichtag innerhalb einer gewissen Zeitperiode durch Änderung ihrer u.a. ophthalmologisch assoziierten Behandlung als auffällig ausgewählt wurden. Allein diese Therapieänderungen, die – aus welchen Gründen auch immer – vorgenommen wurden, interpretieren die Studienautoren als eindeutig charakteristisches Merkmal für ein HZO-Rezidiv. Diese offensichtliche Kreativität, die bei Real-World-Studien gerne auch als Confounding by Indication bezeichnet wird, wird zudem flankiert durch einen 2. Bias, der sich auf ein grundsätzlich unterschiedliches Gesundheitsbewusstsein der Personen in den beiden retrospektiv ausgewerteten Gruppen bezieht. Diese als sogenannte Healthy User Bias titulierte systematische Verfälschung nachträglich erhobener Daten bezieht sich auf die erheblichen Unterschiede in der Wahrnehmung von Gesundheitsrisiken und dem entsprechenden Bedarf an prophylaktischen Vorkehrungen bei verschiedenen beobachteten Kollektiven, die therapeutische Leistungen in Anspruch nehmen oder auch nicht.
 
 

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Die retrospektive HZO-Rezidiv-Studie deckt Schwächen von Real-World-Studien auf

Allein diese Bestandsaufnahme der Studienaussagen würde schon ausreichen, ihre Unseriösität und Unbrauchbarkeit offenzulegen. Dennoch erscheint es lohnenswert, den Unzulänglichkeiten detailliert nachzugehen, da sie ein grundsätzliches Problem von Real World Studien aufzeigen. Auch und gerade im Industrie-unabhängigen Wissenschaftsbetrieb bieten sich solche retrospektiven Kohortenstudien als ein dankbares Forschungsfeld an, die mit wenig Aufwand an Ressourcen ein Vielfaches an Aufmerksamkeit auf sich ziehen kann. So ist es kein Wunder, dass die HZO-Rezidiv-Studie einer kritischen Überprüfung nicht standhalten kann. Das wird aus einer genauen Analyse der erhobenen Daten deutlich, die schließlich zu der Interpretation eines angeblichen HZO-Rezidivs beigetragen haben. Insgesamt wurden aus dem gesamten bereits genannten Risikokollektiv aus beiden untersuchten Gruppen lediglich 84 Patienten ermittelt, die ein HZO-Rezidiv erlitten haben sollen. Das erneute Auftreten einer HZO-Episode wurde dabei in 42,9% der Fälle (36) dadurch definiert, dass es zu einer neuen Verschreibung von ophthalmologisch indizierten Steroiden kam und in weiteren 33,3% der Fälle (28) dadurch, dass es zu einer neuen Verschreibung systemisch wirksamer antiviraler Medikamente kam. In den restlichen 23,8% der Fälle (20) wurde eine neue HZO-Episode allein aufgrund dessen registriert, dass eine Eskalation der vorbestehenden antiviralen oder topischen Kortikoidtherapie bzw. eine Intensivierung systemisch wirksamer Steroide eingeleitet wurde. Aus rein ophthalmologischer Sicht erscheint aber ein solcher Rückbezug der verschiedenen Medikationen auf ein angeblich vorliegendes HZO-Rezidiv nicht plausibel. Aufgrund epidemiologischer Erhebungen erscheinen vielmehr ganz andere Entitäten wie etwa trockenes Auge als nicht-infektiöse Ursache oder aber Herpes Simplex als infektiöse Ursache weitaus wahrscheinlicher als ein Zoster ophthalmicus. Insgesamt handelt es sich bei den angeblichen HZO-Rezidiven keinesfalls um tatsächlich gesicherte Diagnosen, sondern einzig und allein um Interpretationen.

Die HZO-Rezidiv-Studie zeigt nur ein hohes Gesundheitsbewusstsein der Geimpften

Die vorliegende Studie hat offenbar bewusst die allgemein anerkannten Differentialdiagnosen im Bereich der Ophthalmologie außer Acht gelassen, um die Diskussion über eine vermeintlich erhöhte Inzidenz von HZO-Rezidiven nach einer HZ-Impfung anzuregen. In der Auswertung will die Studie ein erhöhtes Risiko einer HZO-Reaktivierung nach HZ-Impfung in Höhe von 37,7% nach 1.000 Patientenjahren vs. 26,2% bei Ungeimpften herausgefunden haben, wobei der p-Wert gerade einmal 0,04 beträgt. In diesem Zusammenhang spielt der 2. Bias der Studie eine wichtige Rolle, wodurch die behaupteten Zusammenhänge völlig ad absurdum geführt werden. In der Gruppe der HZ-geimpften Personen nach einer HZO-Episode war die Bereitschaft, sich auch gegenüber einer Reihe von anderen Infektionen mittels Impfungen zu schützen mit 32,4% etwa 3-mal so hoch wie in der Vergleichsgruppe der HZ-Ungeimpften (10,8%). Das offensichtlich vielfach höhere Gesundheitsbewusstsein in der Gruppe der geimpften Personen stellt nun unzweifelhaft einen Healthy User Bias in der Studie dar. Dieser macht sich folgerichtig nicht nur in einer höheren Aufmerksamkeit gegenüber schon vorher erlebten HZO-Episoden oder vermeintlich ähnlichen bedrohlichen Irritationen im Augenbereich geltend, sondern auch in einer gesteigerten Bereitschaft, antivirale Medikamente und sogar auch Kortikosteroide frühzeitig einzusetzen. Diese erhöhten Verschreibungen von Medikamenten sind nun als angeblicher Beweis für eine erhöhte Inzidenz von HZO-Rezidiven in die Auswertung eingegangen, die ohnehin nur haarscharf ein Signifikanzniveau erreichen konnte.

PCR-Untersuchung zeigt nach Verdacht auf ein HZ-Rezidiv ein ganz anderes Bild

Wie schwierig es ist, ein wirklich aufgetretenes HZ-Rezidiv nach HZ-Impfung überhaupt von anderen symptomatisch auffälligen Hautausschlägen abzugrenzen, wurde kürzlich in einer publizierten Veröffentlichung von Mitarbeitern des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) gezeigt (3). In einer Fall-Kontroll-Studie mit insgesamt 80 Verdachtsfällen gingen die Wissenschaftler der Frage nach, inwieweit eine PCR-Untersuchung auf VZV unerlässlich ist, um die Hautsymptome eindeutig zuordnen zu können. Dabei kam zutage, dass nur 33,75% (27) der analysierten Fälle tatsächlich VZV-positiv waren. In allen anderen Fällen waren sich die beurteilenden Dermatologen in Differentialdiagnosen wie HSV, Exanthem, Ekzem und Follikulitis einig.
Zur besseren Lesbarkeit wird in diesem Artikel das generische Maskulinum verwendet. Die verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.
Literatur:

(1) A Study to Evaluate the Safety and Immunogenicity of GlaxoSmithKline's Herpes Zoster Subunit Vaccine (HZ/su) When Given on a Two-dose Schedule to Adults at Least 50 Years of Age (YOA) Who Had Prior Episode of Shingles, ClinicalTrials.gov, abrufbar unter: https://clinicaltrials.gov/study/NCT04091451, letzter Zugriff: 28.06.2024.
(2) Walia A et al. Risk of Herpes Zoster Ophthalmicus Recurrence After Recombinant Zoster Vaccination. JAMA Ophthalmol. 2024, abrufbar unter: https://jamanetwork.com/journals/jamaophthalmology/article-abstract/2814944, letzter Zugriff: 28.06.2024.
(3) Orru‘ S et al.: Skin manifestations after immunisation with an adjuvanted recombinant zoster vaccine, Germany, 2020. Euro Surveill. 2023, abrufbar unter: https://www.eurosurveillance.org/content/10.2807/1560-7917.ES.2023.28.50.2300261, letzter Zugriff: 28.06.2024.


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