Mittwoch, 11. Dezember 2024
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Gesundheitspolitik

Massive Kritik an elektronischer Patientenakte (ePA) von Datenschützer, Forschungsexperte und Ärzteschaft

Massive Kritik an elektronischer Patientenakte (ePA) von Datenschützer, Forschungsexperte und Ärzteschaft
© Zerbor - stock.adobe.com
Kurz nach der Verkündung von Gesundheitsminister Lauterbach, er "sei schon im Gespräch mit Meta, Open AI und Google", um den Konzernen die Nutzung der Krankheitsdaten der deutschen Bevölkerung für ihre kommerziellen Zwecke zu ermöglichen, fand Ende November in Berlin der Jahreskongress der Freien Ärzteschaft statt, bei dem ganz andere Töne zu hören waren.
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Schwere Bedenken gegen die "ePA für alle"

Diplominformatiker Prof. Ulrich Kelber äußerte als ehemaliger Bundesdatenschutzbeauftragter auf dem Kongress schwere Bedenken gegen die "ePA für alle" in der jetzt vorgestellten Form. Auf das Gesundheitswesen komme nun eine unvollständig getestete "tiefgrüne Schrumpelbananensoftware" zu, die in den Praxen reifen solle. Als "bekennender Fan der Digitalisierung" kritisierte Kelber Sicherheitslücken, veraltete Technikkomponenten, die zentrale Datenspeicherung und die jetzige Opt-Out Regelung. Man bräuchte einen "akuten Behandlungsplan und eine Langzeitbehandlung" für das TI-Projekt. Allerdings sehe er weder bei der jetzigen und bei möglichen zukünftigen Bundesregierungen, dass ein Umsteuern in die richtige Richtung geplant sei.

Abschaffung der ärztlichen Schweigepflicht

Mit Blick auf die Sichtweise von Ärzten und Psychotherapeuten referierte Dr. Silke Lüder, Fachärztin für Allgemeinmedizin und Stellvertretende Bundesvorsitzende der Freien Ärzteschaft, vor allem über neue juristische Fallstricke, weil die "ePA für alle" die berufsrechtlich und strafrechtlich fixierte Schweigepflicht für Ärzte und Psychotherapeuten unter den Bedingungen der Opt-out-Regelung faktisch abschaffe. In Zukunft, so Lüder, könnten 2 Millionen Mitarbeiter des deutschen Gesundheitswesens durch die neuen Zugriffsregelungen einfach die ganze Krankengeschichte eines Bürgers lesen. "Nur nach dem Einlesen der Versichertenkarte in der Apotheke beim Einlösen eines E-Rezepts kann das ganze Team dort 3 Tage lang alle Arztbriefe lesen! Ein Unding", so Lüder in Berlin.

Profit statt Gesundheits-Benefit im Fokus?

Als ausgewiesener Forschungsexperte äußerte sich Prof. Dr. Jürgen Windeler, bis vor Kurzem Leiter des IQWIG (Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen) zur Behauptung der Politik, dass der künftige Datenberg aus den Versorgungsdaten der ePA einen Quantensprung für die medizinische Forschung erzeugen würde. "Bei Entscheidungen in einem Gesundheitssystem geht es in allererster Linie um die Frage, ob diese gesundheitliche Verbesserungen für die Betroffenen bringen. Die Vorteile sind gegen Nachteile (Nebenwirkungen) abzuwägen." Das sei mit den Abrechnungsdaten und unsortierten ePA-Daten nicht möglich, so Windeler. Falsche Versprechungen brächten die Gefahr, Prozessverbesserungen zu vernachlässigen.
 
 

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Täuschung von Patienten und Ärzten

Alle Referenten kritisierten scharf die augenblicklich laufende Werbekampagne von Politik und Kassen für Versicherte und Öffentlichkeit. "Die Werbekampagne suggeriert, dass es bei der künftigen Krankheitsdatensammlung nur um die Verbesserung der medizinischen Behandlung gehe. Dabei zeige sich jetzt gerade, dass eher der Verkauf unserer Daten an die Monopolisten Meta, Open AI und Google das vorrangige Ziel sei", so Lüder in Berlin. Die Allgemeinmedizinerin prangerte zudem an, dass sich Kassenärztliche Bundesvereinigung und Bundesärztekammervorstand völlig unkritisch an der Werbekampagne beteiligten, statt sich aktiv um den Schutz der ärztlichen Schweigepflicht und der grundrechtlich geschützten informationellen Selbstbestimmung der Bürger zu kümmern.

Quelle: Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ)


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