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Gesundheitspolitik

Die Krankenkassen sowie die Kliniken und Ärzt:innen sollten dafür in einen Fonds einzahlen. „Viele Bundesregierungen hatten bisher die Absicht, die Versicherer und Leistungsanbieter mit wenigstens 60 Millionen Euro in die Pflicht zu nehmen“, sagte Brysch. Die Betroffenen sollten aus so einem Härtefallfonds entschädigt werden. „Auch wenn die beabsichtigte schwarz-rote Regierung dazu im Koalitionsvertrag schweigt, muss sie dies auf ihre politische Agenda setzen.“

Pflegebedürftig, blind oder gelähmt

Die vorhandenen Möglichkeiten, eine Behandlung im Nachhinein bei vermuteten medizinischen Fehlern überprüfen zu lassen, lobte Brysch: „So ist es möglich, einen vermuteten Behandlungsfehler für die Betroffenen kostenlos begutachten zu lassen.“ Allein Gutachter im Auftrag der Krankenkassen kamen nach der jüngsten Jahresstatistik (2023) der Medizinischen Dienste in 2.679 von insgesamt 12.438 untersuchten Fällen zu dem Ergebnis: Ein Schaden ist von einem Behandlungsfehler verursacht worden.

Im Vergleich zum Jahr davor blieb die Zahl der Vorfälle damit nahezu unverändert. In rund jedem 3. dieser Fälle war ein Dauerschaden die Folge. Als schwer stufte der Medizinische Dienst hiervon 180 Dauerschäden ein - Patient:innen waren dann pflegebedürftig, blind oder gelähmt. 75 Patient:innen starben demnach aufgrund von Fehler des medizinischen Personals.

Hohe Dunkelziffer

Auch bei den Ärztekammern kann man untersuchen lassen, ob bei einer Behandlung etwas schiefgegangen ist: 7.529 Mal landeten Verdachtsfälle zuletzt bei ihren Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen. In 1.162 Fällen wurde ein Behandlungsfehler bejaht. Viele Schäden durch fehlerhafte Behandlungen werden zwischen Patient:innen und Krankenhäusern oder Arztpraxen oder durch Haftpflichtversicherungen reguliert oder landen direkt vor Gericht. Die Dunkelziffer ist also hoch. Untersuchungen legen zudem nahe, dass die Zahl der tatsächlichen Fehler die Anzahl der daraus folgenden Vorwürfe um ein Vielfaches übersteigt.

Fehler-Erfassung soll zur Pflicht werden

„Doch selbst wenn diese Stellen zu einem klaren Ergebnis kommen, droht vielen Geschädigten ein jahrelanger Rechtsstreit“, kritisierte Brysch. Seit über 20 Jahren werde deshalb von Expert:innen ein Fonds gefordert, der Nothilfe leisten könne.

„Patientenrechte müssen aber nicht nur politisch-rechtlich gestützt werden“, so Brysch weiter. „Auch bei den Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzte gilt es, eine wirksame Fehlerkultur zu etablieren.“ Der Stiftungsvorstand forderte, dass die teils schon stattfindende systematische Erfassung sogenannter kritischer Ereignisse verpflichtend wird.

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Quelle:

dpa