Donnerstag, 21. November 2024
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Medizin

Bioprinting: Wenn die Blutdruckwerte auf der Haut blinken

von Anne Krampe-Scheidler

Bioprinting: Wenn die Blutdruckwerte auf der Haut blinken
© jean song - stock.adobe.com
Blutgefäße, Nervenbahnen oder ganze Nieren aus dem 3D-Drucker – was sind die neuesten Entwicklungen? Prof. Dr. Ute Schepers, Wissenschaftlerin am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), zeigte beim virtuellen eHealth Forum Freiburg 2022 anhand von Beispielen das enorme Potenzial der Biomedizin auf. Während sich künstliche Haut, Hornhäute, Knorpel oder Kniescheiben schon in der klinischen Anwendung befinden, braucht es bis zur Herstellung ganzer Organe noch Zeit. Ganz oben auf der Agenda: das Herz.
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Gedruckte Organe als Alternative zur Organspende?

Deutschland steht beim Thema Organspende in Europa nach wie vor auf den letzten Plätzen. Erst jüngst vermeldete die Deutsche Stiftung Organtransplantation für das erste Quartal 2022 einen dramatischen Einbruch der Zahlen um fast 30% gegenüber dem Vorjahr (1). Jeden Tag sterben 3 Patient:innen auf der Warteliste. Organe aus dem 3D-Drucker könnten dazu beitragen, diesen Notstand zu beheben. Aber auch als Alternative zu Tierversuchen bieten sie sich an.

Individualisierte Prothesen aus dem Drucker

Bereits jetzt können maßgeschneiderte Orthesen und Prothesen mit der geeigneten Software in Sanitätshäusern ausgedruckt werden. Auch individuell gefertigte Hüftgelenke sind schon im Einsatz. Fortschritte gibt es ebenso in der Fertilisationstechnik: Hier fangen kleinste gedruckte Strukturen (Mikroschwimmer), Spermien ein und bringen diese direkt zur Eizelle.  

Wofür wird Bioprinting genutzt?

Neben künstlichen Strukturen rückt Bioprinting – die Herstellung von passgenauem organischem Gewebe – immer stärker in den Fokus. Dies reicht von Miniatur-Organstrukturen auf Mikrochips bis hin zu kompletten Organen. Die Karlsruher Forscher:innen um Prof. Schepers haben einen Chip entwickelt, auf dem Blutgefäße nachgebildet wurden. Diese können mit Mini-Organen fusionieren und zur Testung von Wirkstoffen genutzt werden. Auch Hornhäute werden am KIT gedruckt: 60 Stück lassen sich innerhalb 1 Stunde produzieren, eine Netzhaut dauert 2 Minuten. Das ist aber nur die reine Druckzeit. „Für die Kultivierung einer Hornhaut bzw. Retina werden 1.014 Stammzellen benötigt und es dauert etwa 250 Tage, bis sie transplantiert werden kann“, so Prof. Schepers.
 
 

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© jean song - stock.adobe.com

3D-Druck kardiovaskulärer Strukturen noch nicht möglich

Zusammen mit der Universität Stanford entwickelte das KIT erstmals druckbare Nervenbahnen, die Mäusen mit einer Gehbehinderung eingesetzt wurden, sodass sich diese wieder fortbewegen konnten. Perspektivisch sollen auch vollständige Organe wie Nieren oder Harnblasen auf diese Weise entstehen. Wie die Biochemikerin berichtete, sei es bereits gelungen, eine Lunge zu züchten, die selbstständig atmet. Große Forschungsbemühungen richteten sich auf das Herz. So gebe es einen „unheimlichen Auftrieb“ bei der Entwicklung von Blutgefäßen, die anstelle eines Bypasses eingesetzt werden können, so die Expertin. Ein Patch mit Muskelgewebe soll nach einem Herzinfarkt helfen, das untergegangene Gewebe zu regenerieren. Erste Versuche, eine 3D-gedruckte Matrix des Herzens mit Blutgefäßen zu versehen, erwiesen sich Prof. Schepers zufolge jedoch als schwierig.

Wie funktioniert Bioprinting?

Grundlage für Bioprinting sind menschliche Haut- oder Fettzellen. Diese werden in pluripotente Stammzellen umgewandelt, aus denen sich verschiedenste Gewebe züchten lassen. „Wichtigste Partner für uns sind die Ärzt:innen. Sie sollten die Patient:innen über die Vorteile und mögliche Risiken beraten können und vor allem die Biopsien durchführen, um die notwendigen Zellen zu gewinnen“, betonte die Forscherin. Die Stammzellen werden kultiviert, bis sie Nerven, Muskeln, Organe oder Knochenmaterial ausgebildet haben und können dann transplantiert werden. Ziel sei es, mittels 3D-Druck ein Konstrukt vorzugeben, das mithilfe von körpereigenem Material in ein eigenes Organ umgewandelt wird. Dies ist bei unfruchtbaren Mäusen, denen Eizellen eingepflanzt wurden, schon gelungen: Sie bildeten vollständige Ovarien aus. Basismaterial für den Druck ist chemisch modifizierte vegane Gelatine bzw. Kollagen mit eingebetteten Stammzellen. Da die Organe aus patienteneigenen Zellen stammen, sind sie wahrscheinlich weniger abstoßungsgefährdet und länger haltbar als von Spendern. Gedruckte Herzklappen könnten schon bei Kindern eingesetzt werden, weil das transformierte Material mitwächst.
 
 

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© SciePro – stock.adobe.com

Künstlich hergestellte Haut ermöglicht LED-Anzeige der Vitalwerte auf dem Körper

Auch Körperteile wie Ohren oder Finger lassen sich mit 3D-Druck ersetzen. In China seien aktuell viele Firmen darauf spezialisiert, Nasen herzustellen, sagte Prof. Schepers. Auf dem Sprung von Science-Fiction in die Realität ist „intelligente Haut“. Diese Technologie ermöglicht es, Sensoren zu integrieren, die kontinuierlich Vitalwerte messen, welche mittels LED auf der Haut angezeigt werden.

Quelle: 12. eHealth Forum Freiburg

Literatur:

(1) https://dso.de/dso/presse/pressemitteilungen


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