Herzschädigung nach Schlaganfall – diagnostische Herausforderung
Patient:innen mit einem akuten
Schlaganfall erleiden häufig Komplikationen am Herzen, die früh festgestellt und behandelt werden sollten. Den Mechanismus der Herzschädigung zu identifizieren ist hier von großer Bedeutung. Dies stellt die behandelnden Ärzt:innen jedoch häufig vor diagnostische Herausforderungen. Denn im Einzelfall ist es schwer zu sagen, ob eine stressvermittelte Herzschädigung oder ein akuter Herzinfarkt vorliegt. Bisher gibt es keine gut etablierten diagnostischen Methoden, um dies sauber zu unterscheiden, ohne die Patient:innen mit einem Herzkatheter zu untersuchen.
Rund die Hälfte der Schlaganfall-Patient:innen hat erhöhte Troponinwerte
Troponin wird im Blut bestimmt und ist derzeit der empfindlichste Marker, um Schäden am Herzmuskel zu erkennen. Bei Patient:innen mit Brustschmerz und erhöhten oder ansteigenden Troponinwerten wird routinemäßig eine Herzkatheteruntersuchung (Koronarangiographie) durchgeführt, um einen möglichen
Herzinfarkt festzustellen und zu behandeln. Rund die Hälfte der Schlaganfall-Patient:innen hat erhöhte Troponinwerte. Bei jedem oder jeder 7. sind diese sogar so stark erhöht, dass die Kriterien zur diagnostischen Abklärung mittels Herzkatheter für einen möglichen Herzinfarkt erfüllt sind. Bislang ist der Nutzen der Herzkatheteruntersuchung bei Schlaganfall-Patient:innen jedoch unklar. Im klinischen Alltag wird diese Untersuchung deshalb derzeit nur selten durchgeführt: bei etwa 1 bis 2% der Patient:innen.
Die Hälfte der Schlaganfall-Patient:innen mit erhöhten Troponinwerten erleidet einen Herzinfarkt
Mit der Studie PRAISE haben Kardiolog:innen und Neurolog:innen des DZHK und DZNE nun herausgefunden, dass tatsächlich bei der Hälfte aller Schlaganfall-Patient:innen mit stark erhöhten Troponinwerten ein Herzinfarkt vorliegt. „Das ist zumindest aus Sicht von Neurologen ein überraschend hoher Anteil, so viele Herzinfarkte hatten wir nicht erwartet“, sagt Prof. Matthias Endres, Direktor der Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin und Forscher am DZNE-Standort Berlin. Er leitete die Studie zusammen mit seinen Charité-Kollegen Prof. Christian Nolte und Prof. Ulf Landmesser vom Deutschen Herzzentrum der Charité. Es stellte sich heraus: Etwa 20% der Schlaganfall-Patient:innen haben einen Herzinfarkt vom Typ 1, der umgehend behandelt werden muss. Bei weiteren 30% lag ein Herzinfarkt Typ 2 vor.
Dynamik liefert keinen Hinweis auf Herzinfarkt
Bei Patient:innen mit Brustschmerzen wird das primäre Augenmerk auf den Verlauf des Troponinwertes über die Zeit gelegt. Insbesondere ein Anstieg oder Abfall um mindestens 20% ist relevant für die Wahrscheinlichkeit, das ein akuter Herzinfarkt vorliegt. „Anders als von uns erwartet, hatten solche
dynamischen Veränderungen von Troponin bei Schlaganfall-Patienten jedoch keine gute Vorhersagekraft, um den Mechanismus der Herzmuskelschädigung zu klären und zwischen Durchblutungsstörung und Nerven-vermittelter kardialer Störung zu unterscheiden”, sagt Landmesser, Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin am Deutschen Herzzentrum der Charité.
Behandlungsstudie geplant
„PRAISE ist eine diagnostische Studie, um den Mechanismus der Herzschädigung besser zu verstehen“, betont Endres. „Als Nächstes wollen wir nun mit einer Behandlungsstudie untersuchen, ob wir die Prognose von SchlaganfallPatient:innen mit fünffach erhöhten Troponinwerten mithilfe eines Herzkatheters und der entsprechenden Behandlung verbessern können.“ Erst dann ließen sich verbindliche Empfehlungen für die klinische Praxis aussprechen.
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Quelle: Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e. V. (DZHK)