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Long-COVID: Weniger Krankschreibungen, lange berufliche Fehlzeiten

Long-COVID: Weniger Krankschreibungen, lange berufliche Fehlzeiten
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Die Zahl der Menschen, die nach einer akuten COVID-19-Infektion wegen Post-COVID, Long-COVID oder eines chronischen Erschöpfungssyndroms krankgeschrieben werden mussten, lag im vergangenen Jahr deutlich niedriger als in den Pandemie-Jahren 2021 und 2022. Die Betroffenen hatten aber weiterhin sehr lange Fehlzeiten. Das zeigt eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts (WIdO) der AOK. Laut der Auswertung sind seit Beginn der Pandemie bis einschließlich Dezember 2023 mehr als ein Drittel aller durchgehend erwerbstätigen AOK-Versicherten mindestens einmal im Zusammenhang mit einer akuten COVID-19-Infektion krankgeschrieben worden.
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Krankschreibungen wegen COVID-19 seit März 2020

Zwischen März 2020 und Dezember 2023 wurden 36,5% (n = 2.564.659) der insgesamt 7.029.177 durchgehend erwerbstätigen AOK-Versicherten mindestens einmal aufgrund einer akuten COVID-19-Erkrankung arbeitsunfähig geschrieben. 1,8% (n = 126.154) aller Beschäftigten erhielten mindestens eine Krankschreibung wegen Long-COVID, Post-COVID oder wegen des chronischen Fatigue-Syndroms CFS. Wenn man nur die zuvor wegen einer akuten COVID-Erkrankung krankgeschriebenen Beschäftigten betrachtet, waren von diesen immerhin 3,3% mindestens einmal wegen einer der genannten Spätfolgen arbeitsunfähig. Bei 1,9% (n = 49.996) der akut erkrankten Personen wurde im weiteren Verlauf mindestens einmal eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aufgrund einer Long-COVID-Diagnose und bei 1,6% (n = 40.523 Personen) aufgrund einer Post-COVID-Diagnose ausgestellt. Bei 0,3% (n = 6.531 Personen) gab es eine Folge-Krankschreibung aufgrund des chronischen Fatigue-Syndroms. Dazu kommen 31.948 Versicherte mit einer Post-COVID-Diagnose und 9.455 Versicherte mit einer CFS-Diagnose, bei denen vorab keine akute COVID-19-Erkrankung dokumentiert worden war. Etwa 10% aller von Spätfolgen Betroffenen wurden im Beobachtungszeitraum mehrfach aufgrund von Long-COVID, Post-COVID oder CFS arbeitsunfähig geschrieben.

Rückgang der Krankschreibungen aufgrund von COVID-19 im Jahr 2023

Die Analyse der Entwicklung im Zeitverlauf zeigt einen positiven Trend: So wurden zuletzt deutlich weniger Menschen wegen Post-COVID, Long-COVID oder CFS krankgeschrieben als in den Jahren 2021 und 2022. Der Spitzenwert des vergangenen Jahres wurde mit 202 Betroffenen je 100.000 AOK-versicherte Beschäftigte bereits im Januar 2023 erreicht; die Zahl der Betroffenen sank dann im weiteren Jahresverlauf kontinuierlich bis auf 110 je 100.000 Beschäftigte im Dezember 2023. Zum Vergleich: Im März 2022 wurde der Spitzenwert von 416 erwerbstätigen Versicherten je 100.000 Beschäftigte verzeichnet.

Lange berufliche Ausfallzeiten bei Spätfolgen einer COVID-19-Infektion

Eine Detail-Analyse zur Dauer der Krankschreibung von Beschäftigten, die von den Spätfolgen einer COVID-19-Infektion betroffen waren, zeigt auch weiterhin sehr lange Ausfallzeiten. So lag die Dauer der Arbeitsunfähigkeit bei Long-COVID-Erkrankungen im Durchschnitt bei 36,6 Tagen je AU-Fall. Wenn die vorangegangene 28-tägige akute COVID-19-Infektion mit einbezogen wird, ergibt sich eine durchschnittliche Krankheitsdauer von 64,6 Tagen. Bei Post-COVID-Erkrankungen waren es 31,7 Tage je Fall, bei CFS 29,9 Tage je Fall. Langzeit- bzw. AU-Bescheinigungen, die für 43 Tage oder länger ausgestellt wurden, wurden bei etwa einem Fünftel (20%) aller Long-COVID-Betroffenen (n = 10.564), bei 13% aller Post-COVID-Betroffenen (n = 10.147) und bei 14% aller CFS-Betroffenen (n = 2.423) dokumentiert. „Dies sind im Vergleich zu anderen Erkrankungen sehr lange berufliche Ausfallzeiten. Offenbar ist es in vielen Fällen eine Herausforderung, den Betroffenen wieder den Weg in den betrieblichen Alltag zu ebnen“, kommentiert WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder.

Limitationen bei der Quantifizierung von COVID-19-Spätfolgen

Bei der Interpretation dieser Ergebnisse ist zu beachten, dass eine realitätsgetreue Abbildung der langfristigen Folgen von COVID-19-Infektionen durch die Verteilung des Krankheitsgeschehens auf diverse Abrechnungsdiagnosen, unterschiedliche Dokumentationsgewohnheiten bei den Leistungserbringern und die Vielzahl unterschiedlicher Folgeerkrankungen von akuten COVID-Infektionen erschwert wird. „Auch das Robert Koch-Institut kritisiert in diesem Zusammenhang den Mangel an bevölkerungsrepräsentativen, kontrollierten Studien mit ausreichender Nachbeobachtungszeit, die einen Vergleich von Personen mit und ohne akute COVID-19-Infektion ermöglichen“, sagt Helmut Schröder. Zudem berücksichtigten bisherige Meta-Analysen methodische Unterschiede zwischen den einzelnen Studien nur begrenzt, was häufig zu Überschätzungen der Gesamtprävalenz von COVID-19-Spätfolgen führe. „Unsere Analysen der Arbeitsunfähigkeitsdaten erlauben daher trotz aller Limitationen immer noch die bestmögliche Quantifizierung der Spätfolgen von COVID-19-Infektionen in der erwerbstätigen Bevölkerung. Die tatsächliche Anzahl der betroffenen Beschäftigten ist aber möglicherweise höher, als es die vorliegenden Zahlen vermuten lassen. So muss nicht jeder von Spätfolgen betroffene Beschäftigte in der Praxis mit den berücksichtigten Diagnosen arbeitsunfähig geschrieben werden“, betont Schröder.
 
 

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Soziale Berufe und Gesundheitsberufe am stärksten betroffen

Wie frühere Auswertungen zeigt auch die aktuelle Analyse des WIdO, dass sowohl akute COVID-19-Infektionen als auch deren Spätfolgen am häufigsten unter Beschäftigten in Sozial- und Gesundheitsberufen diagnostiziert wurden. Bei den akuten Erkrankungen lagen Berufe in der Kinderbetreuung und -erziehung an der Spitze: Fast die Hälfte der Angehörigen dieser Berufsgruppe (48,3%) war zwischen März 2020 und Dezember 2023 mindestens einmal wegen einer akuten COVID-19-Infektion krankgeschrieben. Damit lagen sie deutlich über dem Durchschnittswert von 36,5%. Krankschreibungen aufgrund von Long-COVID, Post-COVID oder chronischem Erschöpfungssyndrom kamen bei Berufen in der Ergotherapie mit 3,5% am häufigsten vor. „Die vielen sozialen Kontakte in diesen Berufen dürften der Hauptgrund dafür sein, dass Sozial- und Gesundheitsberufe besonders häufig betroffen waren. Zu beachten sind aber auch unterschiedliche Geschlechtsverteilungen, Altersverteilungen und damit verbundene Vorerkrankungen in den verschiedenen Berufsgruppen“, erläutert Helmut Schröder.

Geschlechtsspezifische Unterschiede bei den beruflichen Fehlzeiten in der Pandemie

Der Frauenanteil ist in den Berufen, die von Krankschreibungen im Zusammenhang mit COVID-19 betroffen sind, besonders hoch: Er reicht von 77% in der Physiotherapie bis zu 91,6% in der Kinderbetreuung und -erziehung. „Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass sich deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede bei den beruflichen Fehlzeiten in der Pandemie zeigen“, so WIdO-Geschäftsführer Schröder. So waren von akuten COVID-19-Infektionen 40,5% der Frauen (n = 1.310.501), aber nur 33,1% (n = 1.254.158) der Männer betroffen – ein Unterschied von 22,6%. Noch deutlichere Geschlechtsunterschiede zeigten sich bei den Spätfolgen: So waren 0,9% aller berufstätigen durchgehend AOK-versicherten Frauen im Beobachtungszeitraum mindestens einmal aufgrund einer Long-COVID-Diagnose arbeitsunfähig geschrieben, während dies nur auf 0,6% aller Männer zutraf – ein Unterschied von 49,1%. Bei Post-COVID-Erkrankungen zeigte sich ein Geschlechterunterschied von 61,1% (AU-Quote von 1,3% bei den Frauen versus 0,8% bei den Männern). Beim CFS schlugen die Unterschiede mit 88,1% zu Buche (AU-Quote bei den Frauen 0,3% versus 0,16% bei den Männern). „Das ist auch bemerkenswert, weil sich in der Gesamtbetrachtung aller anderen Krankheitsarten das Bild umkehrt: Hier ist der Anteil der Männer an den AU-Fällen mit 53% höher als der Anteil der Frauen“, so Helmut Schröder.

Über 50-Jährige sind häufiger von Spätfolgen einer COVID-19-Infektion betroffen

Die Ergebnisse des WIdO zeigen außerdem, dass ältere Beschäftigte häufiger wegen der Spätfolgen einer COVID-19-Infektion ausfallen, als dies im Vergleich zu allen anderen Erkrankungen zu erwarten ist. So entfallen beispielsweise mehr als 44% aller Long-COVID-Fälle auf die Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen. Über alle anderen Erkrankungen hinweg entfallen nur 29,2% aller Arbeitsunfähigkeitsfälle auf diese Altersgruppe. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei den Post-COVID-Erkrankungen und beim chronischen Fatigue-Syndrom.

Allgemeiner Krankenstand 2023 rückläufig, aber weiter auf sehr hohem Niveau

Der allgemeine Krankenstand lag 2023 mit 6,6% etwas unter dem historischen Höchststand von 6,7% aus dem Jahr 2022, aber erneut deutlich über den Durchschnittswerten der vergangenen Jahre. Das zeigt die gesamtdeutsche Analyse der Arbeitsunfähigkeitsdaten der AOK-Versicherten seit 1991. Nachdem die Corona-Pandemie im Jahr 2022 für einen Spitzenwert bei den beruflichen Fehlzeiten aufgrund von Atemwegserkrankungen gesorgt hatte, sind diese im Jahr 2023 wieder etwas rückläufig. „Die Erkältungswellen hatten Deutschland aber auch 2023 wieder fest im Griff – sowohl am Anfang als auch am Ende des Jahres“, so Helmut Schröder. Während 2019, also im Jahr vor der Pandemie, jeder 4. Beschäftigte (25,3%) wegen einer Atemwegserkrankung krankgeschrieben werden musste, war 2023 mehr als jeder 3. Beschäftigte (38,7%) davon betroffen. Damit hat sich die Anzahl der Beschäftigten mit Atemwegserkrankungen in diesem Zeitraum um die Hälfte erhöht. Die Dauer der Krankschreibungen pro Fall nahm bei den Atemwegserkrankungen zuletzt etwas ab (von 7,1 AU-Tagen je Fall im Jahr 2022 auf 6,1 AU-Tage je Fall im Jahr 2023).

Anstieg auch bei psychischen Erkrankungen

Auch bei den psychischen Erkrankungen gab es von 2019 bis 2023 einen starken Anstieg bei der AU-Quote um 19%. Die AU-Quote aufgrund psychischer Erkrankungen lag 2023 bei 8,3%. Das ist im Vergleich zum Vorjahr 2022 (AU-Quote: 7,5%) ein Plus von 11%. „Die psychischen Erkrankungen sorgten somit für wesentlich weniger Krankschreibungen als die Atemwegserkrankungen, aber die damit verbundenen Ausfallzeiten sind deutlich länger“, berichtet Helmut Schröder. Die durchschnittliche Dauer der Krankschreibungen aufgrund von psychischen Erkrankungen war zwar mit 28,1 Tagen im Vergleich zu 2022 (29,7 Tage) zuletzt etwas rückläufig, lag aber immer noch höher als 2019, also dem Jahr vor der Pandemie. „Der langjährige Trend bei den psychischen Erkrankungen ist ungebrochen. Sowohl die Anzahl der Betroffenen als auch die damit verbundenen Ausfalltage in den Betrieben Deutschlands steigen seit mehr als einem Jahrzehnt. Die Corona-Pandemie hat diesen Trend nochmals beschleunigt“, so Schröder.
 
 

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Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK


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