Verschlechterte Organspendesituation: Organspenden im Jahr 2022 um 6,9% gegenüber dem Vorjahr gesunken
Ein erster Anlauf pro Widerspruchslösung war im Januar 2020 gescheitert und führte zur erweiterten Zustimmungslösung. Dazu gehörte ein Online-Register zur Dokumentation der Organspendebereitschaft (aktuell auf 2024 verschoben). Seitdem hat sich die
Organspendesituation nicht verbessert, eher noch verschlechtert: Die enorme Kluft zwischen der Zahl schwer kranker Menschen auf den Wartelisten für ein Spenderorgan und den verfügbaren Organen für eine Transplantation ist noch größer geworden, wie die aktuellen
Organspendezahlen der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) (1) zeigen. Dass sich die Situation verbessern könnte, ist nicht abzusehen. Nach DSO-Angaben sind die Organspenden im Jahr 2022 um 6,9% gegenüber dem Vorjahr gesunken. Mit den 2.795 nach postmortaler Spende übertragenen
Organen konnte zwar 2.695 schwer kranken Patient:innen eine bessere Lebensqualität oder sogar ein Weiterleben ermöglicht werden, so die DSO. Allerdings warten 8.500 Menschen in Deutschland auf ein
Spenderorgan. Auch die Zahl der Spenderherzen bewegt sich weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau, sie stieg nur wenig spürbar um 0,6% von 310 postmortal gespendeten Herzen (2021) auf 312 im Jahr 2022 an. Nur mit Hilfe von weiteren 46 Spenderherzen aus dem Ausland – wohlgemerkt alles Länder mit Widerspruchslösung – konnte die Zahl der transplantierten Herzen auf insgesamt 358 Herzen erhöht werden.
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Lauterbach bei Organspende für neuen Anlauf zur Widerspruchslösung
Erschienen am 03.06.2022 • Die Widerspruchslösung sieht vor, dass jeder prinzipiell Organspender ist, der nicht ausdrücklich einer Organspende widerspricht.
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Widerspruchslösung als wichtige Maßnahme zur Erhöhung der Zahl der Spenderorgane
„Die Lage ist hoch dramatisch“, warnt Herzchirurg Prof. Dr. Andreas Böning, Präsident der DGTHG. Den 358 Herztransplantationen im Jahr 2022 stehen deutschlandweit mehr als 700 schwer
herzkranke Menschen auf den Wartelisten gegenüber, die dringend ein Spenderherz benötigen. „Wir sehen daher besorgt auf den eklatanten, anhaltenden Organspendemangel“, erklärt der Präsident der DGTHG, die bereits eigene Organspende-Kampagnen initiiert hat. Die Widerspruchslösung wäre eine wichtige Maßnahme, um die Zahl der Spenderorgane deutlich zu erhöhen und damit jenen Menschen zu helfen, die dringlich auf ein Spenderherz warten, betont Böning.
Ausreichend verfügbare Spenderherzen geben Betroffenen mit schwer geschädigtem Herzen eine Perspektive
Die Fachgesellschaften für
Herzchirurgie (DGTHG), für
Kardiologie (DGK) und
Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK) sprechen sich daher – auch als Verfasser des Positionspapiers zu einer Nationalen Herz-Kreislauf-Strategie für eine bessere Versorgung von Patient:innen und innovative Forschung in Deutschland (NHKS) (2) – klar für eine Widerspruchslösung aus. „Wir befürworten den Anlauf des Bundesgesundheitsministers für eine erneute Abstimmung des Bundestags über die Einführung der Widerspruchslösung in Deutschland mit dem Ziel, die Zahl der Spenderorgane zu erhöhen“, betont der Kardiologe Prof. Dr. Stephan Baldus, Präsident der DGK. Die Deutsche Herzstiftung als Patientenvertretung der Herz-Kreislauf-Medizin unterstützt sämtliche Anstrengungen der kardiologischen und herzchirurgischen Fachgesellschaften, die zu einer Verbesserung der Organspendezahlen in Deutschland beitragen. „Nur mit ausreichend verfügbaren Spenderherzen können wir Patient:innen mit
schwer geschädigtem Herzen eine Perspektive geben“, sagt Prof. Dr. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. Dies gilt auch für die 21 zusätzlich auf der Warteliste befindlichen Kinder (Alter 0 bis 15 Jahre) für ein Spenderherz. 42 Herzen konnten bei Kindern im Jahr 2022 transplantiert werden. „Es braucht daher auch für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit
schweren Herzmuskelerkrankungen zwingend die Widerspruchslösung“, fordert der Kinderkardiologe Prof. Dr. Matthias Gorenflo, Präsident der DGPK. Die Widerspruchslösung gilt in 20 europäischen Ländern.
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Starker Rückgang bei Organspenden
Erschienen am 11.04.2022 • Ist die Arbeitsüberlastung in den Kliniken ein Grund für den Rückgang der Organspenden?
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Das Widerspruchs-Prinzip besagt: Wer eine Organspende nicht ausdrücklich verweigert, steht als Spender grundsätzlich zur Verfügung, wobei die Angehörigen ein Veto einlegen können.
Betroffene mit schwerer Herzschwäche benötigen die Herztransplantation eines Spenderorgans
Die häufigsten Ursachen und Indikationen für eine Herztransplantation sind Kardiomyopathien, die koronare Herzkrankheit (KHK), die Grundkrankheit des Herzinfarkts, und weitere chronische Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems wie Myokarditis. Hauptursachen für die Entwicklung einer schweren Herzinsuffizienz sind im Kindes-, Jugend- und jungen Erwachsenenalter (EMAH) ein Versagen des Herzmuskels im Endstadium (z.B. nach Herzmuskelentzündung, Kardiomyopathien) und komplexe angeborene Herzfehler im terminalen Herzkreislaufversagen. Für Patient:innen mit
Herzinsuffizienz im Endstadium ist die Herztransplantation eines Spenderorgans Goldstandard.
Ressourcenknappheit auf Intensivstationen: Politischer Handlungsbedarf dringend notwendig
Damit sich die Organspendesituation in Deutschland verbessert, müssen mit Unterstützung der Politik im Transplantationswesen auch die logistischen Voraussetzungen für mehr Organverpflanzungen stimmen. „Die jetzige Situation des Krankenhauswesens ist insbesondere von Ressourcenknappheit auf den
Intensivstationen geprägt. Die Transplantationsmedizin bindet enorme
intensivmedizinische Kapazitäten“, betont Prof. Voigtländer. Der Kardiologe sieht politischen Handlungsbedarf besonders aufgrund der fehlenden Intensivpflegekräfte sowohl für erwachsene Patient:innen als auch auf den Kinderherz-Intensivstationen, wo auch eine dramatische
Unterbesetzung der Pflegedienste zu beklagen ist. Diese personellen Engpässe besonders auf den Intensivstationen der Kliniken bestanden schon vor der Pandemie.
SARS-CoV-2 verstärkte die Belastung auf den Intensivstationen mit Auswirkungen auch auf andere Klinikbereiche.
Wille von Verstorbenen für oder gegen eine Organspende kann oft nicht frühzeitig geklärt werden
So zeigen auch die DSO-Zahlen, dass die
Coronavirus-Pandemie und damit verbundene hohe Krankenstände beim Klinikpersonal „wesentlich zum starken Einbruch der Organspenden um 30%“ im ersten Quartal 2022 beigetragen haben. Zum anderen scheint die Realisierung von möglichen
Organspenden dadurch erschwert zu werden, dass es den koordinierenden Stellen nicht immer gelingt, den Willen von Verstorbenen für oder gegen eine Organspende frühzeitig zu klären. Ein Problem, das die DSO für den Rückgang der Organspenden anführt: Es fehlt häufig an eindeutigen Einwilligungen der Verstorbenen. In 42% der Fälle kam eine Ablehnung etwa aufgrund des vermuteten Willens der Verstorbenen zustande. 35% der Ablehnungen hätten auf der Einschätzung der Angehörigen nach deren eigenen Wertvorstellungen beruht, die nicht unbedingt denen des Verstorbenen entsprachen. „Die Zahlen stehen sehr im Kontrast zu den hohen Zustimmungswerten in der Bevölkerung für das Thema Organspende“, gibt DGK-Präsident Baldus zu bedenken. Nach einer aktuellen Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) befürworten über 80% der Bundesbürger eine Organspende (3).
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Erschienen am 04.03.2023 • Strukturelle Verbesserungen im Transplantationswesen für Organspende zusätzlich zur Widerspruchslösung notwendig. Mehr erfahren Sie hier!
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Effiziente Strukturen in der Organisation der Organspende ermöglichen hohe Organspendezahlen
Ein Blick auf die Situation in Spanien, das bei Organspenden seit Jahrzehnten weltweit an der Spitze steht, lässt darauf schließen, dass nicht allein die Widerspruchslösung, sondern vor allem auch effiziente Strukturen in der Organisation der
Organspende hohe Organspendezahlen erst ermöglichen. Eine wichtige Säule des spanischen Systems bilden die eigens für den Transplantationsprozess geschaffenen „Koordinatoren“-Teams aus Ärzt:innen und Pfleger:innen in den
Intensivstationen, die in engem Kontakt zur staatlichen Zentralbehörde für Transplantationen (ONT) stehen. Hier spielen Abläufe zwischen Koordinatoren-Teams auf den Intensivstationen, der zentralen Koordinierungsstelle und den Angehörigen der Patient:innen auf den Intensivstationen der Kliniken eine wichtige Rolle. Im Unterschied zu den spanischen Koordinatoren müssen Transplantationsbeauftragte in Deutschland ihre Aufgabe oft zusätzlich zu ihrer vollberuflichen ärztlichen Tätigkeit in der Klinik wahrnehmen mit viel bürokratischer Zusatzlast. Das erschwert ein effizientes Vorgehen bei der Realisierung einer Organspende. Nur durch die Kombination von verbesserten Abläufen im Krankenhaus und der Einführung einer Widerspruchslösung kann dem Organmangel effektiv begegnet werden.
Deutschland als einziges Mitgliedsland von Eurotransplant ohne Widerspruchslösung
Dass im Jahr 2022 von den 358
in Deutschland transplantierten Herzen 46 Spenderherzen aus Ländern mit Widerspruchslösung importiert wurden, sehen die Verfasser der NHKS kritisch. Als „nicht hinnehmbar und ethisch problematisch“ bezeichnet DGTHG-Präsident Prof. Böning, dass in Deutschland Spenderorgane aus Ländern des Eurotransplant-Verbunds mit einer Widerspruchslösung wie Spanien, Belgien und Österreich akzeptiert werden, während hierzulande eine solche Lösung nicht eingeführt wurde. „Deutschland hat als einziges Mitgliedsland von Eurotransplant keine Widerspruchslösung.“
Höhere Lebenserwartung bei Betroffenen mit einer schweren Herzschwäche nach Herztransplantation
Erfreulicherweise leben ca. 60% der Patient:innen 10 Jahre und länger nach einer
Herztransplantation. Bis zu 30% leben auch nach 20 Jahren noch mit ihrem neuen Herzen. Dank stetig weiterentwickelter und innovativer Medikamente, vor allem Immunsuppressiva, verbessert sich das Langzeitüberleben der Herztransplantierten kontinuierlich. Für das komplexe menschliche Herz gibt es aktuell keinen kompletten
Kunstherzersatz. Die sogenannten
Kunstherzen (Total Artificial Hearts, TAH) sind noch im Frühstadium ihres Einsatzes beim Menschen, daher sind weder mittelfristige Erkenntnisse noch
Langzeitergebnisse verfügbar. Auch die Xenotransplantation ist zurzeit keine Alternative. Für Patient:innen auf der Warteliste für ein Spenderherz gibt es zwar bis zur Erholung des
Herzmuskels oder zur Überbrückung bis zur Herztransplantation die Option eines Herzunterstützungssystems für die rechte, linke oder beide
Herzkammern (RVAD, LVAD, BVAD). Die Lebenserwartung mit einem Spenderherz ist allerdings deutlich höher als mit dem häufigsten Herzunterstützungssystem LVAD. LVAD-Träger können zwar inzwischen auch recht gut mit ihrem künstlichen Pumpsystem leben. „Allerdings kann Patient:innen, bei denen beide Herzkammern geschädigt sind, nach wie vor nur eine Herztransplantation helfen“, so DGTHG-Präsident Böning.
Organspendeausweis der Deutschen Herzstiftung
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