Donnerstag, 21. November 2024
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Medizin

Tuberkulose: Nanopartikel können Antibiotika direkt in die Lunge transportieren

Tuberkulose: Nanopartikel können Antibiotika direkt in die Lunge transportieren
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Die Therapie der gefährlichen Infektionskrankheit Tuberkulose steht vor der Herausforderung, dass Erreger häufig gegen mehrere gängige Antibiotika resistent sind. Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben nun Nanopartikel entwickelt, die in Zukunft neue Antibiotika direkt in die Lunge transportieren könnten. Tenside sorgen dafür, dass sich die hoch fettlöslichen Antibiotika in Wasser fein verteilen und inhalieren lassen. Erste Tests am Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum, zeigen die hohe Wirksamkeit und gute Verträglichkeit der Antibiotika-Nanocarrier. Die Forschenden berichten darüber in der Zeitschrift ACS Nano (1).
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Therapieresistente Tuberkuloseinfektionen nehmen zu

Weltweit ist die Tuberkulose die Infektionserkrankung mit den höchsten Todesfallzahlen. Wie die WHO berichtet, nehmen überdies vor allem therapieresistente Tuberkuloseinfektionen zu. Auch in Deutschland kann es zu Erkrankungen durch diese bakterielle Infektion kommen. Die Tuberkulose stellt aus 2 Gründen eine besondere Herausforderung dar: Erstens kapseln sich die Bakterien im Gewebe ein, meist in der Lunge, und können über Jahre inaktiv bleiben, um dann lange nach der primären Infektion Symptome auszulösen. Zweitens zeigen Tuberkulose-Bakterien häufig Resistenzen, mindestens gegen 2 der gängig eingesetzten Antibiotika. Das vermehrte Auftreten therapieresistenter Erregerstämme ist auf unzureichende Wirkstoffkonzentrationen am Ort der Infektion und vorzeitigen Behandlungsabbruch unter anderem wegen der häufig erheblichen Nebenwirkungen der Antibiotika zurückzuführen.

Nanopartikel als Träger neuer Antibiotika

Ein nanomedizinischer Ansatz kann dabei helfen, die Entwicklung weiterer Resistenzen zu verringern: Nanopartikel sollen als Träger neuer Antibiotika dienen und diese zielgerichtet zu Infektionsherden und infizierten Zellen bringen. So lässt sich die Wirkstoffkonzentration in der Lunge lokal erhöhen. „Die neu entwickelten Antibiotika sind allerdings häufig lipophil und lassen sich in Wasser nicht oder schwer verabreichen. Daher werden sie aus Magen, Blut und Zellflüssigkeit bisher nur schlecht aufgenommen“, erklärt Prof. Claus Feldmann, Leiter einer Forschungsgruppe am Institut für Anorganische Chemie (AOC) des KIT.
 
 

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Zielgerichteter Transport von Antibiotika in die Tuberkuloseherde der Lunge

Aktuell werden an Tuberkulose erkrankte Patient:innen mit hohen Dosen über einen langen Zeitraum behandelt, um die Erreger in den Infektionsherden zu erreichen. Die zum Teil schweren Nebenwirkungen wie Leberschädigungen sind häufig Gründe für Therapieabbrüche mit der Folge weiterer Resistenzentwicklung. Künftig sollen die Nanopartikel dabei helfen, Antibiotika zielgerichtet zu transportieren. „Wir haben schon einige Nanocarrier für den Transport von Antibiotika gegen die Tuberkuloseerreger in Mäusen getestet, aber erst die neuen Nanocarrier unserer Kolleg:innen vom KIT haben mich davon überzeugt, dass es möglich ist, gezielt und hochdosiert Antibiotika in die Tuberkuloseherde der Lunge zu bringen, ohne dabei andere Organe in Mitleidenschaft zu ziehen“, sagt Prof. Ulrich E. Schaible, Leiter der Zellulären Mikrobiologie und Direktor des Forschungszentrums Borstel, Leibniz Lungenzentrum.
 
Abb. 1: Die Mikroskopaufnahme eines Lungenschnittes einer mit TB infizierten Maus zeigt in Rot die Wirkstoff-Nanopartikel (1) © FZB Zelluläre Mikrobiologie, Dr. N. Redinger
Abb. Die Mikroskopaufnahme eines Lungenschnittes einer mit TB infizierten Maus zeigt in Rot die Wirkstoff-Nanopartikel © FZB Zelluläre Mikrobiologie, Dr. N. Redinger

Nanopartikel weisen extrem hohe Wirkstoffgehalte auf

Am Institut für Anorganische Chemie des KIT ist es gelungen, Nanopartikel mit Tuberkulose-Antibiotika herzustellen, die extrem hohe Wirkstoffgehalte aufweisen. „Der Antibiotikumgehalt beträgt bis zu 99% des Gesamtgewichts der Partikel“, berichtet Feldmann. „Bisher waren nach dem Stand der Literatur höchstens 10% möglich.“ Die am KIT entwickelten Nanocarrier lassen sich in Wasser dispergieren, also fein verteilen, und als Aerosol tief in der Lunge verabreichen. Am Forschungszentrum Borstel haben Forschende unter Leitung des Tuberkulose-Experten Schaible in Kooperation mit weiteren Partnern in Deutschland, Österreich und Belgien die Wirksamkeit der Nanopartikel getestet und eine hohe Wirksamkeit sowohl im Labor als auch im lebenden Organismus festgestellt. Die Arbeit lief innerhalb des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundvorhabens ANTI-TB. Die Forschenden berichten in der von der American Chemical Society (ACS) herausgegebenen Zeitschrift ACS Nano. Inzwischen haben sich das KIT und das Forschungszentrum Borstel die Methode gemeinsam patentieren lassen. „Bis diese Aerosolformulierung beim Menschen angewendet kann, sind jedoch noch viele Vorarbeiten notwendig“, so Schaible.

Nanocarrier überwinden biologische Barrieren

Die zum Inhalieren bestimmten amorphen Nanopartikel enthalten das Antibiotikum Bedaquilin mit einem Wirkstoffgehalt von 69% oder das Antibiotikum BTZ-043 mit einem Wirkstoffgehalt von 99%. Beide Antibiotika wirken auch gegen multiresistente Tuberkulosebakterien. In den Nanopartikeln sorgen Tenside dafür, dass sich die hoch lipophilen Antibiotika in Wasser dispergieren lassen. Dispersionen mit 4,1 mg/ml Bedaquilin oder 4,2 mg/ml BTZ-043 bleiben über mehrere Wochen stabil. Bei Tests an Mäusen zeigten die Nanopartikel-Dispersionen eine um 50% höhere Wirksamkeit als herkömmliche BTZ-043-Lösungen zur pulmonalen Inhalation. Die Nanocarrier bewiesen eine gute Fähigkeit, die verschiedenen biologischen Barrieren zu überwinden und waren in hohen Mengen in der Lunge, aber nicht in Leber und Milz nachzuweisen.

Quelle: Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Literatur:

(1) David Rudolph et al. Amorphous Drug Nanoparticles for Inhalation Therapy of Multidrug-Resistant Tuberculosis. ACS Nano, 2023.


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