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Verlust des sozialen Netzes durch Corona
Die Corona-Krise wirkt bei psychischen Beschwerden häufig wie ein negativer Verstärker, beobachten Psychotherapeuten. Das betrifft auch den Alkoholkonsum. „Patienten mit Alkoholabhängigkeit haben in der Krise häufig ihr in der Abstinenz geschaffenes soziales Netz eingebüßt. Wegen der Kontaktbeschränkungen haben sich zum Beispiel Selbsthilfegruppen nicht mehr regelmäßig getroffen", sagt Dr. Sabine Köhler, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in Jena. „Diese Strukturen sind für Alkoholiker aber enorm wichtig, um trocken zu bleiben. In der Pandemie sind sie deshalb stark gefährdet, einen Rückfall zu erleiden.“ Expertin Köhler hat das selbst erlebt: „Job- und Existenzängste, dazu keine entlastenden Gesprächsrunden mehr mit der Selbsthilfegruppe – nach 15 Jahren griff einer meiner Patienten wieder zur Flasche und ist nun erneut bei mir in Therapie.“
Flucht in den Alkohol
Nicht nur wer psychisch labil ist, sondern auch bislang unbelastete Menschen geraten in der Pandemie in seelische Nöte – und sind suchtgefährdet. Wenn der Druck zu groß wird, flüchten sich nicht wenige in Alkohol, Zigaretten oder andere Drogen, um den Stress zu bekämpfen. Mehr als jeder dritte Therapeut sieht gesteigerte Nikotinsucht, auch Medikamente spielen eine größere Rolle. Ein Drittel der Experten diagnostiziert häufiger den Konsum von Drogen wie Cannabinoiden, Kokain oder Halluzinogenen.
Das beobachten Therapeuten auch bei ihren Neupatienten, die sie erst seit der Corona-Krise behandeln. Jeder zweite Therapeut stellt fest, dass diese verstärkt zum Alkohol griffen. Zigaretten, Medikamente und andere, harte Drogen haben den Berichten von rund 3 von 10 Befragten zufolge in der Corona-Krise ebenfalls eine stärkere Rolle gespielt. 16% diagnostizieren häufiger Essstörungen.
Zweite Welle verschärft Probleme
73% rechnen damit, dass der Alkohol- und Drogenkonsum in den kommenden 12 Monaten zunehmen wird. „Eine erwartbare Folge der Krise“, kommentiert Köhler. „Alkoholismus liegen häufig psychische Beschwerden wie Angsterkrankungen zugrunde. Zur Stressbewältigung greifen die Betroffenen zur Flasche“, sagt Köhler. Psychische Beschwerden wie Ängste und Überforderung wiederum nehmen in der Krise zu – auch das belegt die Studie. 82% der Befragten diagnostizieren öfter Angststörungen als üblich. 79% stellen vermehrt die Diagnose einer Depression, 74% vermerken Anpassungsstörungen, also stark ausgeprägte Reaktionen auf belastende Ereignisse. 72% sprechen von einer Zunahme somatoformer
Störungen wie Müdigkeit, Erschöpfung oder Schmerzen ohne organische Ursache. Vor allem die Nachtruhe ist beeinträchtigt: Dass Patienten nicht schlafen können, ohne dass es dafür eine körperliche Ursache gibt, beobachten 2 Drittel der Psychiater und Therapeuten vermehrt seit Beginn der Corona-Krise.
Pronova BKK
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