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Schwerpunkt Mai 2023

Gesundheitliche Risiken durch e-Zigaretten, Cannabis und Co.

von David Meier

Gesundheitliche Risiken durch e-Zigaretten, Cannabis und Co.
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Auf einer Veranstaltung im Rahmen des 63. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) gaben Expert:innen Einblicke in die gesundheitlichen Risiken, die sich durch alternative Nikotinprodukte und Cannabis ergeben. Außerdem wurden neue digitale Möglichkeiten zur Tabakprävention bei Jugendlichen vorgestellt.
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Rund 35% der Bundesbürger rauchen

Aktuelle Daten zum Tabakkonsum in Deutschland erläuterte Prof. Dr. Daniel Kotz, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Deutschland belegt Platz 34 in Europa, was die Umsetzung der WHO Tabak-Kontrollmaßnahmen anbelangt. Gründe dafür sind die zu geringen Kosten für Tabakprodukte, die Unterfinanzierung von Aufklärungskampagnen, das fehlende Werbungsverbot für Tabak und das Fehlen von flächendeckenden Therapieangeboten. Im Gegensatz zum Vereinigten Königreich, dass in dieser Liste auf Platz 1 liegt und eine Raucher:innen-Prävalenz von 15% aufweist, rauchen in Deutschland etwa 35% der Bundesbürger (1). Vor allem in den letzten Monaten stieg der Anteil der Raucher:innen in allen Altersgruppen, vor allem aber bei den 14 bis 17-Jährigen, an.

Prävalenz von alternativen Nikotinprodukten in Deutschland

Neben dem Rauchen von Zigaretten werden in Deutschland alternative Nikotinprodukte wie elektronische Zigaretten (Prävalenz: 3%), Wasserpfeifen (Prävalenz: 2,7%), Tabakerhitzer (Prävalenz: 0,6%) und Nikotinpouches (Prävalenz: 0,1%), verwendet. Dabei ist auch der Konsum von Cannabis von großer Bedeutung, da ein Großteil der Konsumenten (83,4%) Cannabis gemischt mit Tabak raucht. Im Zuge einer Legalisierung wird deshalb auch ein Anstieg an Raucher:innen und an den damit verbundenen Lungenerkrankungen angenommen.

E-Zigaretten: Erhöhtes Risiko für Inflammationen und Infektionen

Dr. Klaas Franzen, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), ging auf die mit e-Zigaretten und Tabakerhitzer verbundenen Gesundheitsrisiken ein. Durch den Konsum von e-Zigaretten werden Inflammationsreaktionen am bronchialen Epithel ausgelöst, was sich durch eine erhöhte Zahl von Alveolarmakrophagen und Proteinasen belegen lässt. Im Mausmodell konnten jedoch geringere Auswirkungen von e-Zigaretten im Vergleich zu regulären Zigaretten auf das Inflammationsrisiko nachgewiesen werden. Außerdem wird durch das Verwenden von e-Zigaretten das Risiko für einen respiratorischen Infekt durch Bakterien und auch Viren erhöht. Dies kann z.B. zu einer reduzierten Überlebenswahrscheinlichkeit nach einem Infekt mit Influenza (H2N3) führen.
 
 

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Auch e-Zigaretten können Krebs auslösen

Für den Dampf von e-Zigaretten wurden kanzerogene und zytotoxische Effekte nachgewiesen, die aber geringer ausfallen als bei normalen Zigaretten. Außerdem gibt es Hinweise für eine Up- und Down-Regulation von Genen im Bereich der Inflammation, Ziliendysfunktion und DNA-Reparatur. Zusätzlich zum Dampf können auch durch die Trägerstoffe (Liquids) und Schwermetalle in den Heizelementen (Cadmium, Nickel, Blei) zytotoxische Effekte ausgelöst werden. Dies kann zur Entwicklung von Oropharynxkarzinomen und Lungenkarzinomen führen. 

Verschlechterte Lungenfunktion durch e-Zigaretten

In der klinischen Praxis wurde in Studien eine erhöhte pulmonale Symptomlast (Husten, trockener Mund, Auswurf), eine verschlechterte Lungenfunktion und Gasaustausch (2) und eine signifikante Assoziation mit Asthma und COPD (3) bei e-Zigaretten-Verwender:innen festgestellt.

Tabakerhitzer: Ähnliche Gesundheitsschädigungen wie beim Zigarettenrauch

Für Tabakerhitzer, bei denen im Gegensatz zu e-Zigaretten echter Tabak erhitzt wird, wurde im Mausmodell eine vergleichbare inflammatorische Reaktion wie bei der regulären Zigarette (BAL und Zytokine) aufgezeigt. Die Anwendung führt zur Degeneration der kleinen und großen Atemwege sowie zur Erhöhung des Krebsrisikos durch genetische Veränderungen.

Emphyseme werden beim Konsum von Cannabis häufiger beobachtet als bei Zigarettenraucher:innen

In Deutschland konsumieren etwa 8,8% der Bevölkerung regelmäßig Cannabis. Prof. Dr. Stefan Andreas, Immenhausen, stellte die pulmonalen Effekte, die sich durch den Konsum von Cannabis ergeben, vor. Regelmäßiger inhalativer Cannabiskonsum führt zu Lungenüberblähung, chronischem Husten, Sputumproduktion, Luftnot, respiratorischen Infekten, einem Verlust des Flimmerepithels und Plattenepithelmetaplasien. Nach Beendigung des Cannabiskonsums bessern sich jedoch in der Regel die Symptome (4). Bei Cannabisraucher:innen können signifikant häufiger Emphyseme als bei Zigarettenraucher:innen beobachtet werden (93% vs 67%; p < 0.01) (5).
 
 

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Auch orale synthetische Cannabinoide sind nicht ungefährlich

Bei der Einnahme von oralen synthetischen Cannabinoiden zeigt sich eine Erhöhung der Gesamtsterblichkeit bei neuen Konsumenten (HR=1,64; 1,14-2,39), bei häufigerem Konsum eine erhöhte Rate an Hospitalisationen und Pneumonie (HR=2,78; 1,17-7,09) und eine, im Vergleich zu den Erstkonsumenten, erhöhte Gesamtsterblichkeit (HR=3,31; 1,30-9,51) (6). „Es ist nicht ganz ungefährlich diese Medikamente, die auch noch keine richtige Zulassung haben, bei diesen Patient:innen zu verabreichen“, so Prof. Andreas.

In Cannabis enthaltener Feinstaub kann Lungenkarzinome auslösen

Epidemiologische Studien zeigen keinen Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Lungenkrebs. Dies ist jedoch schwer nachzuweisen, da ein Großteil der Konsumenten neben Cannabis auch Tabak konsumiert (dualer Konsum). Allerdings gibt es deutliche Hinweise für einen Zusammenhang von Cannabisrauch und Feinstaub. „Von daher glauben wir, dass Cannabiskonsum auch Lungenkarzinome verursacht“, so Prof. Andreas.

DGP sieht gesundheitliche Risiken durch eine mögliche Legalisierung von Cannabis

Im Zusammenhang mit einer möglichen Legalisierung von Cannabis sieht die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) wesentliche gesundheitliche Risiken insbesondere im Rahmen des inhalativen Cannabiskonsums zum Freizeitgebrauch. Überlegungen zu einer Legalisierung sollten aus medizinischen Gründen daher von größter Sorgfalt begleitet werden.

Tabakprävention bei Jugendlichen – großes Potenzial von digitalen Medien

Vor dem Hintergrund des hohen Anteils der Raucher:innen im Jugendalter ging Dr. Claudia Bauer-Kemény, Heidelberg, auf Präventionsmaßnahmen ein. Das Dilemma bei diesem Thema sei, dass es einerseits viele Präventionsprogramme für junge Menschen gibt, diese sich jedoch oft schwierig gestalten, da Jugendliche von den bestehenden Präventionsprogrammen aufgrund spezieller Zugangsbarrieren nicht erreicht werden. Daher verwies Bauer-Kemény vor allem auf die digitalen Medien als optimale Kommunikationsform um Jugendliche zu erreichen.
 
 

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Digitale Spieleanwendungen können einen großen Teil der Jugendlichen erreichen

Dabei sind besonders digitale Spieleanwendungen zur Prävention geeignet, wodurch Wissen in Bezug auf gesundheitliche Risiken durch das Rauchen spielerisch angeeignet wird und die Motivation, Leistung und das langfristige Engagement gesteigert wird. Davon können besonders schwer erreichbare, aber medienaffine Gruppen profitieren.

„Ohnekippe Klassenzimmershow“: Präventionsprogramm für Schulklassen

Dr. Bauer-Kemény nannte ein Beispiel für digitale Spieleanwendungen in der Rauchprävention. Die „Ohnekippe Klassenzimmershow“ ist eine Präventionsveranstaltung für Schulklassen zur Tabakprävention.  Dabei geht es darum, dass Schüler:innen in einem digitalen Spiel Informationen über die gesundheitlichen Risiken des Tabakkonsums erhalten und in einem Wettkampf gegeneinander antreten. Zusätzlich ist ein Gewinnspiel integriert, bei welchem die Schüler:innen, die nach 1 Jahr noch rauchfrei sind, Preise erhalten. Bei einer anonymen Befragung gaben 2 Drittel der Schüler:innen an, dass sie durch die Präventionsmaßnahme davon abgehalten wurden mit dem Rauchen anzufangen. 

Präventionspotenzial von digitalen Spielanwendungen noch nicht belegt

In ihrem Fazit unterstrich die Expertin das große Potenzial in der Anwendung von digitalen Spielanwendungen in der Tabakprävention. Jedoch besteht ein großer Forschungsbedarf, da die Auswirkungen der Spieleanwendungen in der Prävention erst in Umrissen erkennbar sind. „Wir fürchten uns nicht groß zu träumen, denn unsere Vision ist es, dass wir irgendwann alle Jugendlichen erreichen“, so Bauer- Kemény abschließend.
Literatur:

(1) DEBRA Studie, Stand 12.2022.
(2) Gotts E., et al. 2019.
(3) Wills T. A., et al 2021.
(4) Kaplan A. G. Pulm Ther. 2021.
(5) Murtha L. et al. 2022.
(6) Vozoris N. T. et al. 2021.


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