Geschlechterspezifische Aspekte bei stabiler koronarer Herzkrankheit
Dr. med. Susanne Berrisch-Rahmel, Düsseldorf
01. Dezember 2020
Die chronische koronare Herzkrankheit (KHK) zählt unabhängig vom Geschlecht zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland (1). Dennoch werden kardiovaskuläre Erkrankungen noch immer als typische „Männerkrankheiten“ verortet. Allerdings verdeutlicht ein Blick in die epidemiologischen Daten die Relevanz dieser Erkrankung auch für Frauen: Mit einer Fallzahl von über 36 000 versterben jährlich fast genauso viele Frauen an einer ischämischen Herzkrankheit wie Männer, deren Fallzahl mit über 40 000 nur unwesentlich höher ist (1). Im Vergleich dazu versterben an der „typischen Frauenkrankheit“ Mammakarzinom im gleichen Zeitraum etwa 18 000 Patientinnen, also knapp die Hälfte (1). Auch in der medizinischen Praxis sind kardiovaskuläre Erkrankungen noch immer eine Männerdomäne. Frauen mit kardiovaskulären Erkrankungen werden seltener beim Facharzt und in Akutsituationen häufig später adäquat behandelt (2-4). Im Rahmen einer evidenzbasierten Medizin konnten im letzten Jahrzehnt zunehmend geschlechterspezifische Unterschiede in der Pathophysiologie, der klinischen Symptomatik und Diagnostik sowie dem Ansprechen der Therapie erarbeitet werden. Ziel ist es, die Prognose der KHK weiter zu verbessern. Eine mögliche Ursache für die geschlechter- und genderspezifischen Diskrepanzen im Kontext der KHK ist, dass sich deren Leitsymptom, die Angina pectoris, bei Frauen häufig anders manifestiert als bei Männern. Verantwortlich für die differente Präsentation der Erkrankung ist eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren – darunter Genetik, Hormonstatus, Umweltfaktoren und soziale Aspekte. So bewirkt der hormonelle Schutz, dass Frauen bis zur Menopause ein geringeres Risiko für eine KHK aufweisen als gleichaltrige Männer (5). Bei Letzteren manifestieren sich kardiovaskuläre Erkrankungen wie die KHK zudem im Durchschnitt früher (6). Ziel dieses Beitrags ist es, vor dem Hintergrund der Relevanz kardiovaskulärer Erkrankungen bei Frauen, praxisrelevantes Wissen geschlechter-spezifischer Differenzen mit Fokus auf der KHK zu vermitteln.
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