Finanzielle Fragen offen – Sorge um Insolvenzen
Die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna, sagte der „Rheinischen Post“, eine solche Transformation könne ohne erhebliche Investitionen nicht gelingen. Die Reform stehe und falle mit den dafür bereitgestellten Finanzmitteln. Schon das Zusammenlegen von Abteilungen sei nicht zum Nulltarif zu haben, wenn Umbauten und Personaleinstellungen nötig würden. Selbst das Abwickeln eines Krankenhauses setze eine Finanzierung voraus. Längere Wege zu einzelnen Standorten müsse der Rettungsdienst überbrücken. Johna mahnte: „Ein ungeordnetes Krankenhaussterben auf dem Weg zum Umbau der Krankenhauslandschaft wäre das Schlechteste, was passieren kann.“
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen bemängelte, die Finanzwirkung der Eckpunkte bleibe unklar. „Der Bund hat keine konkreten finanziellen Zusagen gemacht“, sagte Vorstandsmitglied Stefanie Stoff-Ahnis. Und die Länder verpflichteten sich weiterhin nicht, die Investitionskosten für die Klinken zu finanzieren. „Dies darf nicht zulasten der Beitragszahlenden gehen.“
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mahnte, Insolvenzen zu verhindern. „Wichtig ist auch, die Belange der Beschäftigten zu berücksichtigen“, sagte Vorstandsmitglied Anja Piel der Deutschen Presse-Agentur. Nur wenn es gelinge, mehr Fachkräfte zum Bleiben zu gewinnen, werde eine qualitätsgerechte Versorgung möglich.
Gesetzentwurf soll über den Sommer erarbeitet werden
Bund und Länder hatten sich am Montag nach wochenlangem Streit auf Eckpunkte für eine Reform verständigt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will nun über den Sommer einen Gesetzentwurf dazu erarbeiten. Die Pläne sehen vor, das Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle zu ändern, um Kliniken von Druck zu immer mehr Fällen zu lösen. Daher sollen sie einen großen Anteil der Vergütung allein schon für das Vorhalten von Leistungsangeboten bekommen. Dies soll auch kleinere Krankenhäuser auf dem Land finanziell absichern.
Kommen sollen außerdem einheitliche Qualitätsvorgaben. Grundlage für die Finanzierung durch die Krankenkassen sollen deshalb künftig genauer definierte Leistungsgruppen der Kliniken sein - also etwa „Kardiologie“ statt grober Bezeichnungen wie „innere Medizin“. Die Leistungsgruppen sollen Vorgaben etwa bei der Ausstattung, bei Personal und Behandlungserfahrungen gewährleisten – nur dann gibt es Geld. Dies soll auch zu einer stärkeren Konzentration komplexerer Behandlungen wie bei Krebs auf spezialisierte Kliniken führen.
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Erschienen am 11.07.2023 • Zahlreiche Krankenhäuser könnten wegen akuter Liquiditätsprobleme die Krankenhausreform nicht mehr erleben.
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Krankenhausgesellschaft sorgt sich um kleine Krankenhäuser
Für die Krankenhausgesellschaft sagte Gaß, es sei die größte Sorge, „dass in den kommenden Jahren, bevor die Reform überhaupt wirken kann, viele kleine Krankenhäuser gerade im ländlichen Raum wegfallen werden“. Forderungen der Branche und der Länder nach einer vorherigen zusätzlichen Finanzspritze des Bundes hatten sich nicht durchgesetzt. Lauterbach sagte bereits: „Ich kann da keine Hoffnungen machen.“ Für den eigentlichen Prozess des Umbaus sind Hilfen „aus Mitteln von Bund und Ländern“ in Aussicht gestellt. Beziffert sind sie vorerst nicht.
Bayern votierte gegen Eckpunkte der Reform
Welche Folgen die Reform für die Zukunft einzelner Standorte haben wird, ist offen. In Kraft treten soll sie Anfang 2024, die Umsetzung soll aber danach schrittweise folgen – in den Budgets der Kliniken greifen könnte sie dann 2026. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kritisierte die Pläne scharf. „Unzählige Krankenhäuser werden sterben“, schrieb er bei Twitter. „Für hochwertige Medizin auf dem Land ist kein Geld mehr da.“ So eine „Zwei-Klassen-Medizin“ dürfe es nicht geben. Bayern votierte als einziges Land gegen die Eckpunkte, Schleswig-Holstein enthielt sich, die anderen 14 Länder stimmten zu.
vdk: Grundversorgung vor Ort gewährleisten
Der Sozialverband VdK erklärte, im Sinne der Patientinnen und Patienten müsse Ziel der Reform sein, vor Ort eine Grundversorgung zu gewährleisten. Komplexere Behandlungen gehörten jedoch unbedingt in Spezialistenhände. Eine Regierungskommission hatte analysiert, dass bei der Behandlung von Schlaganfällen und Krebs eine Konzentration mit Mindestvoraussetzungen bei der Qualität „erhebliche Potenziale“ für bessere Ergebnisse habe. Wegen der hohen Krankenhausdichte seien auch „keine wesentlichen Einschränkungen“ der Erreichbarkeit in Kauf zu nehmen, hieß es in einer kürzlich vorgelegten Untersuchung.