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In Deutschland droht haus- und fachärztliche Versorgungslücke

In Deutschland droht haus- und fachärztliche Versorgungslücke
© Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung
Vom vermeintlichen Überangebot zur drohenden Unterversorgung: Das Durchschnittsalter der Vertragsärzt:innen ist in Deutschland seit 2001 von 49,8 auf 54,6 Jahre (2021) angestiegen. Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) warnt: „Durch den Renteneintritt der ‚Baby-Boomer’ droht eine haus- und fachärztliche Versorgungslücke.“
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Fachkräftemangel in medizinischer Versorgung weitet sich aus

Der Fachkräftemangel ist längst in der medizinischen Versorgung angekommen und verschärft sich weiter. Das zeigt nicht nur der Umstand, dass viele Vertragsärzt:innen händeringend medizinische Fachangestellte sowie Mitarbeitende anderer Gesundheitsfachberufe für ihre Haus- und Facharztpraxen suchen. Auch die Praxisinhaber:innen selbst werden absehbar zu einer raren Ressource auf dem hart umkämpften Markt der ärztlichen Gesundheitsversorgung. Dafür gibt es vor allem 2 Gründe: Der sukzessive Renteneintritt der geburtenstarken „Baby-Boomer“-Jahrgänge 1955-1969 sowie der ungebrochene Trend zur Teilzeitarbeit.

Vertragsärzt:innen werden immer älter – Anteil an jungen Ärzt:innen bleibt weiterhin niedrig

So zeigt ein Blick auf die Daten des Bundesarztregisters für die Jahre 2001 bis 2021 eine deutliche Verschiebung der Vertragsärzt:innenschaft in höhere Altersbereiche. Während das Durchschnittsalter der niedergelassenen Haus- und Fachärzt:innen 2001 lediglich bei 49,8 lag, stieg es bis zum Jahr 2011 auf 52,7 und bis 2021 weiter auf 54,6 Jahre an. Die Anzahl junger Ärzt:innen bis 45 Jahre ist 2001 deutlich höher als 2011, 2021 zwar höher als 2011 – aber immer noch weit niedriger als 2001. Gleichzeitig sind die ältesten noch praktizierenden Mediziner:innen 2021 bereits über 80 Jahre alt. 2001 waren die ältesten Vertragsärzt:innen nur etwa 70 Jahre alt. Bereits heute sind mehr als ein Fünftel aller Vertragsärzt:innen älter als 60 Jahre.
 
 

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Trotz steigender Ärztezahlen droht aufgrund zunehmender Teilzeitarbeit Reduktion der Versorgungsleistung

Die hohe Anzahl der Vertragsärzt:innen zwischen 57 und 60 Jahren im Fokusjahr 2021 zeigt die enorme Welle der zu erwartenden Ruhestandseintritte in den nächsten 5 bis 7 Jahren an. Die ausgewerteten Daten zeigen zudem, dass die Zahl der an der Versorgung beteiligten Vertragsärzt:innen seit 2001 von 117.650 um 25.451 (bzw. um 21,6%) auf 143.101 gestiegen ist. Durch den Trend zur Anstellung und zu Teilzeitmodellen sinkt jedoch die Versorgungsleistung je Ärztin bzw. Arzt. So stieg der Anteil angestellter Vertragsärzt:innen und Psychotherapeut:innen seit 2013 von 14 auf 26% im Jahr 2022. Der Anteil von Vertragsärzt:innen und Psychotherapeut:innen in Teilzeit stieg im gleichen Zeitraum von 12 auf 33%.

Kurzum: Selbst wenn eine freie Stelle nachbesetzt wird, bedeutet das nicht unbedingt, dass damit die gleiche Versorgungsleistung für die Patient:innen wie zuvor zur Verfügung steht. Das sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Auswertung des Bundesarztregisters für die Jahre 2001 bis 2021, die das Zi am 31. Mai 2023 veröffentlicht hat.

Zeitenwende in der ambulanten ärztlichen Versorgung steht bevor

„Wir befinden uns auch in der ambulanten ärztlichen Versorgung vor einer Zeitenwende. Aus dem vermeintlichen Überangebot ist eine drohende Unterversorgung geworden“, warnt Zi-Vorstandsvorsitzender Dr. Dominik von Stillfried. Heute würde über Probleme bei der Terminvergabe gesprochen werden. Doch die tragende Säule der medizinischen Versorgung in Deutschland würde in Zukunft personell deutlich schwächer werden.
 
 

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Fehler in der Gesundheitspolitik und Missmanagement sorgen für Versorgungslücke

Die Ursachen der Entwicklung liegen für den Zi-Vorstandsvorsitzenden auf der Hand: „Seit Ende der 1970er Jahre schien es in der Gesundheitspolitik notwendig, den Zugang zur Niederlassung zu bremsen und auch die Tätigkeit von Vertragsärztinnen und -ärzten als Teil der Ausgabenbegrenzung möglichst weitgehend durch Regulierung einzuschränken. Vor der Verabschiedung des Gesundheitsstrukturgesetzes 1993, das eine restriktive Bedarfsplanung vorsah, beantragten viele Medizinerinnen und Mediziner noch die Zulassung für eine Niederlassung.“ Und jetzt komme genau diese Generation der ‚Baby-Boomer‘ in das Ruhestandsalter, womit die Zahl der in der Versorgung verfügbaren Ärzt:innen laufend abnehmen und die Zahl offener Sitze massiv ansteigen würde. Verschärft würde das Problem dadurch, dass jüngere Mediziner:innen und Mediziner der Patientenversorgung nicht mehr im gleichen zeitlichen Umfang zur Verfügung stehen würde, wie ehemalige Generationen.

Ausbildung und Weiterbildung von Mediziner:innen wird nicht ausreichen, um Versorgungslücke zu schließen

„Eine zunehmende Anzahl von Absolventinnen und Absolventen des Medizinstudiums und der Facharztweiterbildung ist bis Mitte der 2030er Jahre nicht in ausreichendem Umfang zu erwarten. Das Zusammenspiel hoher Renteneintrittszahlen, sinkender Versorgungsleistung je Ärztin bzw. Arzt und einer eher steigenden zukünftigen Inanspruchnahme der deutlich älter werdenden Patientinnen und Patienten führt zu großen Herausforderungen, die medizinische Versorgung in Zukunft abzusichern“, so von Stillfried. Das Engagement vieler älterer Ärzt:innen weit über das Ruhestandsalter hinaus könne dies allerdings nicht ausgleichen.

Mehr Arbeitszeit an den Patient:innen: Politik muss Rahmenbedingen schaffen

Wer Versorgungslücken insbesondere in den ländlichen Regionen mindern will, müsse jetzt die Niederlassung fördern. „Das ist Teil der Daseinsvorsorge“, erklärt der Zi-Vorstandsvorsitzende. Die Politik müsse Rahmenbedingungen schaffen, die geeignet sind, Ärzt:innen zu motivieren der Patientenversorgung mehr Lebenszeit zu widmen. Um dies zu erreichen, seien laut von Stillfried „mehr Gestaltungsspielräume, konsequente Entlastung von Verwaltungsaufgaben und eine höhere Attraktivität der Niederlassung“ nötig.

Quelle: Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi)


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