Deutschland in der Verantwortung: Menschen mit seltenen Erkrankungen brauchen politische Unterstützung
4 Millionen Menschen leiden allein in Deutschland an einer seltenen Krankheit. Doch für nur etwa 200 der weltweit etwa 8.000 bekannten seltenen Erkrankungen gibt es eine Therapie. „In Deutschland sind Orphan Drugs im EU-Vergleich am schnellsten verfügbar. Damit das auch in Zukunft so bleibt, rufen wir die künftige Bundesregierung am heutigen Tag der Seltenen Erkrankungen auf, Forschung und Entwicklung in dem Bereich zu fördern“, sagt Dr. Kai Joachimsen, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI).
EU-Verordnung war Meilenstein für die Entwicklung von Orphan Drugs
Um Patient:innen mit seltenen Erkrankungen bestmöglich versorgen zu können, wurde vor mehr als 20 Jahren eine EU-Verordnung ((EG) 141/2000) zur Förderung der Entwicklung von Orphan Drugs erlassen. Seither kann die europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) bei der Arzneimittelzulassung einen „Orphan-Status“ erteilen, wenn entweder noch keine zufriedenstellende Behandlungsmethode für ein seltenes Leiden existiert oder im Vergleich zu bestehenden Behandlungsmethoden ein „signifikanter klinischer Vorteil“ nachgewiesen wird.
„Das war ein wichtiger Schritt, der die Entwicklung von Orphan Drugs angekurbelt hat. Im deutschen AMNOG-Prozess wird der von der EMA behördlich festgestellte Mehrwert anerkannt. Orphan Drugs durchlaufen ein formal vereinfachtes Bewertungsverfahren im AMNOG. Bis zu einer bestimmten Umsatzschwelle ist der medizinische Zusatznutzen bei Orphan Drugs durch die vorherige europäische Zulassung belegt“, betont Dr. Joachimsen.
Deutsche Gesetzgebung darf Orphan Drugs nicht ausbremsen
„Doch mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) regulierte der deutsche Gesetzgeber nach und senkte die Umsatzschwelle bei Orphan Drugs. Wenn ein Zusatznutzen – wie immer wieder von interessierten Kreisen gefordert – bei Orphan Drugs im größeren Umfang nicht mehr anerkannt wird, ergibt sich eine gefährliche Gemengelage. Erstattungsbeträge würden auf ein Niveau gedrückt, dass eine wirtschaftliche Vermarktung für Hersteller ausschließt. Dadurch entfernt sich Deutschland immer weiter vom ursprünglichen Ziel, die Entwicklung von Orphan Drugs zu fördern“, kritisiert Dr. Joachimsen.
Orphan Drugs weiter fördern!
„Die Politik muss jetzt signalisieren, dass sie Therapieoptionen für seltene Erkrankungen fördern will. Sie sollte alles daransetzen, dem ungedeckten medizinischen Bedarf nachzukommen, um Menschen mit seltenen Leiden bestmöglich zu versorgen. Über 90% aller seltenen Leiden sind weiterhin nicht behandelbar. Gute Rahmenbedingungen für die Industrie sind daher unerlässlich. Es darf politisch nicht an zu vielen Stellschrauben gleichzeitig gedreht werden.“
Quelle:Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V.