Dienstag, 3. Dezember 2024
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Medizin

Defizite bei der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland

Defizite bei der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland
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Einer aktuellen Studie des Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) und des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung zufolge, ist Deutschland bei der durchschnittlichen Lebenserwartung nur Schlusslicht im Vergleich zu anderen westeuropäischen Ländern (1). Die Gründe hierfür sehen die Autor:innen hauptsächlich in Defiziten bei der Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bestehende kardiovaskuläre Erkrankungen werden außerdem zu spät erkannt und können deshalb oft nicht bestmöglich behandelt werden. Gerade in diesem Bereich schneidet Deutschland deshalb schlecht ab.
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Defizite bei der Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V. (DGK) begrüßt die Publikation dieser Studie (1) und die neue Aufmerksamkeit, die das Thema dadurch hoffentlich erfährt. Die kardiologischen Fachgesellschaften beklagen seit Jahren die Missstände in der Gesundheitspolitik, die Unterfinanzierung des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislaufforschung sowie die Defizite hinsichtlich der Aufklärung der Gesellschaft bei Präventions- und Notfallmaßnahmen, (Früh-) Selbst-Diagnostik und der Wahrnehmung von gesundheitsfördernden Angeboten (siehe hierzu u.a. das Positionspapier zur Forderung einer Nationalen Herzkreislauf-Strategie, Herbst 2021).

Nationale Herz-Allianz zur Verbesserung der Herzforschung und Patient:innenversorgung

Auf die Initiative der DGK hin wurde deshalb die Nationale Herz-Allianz (NHA) ins Leben gerufen, das langfristigste Aktionsbündnis in der Geschichte der deutschen Herzmedizin. Es vereint alle großen herzmedizinischen Gesellschaften Deutschlands sowie die Patientenvertretung mit dem Ziel, Konzepte zur Forschungsförderung, zur Verbesserung der Digitalisierung im Gesundheitswesen, zu Präventionsmaßnahmen und zur Verzahnung zwischen Kliniken und Niedergelassenen Ärzt:innen zu entwickeln, um so die Situation der Herz-Forschung und -Patient:innenversorgung in der Bundesrepublik nachhaltig zu verbessern.

Gründe für die niedrige Lebenserwartung der Deutschen

Zu den näheren Gründen für die niedrige Lebenserwartung der Deutschen im internationalen Vergleich, trotz der finanziellen Vorzüge, die die Bundesrepublik als führende Volkswirtschaft in Europa genießt, werden von der DKG folgende Gründe aufgeführt.

Prävention als Schwerpunkt in Deutschland noch nicht ausreichend etabliert

Prävention ist als Schwerpunkt in Deutschland noch nicht ausreichend etabliert. Als Beispiel sei hier aufzuführen, dass weniger als 20% der Hoch-Risiko-Patient:innen für Atherosklerose in Deutschland die gewünschten Zielwerte beim LDL-Cholesterin erreichen.
 
 

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Frühkindliches Screening auf familiäre Hypercholesterinämie – Weniger als 5% der Fälle werden erkannt

Darüber hinaus ist in Deutschland – anders als in anderen Ländern – das frühkindliche Screening für die relativ häufige Erbkrankheit familiäre Hypercholesterinämie (FH) nicht etabliert. Weniger als 5% der Fälle werden erkannt, Betroffene erleiden häufig bereits in jungen Jahren ohne Selbstverschulden durch ungünstige Lebensumstände einen Herzinfarkt durch Gefäßverschluss. Ein einfacher, kostengünstiger Bluttest im Rahmen der U9- bis J1-Untersuchung bei Kleinkindern könnte hier wichtige Hinweise auf Vorhandensein einer FH geben und eine rechtzeitige Therapie der Betroffenen ermöglichen.

Niedrige Influenza-Impfquoten in Deutschland

Es ist seit Jahren bekannt, dass Herz-Patient:innen ein 6-mal höheres Risiko haben, einen Myokardinfarkt zu erleiden, wenn sie sich mit Grippe infizieren. Dennoch hat Deutschland eine der niedrigsten Impfquoten für Influenza überhaupt, insbesondere innerhalb der Gruppe der Hoch-Risiko-Patient:innen mit Herzerkrankungen. Durch routinemäßiges Impfen, zum Beispiel in Kliniken bei Patient:innen mit akutem Herzinfarkt, könnten viele Sterbefälle verhindert werden, wie die IAMI-Studie gezeigt hat.

Screening für arterielle Hypertonie oder Hypercholesterinämie nicht etabliert

Screenings, etwa für arterielle Hypertonie oder Hypercholesterinämie sind anders als zum Beispiel Colon-CA-Screening, Prostata-CA Screening oder Brust-Krebs-Screening in Deutschland nicht etabliert. Dabei machten im Jahr 2021 laut der aktuellsten Erhebung des Statistischen Bundesamtes kardiovaskuläre Ereignisse ein Drittel (33,3%) der Todesursachen in der Bundesrepublik aus, Krebserkrankungen hingegen weniger als ein Viertel (22,4%). Dem ist hinzuzufügen, dass die Number-needed-to-screen für arterielle Hypertonie bzw. Hypercholesterinämie um ein Vielfaches geringer als bei den genannten Krebs-Erkrankungen ist und damit eine viel höhere Effektivität erreichen kann. Die DGK plädiert daher für die Aufnahme eines regelmäßigen Herz-Check-Ups ab einem Alter von 50 Jahren in die medizinische Grundversorgung.
 
 

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Screening für Herzinsuffizienz ebenfalls nicht in Deutschland etabliert

Ebenfalls nicht in Deutschland etabliert ist ein Screening für Herzinsuffizienz. In Deutschland haben ca. 4 Millionen Einwohner:innen eine Herzinsuffizienz, die damit zu den Volkskrankheiten gehört. Basierend auf anderen Studien kann man davon ausgehen, dass für jede:n erkannte:n Patient:in mit Herzinsuffizienz mindestens genauso viele Patient:innen unerkannt bleiben. Da insbesondere Herzinsuffizienz besser behandelt werden kann, je früher sie erkannt wird, könnten die Betroffenen bei rechtzeitiger Diagnose und Therapie nicht nur länger leben, sondern auch eine weitaus höhere Lebensqualität genießen.

Geringe Bereitschaft zur Durchführung einer Herz-Lungen-Reanimation in der Deutschen Bevölkerung

Deutschland liegt im europäischen Vergleich im unteren Drittel bei der Bereitschaft in der Bevölkerung, im Notfall eine Herz-Lungen-Reanimation bei einer fremden Person durchzuführen. Diese Quote könnte durch verpflichtenden Unterricht in Schulen für Reanimationsschulungen perspektivisch wie in anderen Ländern deutlich erhöht werden. Zusätzlich wird in Deutschland das eigentlich in den Leitlinien empfohlene telefonische Anleiten von Laien bei der Reanimation durch die Rettungsleitstellen viel zu selten angewendet.

App-basierte Alarmierung für Ersthelfer:innen wird zu wenig genutzt

Auch eine App-basierte Alarmierung für Ersthelfer:innen wird in Deutschland nur in weniger als 5% der Fälle genutzt. Dabei könnten geschulte Ersthelfer:innen, die sich in der Nähe befinden, mittels dieser Software zielgenau zu den Patient:innen geführt werden, wo sie ihnen lebenswichtige Zeit durch Reanimation und Anleitung von Umstehenden erkaufen könnten, bis die Rettungskräfte eintreffen.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK)

Literatur:

(1) Studie des Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) und des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung.



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