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Medizin

DGIM: Wie Datenschutz in Deutschland Patient:innen gefährdet

DGIM: Wie Datenschutz in Deutschland Patient:innen gefährdet
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Deutschland steht bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems weit hinter anderen Ländern zurück. Der Bedarf an Weiterentwicklung und Anpassung ist mittlerweile auf allen Ebenen – IT-technologisch, organisatorisch, rechtlich – höchst dringlich. Besonders deutlich wird das beim Blick auf den aktuell in Deutschland praktizierten Datenschutz – der mitunter buchstäblich Menschenleben gefährdet, weil etwa der Austausch wichtiger Patient:innendaten zwischen Klinikabteilungen oder die Auswertung von Daten zu Studienzwecken erschwert oder verhindert werden. Auf der Pressekonferenz anlässlich des 128. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM) am 2. Mai 2022 diskutieren Kongress-Präsident Markus M. Lerch, der Vorstandsvorsitzende der Charité Heyo K. Kroemer, der Moderator und Wissenschaftsjournalist Eckart von Hirschhausen und die Sprecherin der Jungen DGIM Anahita Fathi über die dringlichsten „Baustellen“ der digitalen Transformation, aber auch über damit verbundene Chancen und Herausforderungen für Patient:innen und Ärzteschaft.
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Leben und Gesundheit durch Digitalisierung schützen

„Leben und Gesundheit der Menschen in Deutschland könnten besser geschützt werden, wenn endlich die Möglichkeiten der Digitalisierung im Gesundheitswesen verantwortlich und wissenschaftlich sinnvoll genützt würden“ – zu diesem dringlichen Appell kommt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR Gesundheit) in seinem aktuellen Gutachten von März 2021. Viele der Forderungen im Gutachten werden seit Langem formuliert – passiert ist in den letzten Jahren jedoch wenig.
 
 

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Patient:innendaten nicht vor Nutzung, sondern vor Missbrauch schützen

„Auf der rechtlichen Ebene ist eine der dringlichsten Baustellen unser Umgang mit Daten und mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Gesundheitswesen – eine Verordnung, die zwar europaweit gilt, jedoch vor allem in Deutschland in einer Art und Weise ausgelegt wird, die mitunter Leib und Leben von Patientinnen und Patienten gefährdet“, sagt DGIM Kongress-Präsident Prof. Dr. med. Markus M. Lerch, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender am LMU Klinikum München. „Denn anstatt Patient:innendaten vor Missbrauch zu schützen, verhindern wir tatsächlich den Zugang und die Nutzung der Daten.“ Dies führe teils zu absurden Situationen und gefährde im äußersten Fall sogar Menschenleben. „Der Datenschutz kann etwa dazu führen, dass ein Arzt in der Notaufnahme aufgrund einer technischen Zugriffsblockade nicht die Behandlung desselben Patienten oder derselben Patientin durch den Facharzt einsehen kann, da der Notfallmediziner nicht an der ursprünglichen Behandlung beteiligt war.“ Statt auf Zugriffsblockaden zu setzen, müsse, wie in anderen Ländern, der Zugriff dokumentiert und – im Falle eines Missbrauchs – bestraft werden, so Lerch.

„Datensparsamkeit“ erschwert medizinischen Erkenntnisgewinn 

Ein anderer Datenschutz-Grundsatz und dessen Umsetzung in Deutschland wird vor allem für den medizinischen Erkenntnisgewinn zum Problem: Die „Datensparsamkeit“ meint das Erfragen und Dokumentieren nur der unmittelbar notwendigen personenbezogenen Daten und Informationen. „Dies mag sinnvoll sein, um die Sammelwut von Internetkonzernen einzudämmen – völlig kontraproduktiv aber ist dieser Grundsatz, wenn es um klinische Daten einzelner Patientinnen und Patienten oder um medizinische Daten aus klinischen Studien geht, bei Krankheitsregistern oder bei populationsbasierten epidemiologischen Untersuchungen“, so Lerch. „Je umfassender die eingeschlossenen Daten sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, bisher unbekannte Zusammenhänge aufzudecken: zwischen Medikamenten und ihren Nebenwirkungen oder unerwarteten Gesundheitseffekten, zwischen Laborparametern, Biomarkern oder Umwelteinflüssen und der Entstehung von Krankheiten.“ Dass bei von Steuergeldern finanzierten Studien teils Daten nicht mehr für andere als die ursprünglichen Fragestellungen ausgewertet werden dürften, oder sogar nach einer Frist vernichtet werden müssten, sei eine ungeheuerliche Verschwendung wissenschaftlicher, menschlicher und wirtschaftlicher Ressourcen, so der DGIM-Vorsitzende. Diesbezügliche Anpassungen seien hochdringlich.
 
 

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Auswirkungen der Digitalisierung in der klinischen Praxis

Neben dem Problemfeld DSGVO sind weitere Themen der Pressekonferenz die akuten Herausforderungen beim Vorantreiben der digitalen Infrastruktur sowie die Notwendigkeit eines Kulturwandels im Gesundheitssystem im Zuge der digitalen Transformation – hierzu wird der Vorstandsvorsitzende der Charité, Prof. Dr. rer. nat. Heyo Kroemer, sprechen. Prof. Dr. med. Eckart von Hirschhausen wird den Stellenwert der analogen Ärzt:innen-Patient:innen-Kommunikation im 21. Jahrhundert thematisierten und die Fragen beleuchten: Führen digitale Entscheidungshilfen zu mehr „Shared decision making“ in Klinik und Praxis? Und was wirkt gegen mangelnde Gesundheitskompetenz und Fake News in Zeiten von Pandemie und Infodemie? Die Sprecherin der AG Junge DGIM Dr. med. Anahita Fathi wird darüber berichten, wo die junge Ärzt:innengeneration die dringlichsten Baustellen in Sachen Digitalisierung sieht. Wie und welche digitalen Kompetenzen in der Breite der Medizin integriert werden müssen, und welchen Beitrag die DGIM dazu leisten möchte, ist Thema auf einer weiteren Pressekonferenz am 2. Mai 2022 ab 14.00 Uhr.

Quelle: DGIM


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