Herzinfarkt-Symptome bei Frauen werden oft falsch interpretiert
Herzinfarkt ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit. Frauen, die einen Herzinfarkt erleiden, haben eine höhere Sterblichkeitsrate als Männer. Dieser Befund bereitet Kardiolog:innen seit Jahrzehnten Sorge und hat zu medizinischen Kontroversen über die Ursachen und Auswirkungen allfälliger Behandlungslücken geführt. Das Problem fängt bei den
Symptomen an: Im Gegensatz zu Männern, die meist einen schmerzhaften Druck auf der Brust mit Ausstrahlung in den linken Arm verspüren, führt ein Herzinfarkt bei Frauen häufig zu Bauchschmerzen und einem Ausstrahlen in den Rücken oder Übelkeit und Erbrechen. Diese Symptome werden aber von den Betroffenen und den erstbetreuenden Ärzt:innen oft falsch interpretiert – mit verhängnisvollen Folgen.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema:
Aufklärungsbedarf: Weibliche Herzinfarktsymptome wenig bekannt
Erschienen am 07.04.2022 • Wie viele können die typisch weiblichen Symptome eines Herzinfarkts richtig zuordnen? Lesen Sie hier die Ergebnisse einer Umfrage der BKK VBU.
Erschienen am 07.04.2022 • Wie viele können die typisch weiblichen Symptome eines Herzinfarkts richtig zuordnen? Lesen Sie hier die...
© Adiano - stock.adobe.com
Risikoprofil und Krankheitsbild eines Herzinfarkts ist bei Frauen anders als bei Männern
Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Thomas F. Lüscher, Professor am Zentrum für Molekulare Kardiologie der Universität Zürich (UZH), hat die
Rolle des biologischen Geschlechts bei Herzinfarkten nun genauer untersucht. „Unsere Untersuchung zeigt, dass sich Frauen und Männer in ihrem Risikofaktorprofil bei der Aufnahme ins Krankenhaus deutlich unterscheiden. Auch das Krankheitsbild von Frauen und Männern mit Herzinfarkt ist unterschiedlich“, sagt Lüscher. So weisen Patientinnen eine höhere Sterblichkeit auf als Patienten, wenn man die Altersunterschiede bei der Einlieferung und bestehende Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Diabetes außer Acht lässt. „Werden diese Unterschiede aber statistisch berücksichtigt, weisen Frauen und Männer eine ähnliche Sterblichkeit auf“, ergänzt der Kadiologe.
Aktuelle Herzinfarkt-Risikomodelle begünstigen Unterbehandlung von Patientinnen
In ihrer Studie, die in Lancet publiziert wurde, haben die Forschenden aus der Schweiz und dem Vereinigten Königreich die Daten von 420.781 Patient:innen aus ganz Europa mit der häufigsten Art von Herzinfarkt analysiert. „Die Studie zeigt unter anderem, dass etablierte Risikomodelle, die das derzeitige Patientenmanagement steuern, bei Frauen weniger genau sind und die Unterbehandlung weiblicher Patienten begünstigen“, sagt Erstautor Florian A. Wenzl vom Zentrum für Molekulare Medizin der UZH. „Mit Hilfe von
maschinellem Lernen und den größten Datensätzen in Europa haben wir einen neuartigen Risiko-Score entwickelt, der geschlechtsspezifische Unterschiede im Risikoprofil berücksichtigt und die Vorhersage der Sterblichkeit bei Frauen und Männern verbessert“, so Wenzl.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema:
Geschlechtsspezifische Ungleichheiten in der medizinischen Versorgung: Herzinsuffizienz ist auch Frauensache
Erschienen am 25.08.2022 • Ob es geschlechtsspezifische Ungleichheiten in der medizinischen Versorgung der Herzinsuffizienz bei Frauen gibt, erfahren Sie hier
Erschienen am 25.08.2022 • Ob es geschlechtsspezifische Ungleichheiten in der medizinischen Versorgung der Herzinsuffizienz bei...
©Adiano - stock.adobe.com
KI-basierte Risikoprofile verbessern individualisierte Versorgung von Patient:innen mit Herzinfarkt
Viele Forschenden und Biotech-Unternehmen sind sich einig, dass künstliche Intelligenz und die Analyse von Big Data der nächste Schritt auf dem Weg zur personalisierten Patientenversorgung sind. „Unsere Studie läutet die Ära der künstlichen Intelligenz in der Behandlung von Herzinfarktpatient:innen ein“, sagt Wenzl. Moderne Computeralgorithmen können aus großen Datensätzen lernen und genaue Vorhersagen über die Prognose einzelner Patient:innen treffen. Und diese sind wiederum der Schlüssel zu individualisierten Behandlungen.
KI bietet großes Potenzial zur Verbesserung der Therapie von Herzerkrankungen
Lüscher und sein Team sehen großes Potenzial in der Anwendung von KI zur Verbesserung der Therapie von Herzerkrankungen sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Patienten. „Wir hoffen, dass der Einsatz der neuen Risikobewertung die derzeitigen Behandlungsstrategien verfeinern, geschlechtsspezifische Ungleichheiten verringern und letztlich das Überleben insbesondere von Frauen mit Herzinfarkt verbessern wird“, sagt Lüscher.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema:
Wie ein erneuter Schlaganfall oder Herzinfarkt verhindert werden kann
Erschienen am 11.05.2022 • Lesen Sie bei uns, wie ein erneuter Schlaganfall verhindert werden kann! Erfahren Sie, welche Rolle dabei LDL-Cholesterin spielt!
Erschienen am 11.05.2022 • Lesen Sie bei uns, wie ein erneuter Schlaganfall verhindert werden kann! Erfahren Sie, welche Rolle dabei...
© tussik - stock.adobe.com