Dienstag, 21. Januar 2025
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Medizin

Zukunft der MS-Therapie: Neue Ansätze zur Kontrolle der Progression

Zukunft der MS-Therapie: Neue Ansätze zur Kontrolle der Progression
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Der Blick auf das Krankheitsgeschehen bei Multipler Sklerose (MS) hat sich verändert. So untermauern neueste Forschungsergebnisse die Hypothese, dass MS nicht – wie bisher angenommen – in separaten Phasen verläuft, sondern von Beginn an durch ein progredientes Krankheitsbild mit schwelendem Entzündungsprozess geprägt ist (1). Im Rahmen der Fortbildungsveranstaltung „MScience.Mshift." wurden aktuelle Erkenntnisse, neue Studiendaten, Kongresshighlights sowie zukünftige Therapieoptionen im Bereich der MS diskutiert. So sei eine Kombination aus persistierender Entzündung im ZNS, Neurodegeneration und Verlust von Kompensationsmechanismen für die schwelende Krankheitsprogression ursächlich (2).

PIRA als wichtigster Treiber der Progression

Auch wenn frühzeitig mit verfügbaren Disease Modifying Therapies (DMT) behandelt werde, komme es bei vielen Patient:innen zu einer schubunabhängigen Behinderungsprogression, der sogenannten PIRA (Progression Independent of Relapse Activity), berichtete Prof. Luisa Klotz, Münster. PIRA gilt als klinisches Korrelat der schwelenden Neuroinflammation, tritt über das gesamte MS-Spektrum auf und beginnt bereits früh im Krankheitsverlauf (3). Bisherige Therapien scheinen die schleichende Progression allerdings nicht ausreichend zu adressieren. Eine Gruppe mit besonders hohem medizinischem Bedarf sind Menschen mit nicht-schubförmiger sekundär progredienter MS (nrSPMS), für die bislang noch keine Therapien zugelassen sind. Der gehirngängige Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor (BTKi) Tolebrutinib könnte hier neue Therapieoptionen eröffnen, denn er zeigte im Phase-III-Studienprogramm vielversprechende Ergebnisse. Kürzlich erhielt Tolebrutinib deshalb von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) den Status einer "Breakthrough Therapy" für die Behandlung von nicht- schubförmiger sekundär progredienter MS. Grundlage dafür waren die Daten der HERCULES-Studie.

HERCULES-Studie: Tolebrutinib verminderte deutlich die Behinderungsprogression

Die Phase-III-Studie HERCULES untersuchte Wirksamkeit und Sicherheit von Tolebrutinib gegenüber Placebo bei Patient:innen mit nrSPMSa. Die Teilnehmer:innen wurden im Verhältnis 2:1 randomisiert auf eine tägliche orale Dosis Tolebrutinib oder Placebo und über einen Zeitraum von bis zu 48 Monaten behandelt. Ein besonderes Charakteristikum der Studie war, dass die Patient:innen eine niedrige fokale Entzündungsaktivität bei gleichzeitig messbarer Krankheitsprogression zeigten. „Der primäre Endpunkt, die Verzögerung der Zeit bis zum Einsetzen einer nach 6 Monaten bestätigten Behinderungsprogression, wurde in beeindruckender Weise erreicht. So betrug die relative Risikoreduktion für den primären Endpunkt 31% nach 45 Monaten (p=0,0026) (4) – das sind Ergebnisse mit deutlicher statistischer Power“, kommentierte Prof. Ziemssen. Darüber hinaus erzielten doppelt so viele Patient:innen eine nach 6 Monaten bestätigte Verbesserung der Behinderung (Confirmed Disability Improvement; CDI; sekundärer Endpunkt) im Vergleich zu Placebo (10 vs. 5%; p=0,021) (4). Außerdem war die jährliche Rate neuer/sich vergrößernder T2 Läsionen unter Tolebrutinib signifikant reduziert (p=0,011) (4).
 
 

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Leberenzyme in den ersten 3 Monaten überwachen

Unter der Einnahme von BTKi könnten Erhöhungen der Leberenzymwerte auftreten, erinnerte Prof. Ziemssen. In der HERCULES-Studie hatten 4,1% der Teilnehmer:innen in der Tolebrutinib-Gruppe erhöhte Leberenzymwerte (>3xULN) verglichen mit 1,6% in der Placebogruppe. Eine Überwachung der Leberenzymwerte sollte vor allem in den ersten 90 Tagen der Behandlung erfolgen, waren sich die Referent:innen einig.

GEMINI-Studien: Tolebrutinib vs. Teriflunomid bei schubförmiger MS

Die Phase-III-Studien GEMINI I und GEMINI II beurteilten Wirksamkeit und Sicherheit von Tolebrutinib im Vergleich zu Teriflunomid bei Patient:innen mit schubförmiger MS (RMS). Im Hinblick auf die Reduktion der jährlichen Schubrate (ARR) war Tolebrutinib mit dem Komparator Teriflunomid vergleichbar. Somit hat die Studie den primären Endpunkt nicht erreicht (5). „Spannend sind allerdings die Ergebnisse zum sekundären Endpunkt, die gepoolten 6-Monatsdaten zur Bestätigung einer Behinderungsprogression. Hier schnitt Tolebrutinib signifikant besser ab als Teriflunomid und bewirkte eine 29%ige Risikoreduktion für die Entwicklung einer bestätigten Behinderungsprogression“, erklärte Prof. Klotz.

„Betrachtet man die Studiendaten aus HERCULES und GEMINI I und II gemeinsam, so scheint Tolebrutinib die dem Fortschreiten der Krankheit zugrunde liegende Pathophysiologie, das heißt die schwelende Neuroinflammation, unabhängig von der Kontrolle der fokalen Entzündungsaktivität zu beeinflussen“, resümierte Prof. Klotz.

Quelle: Sanofi

Literatur:

(1) Scalfari A et al. Ann Neurol. 2024;96(5):826-845. DOI: 10.1002/ana.27034
(2) Tur C et al. JAMA Neurol. 2023;80(2):151-160. DOI: 10.1001/jamaneurol.2022.4655
(3) Lublin FD et al. Brain 2022;145:3147-3161. DOI: 10.1093/brain/awac016
(4) Fox RJ et al. ECTRIMS 2024 Kopenhagen, Dänemark, Presentation #O136
(5) Oh J et al. ECTRIMS 2024, Kopenhagen, Dänemark, Presentation #O135

 



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