Montag, 30. Dezember 2024
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Medizin

Welttag der vernachlässigten Tropenkrankheiten – Wirkstoffe in der klinischen Prüfung

Welttag der vernachlässigten Tropenkrankheiten – Wirkstoffe in der klinischen Prüfung
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Über eine Milliarde Menschen weltweit sind in Gefahr, durch vernachlässigte Tropenkrankheiten (Neglected Tropical Diseases – NTDs) krank, entstellt oder arbeitsunfähig zu werden oder gar daran zu sterben. Insbesondere in den ärmsten Weltregionen, wo sauberes Wasser, sanitäre Einrichtungen und Gesundheitsversorgung für viele Menschen nicht oder nur eingeschränkt zugänglich sind, haben Viren, Bakterien, Parasiten, Pilze oder auch Giftschlangen leichtes Spiel. Die Folge sind schwere Erkrankungen wie Flussblindheit oder Schlafkrankheit, Dengue-Fieber, Lepra oder die Auswirkungen von Schlangenbissen. Da diese Krankheiten Menschen in Industrieländern und auch Reisende selten gefährden, werden sie auch im Hinblick auf Gelder für Forschung und Therapien vielfach vernachlässigt. Afrika gehört zu den Regionen, in denen vernachlässigte Tropenkrankheiten quasi als „Volkskrankheiten“ auftreten. „Sie gehören in den betroffenen Ländern oftmals zu den häufigsten Krankheitsursachen“, sagt der stellvertretende Koordinator des DZIF-Forschungsbereichs Malaria und vernachlässigte Tropenkrankheiten, Prof. Achim Hörauf vom Universitätsklinikum Bonn.
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Corallopyronin A: Antibiotikum gegen Onchozerkose verursachende Bakterien

Ein Beispiel ist die Flussblindheit (Onchozerkose), eine durch die Larven von Fadenwürmern hervorgerufene Infektion der Augenhornhaut, die bei 1 von 20 Betroffenen zum Visusverlust und bei jedem Hundertsten zur Erblindung führt. Die Gefahr einer Infektion mit diesen Filarien ist an Flüssen besonders groß, da sich dort ihr Überträger, die Kriebelmücke, aufhält. Etwa 21 Millionen Menschen sind infiziert. DZIF-Wissenschaftler:innen um Prof. Hörauf, Prof. Marc Hübner, Dr. Kenneth Pfarr und Dr. Andrea Schiefer am Universitätsklinikum Bonn haben das Antibiotikum Corallopyronin A entwickelt, das gegen bestimmte Bakterien wirkt, die in den Fadenwürmern leben und für diese lebensnotwendig sind. Derzeit noch in der präklinischen Phase mit einem für 2024 geplanten Übergang in eine humane Phase 1 Studie, ist Corallopyronin A einer der vielversprechendsten Wirkstoffkandidaten für die Behandlung tropischer Filiarieninfektionen. In der Pipeline der Bonner Wissenschaftler:innen befinden sich darüber hinaus noch eine Reihe weiterer Wirkstoffkandidaten für die Therapie von Wurmerkrankungen.

Studien untersuchen Breitband-Antiwurmmittel bei Loiasis

Zusammen mit Prof. Michael Ramharter, Koordinator des DZIF (Deutsches Zentrum für Infektionsforschung)-Forschungsbereichs Malaria und vernachlässigte Tropenkrankheiten und Abteilungsleiter für Klinische Forschung des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNITM), führen Prof. Hörauf, Prof. Hübner und Dr. Klarmann-Schulz auch klinische Studien zur Behandlung der Wurmerkrankung Loiasis in der zentralafrikanischen Region durch. Mithilfe der Studien möchten die Wissenschaftler:innen herausfinden, ob bestimmte Breitband-Antiwurmmittel in der Lage sind, den sogenannten afrikanischen Augenwurm, Loa loa, erfolgreich zu eliminieren. An den Studien sind auch Wissenschaftler:innen am Centre de Recherches Médicales de Lambaréné (CERMEL) in Gabun – einer Afrikanischen Partnerinstitution des DZIF – maßgeblich beteiligt.
 
 

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Bilharziose: Zweithäufigste parasitäre Tropenerkrankung nach Malaria

Die Bilharziose, auch Schistosomiasis genannt, ist nach Malaria die zweithäufigste parasitäre Tropenerkrankung weltweit. Der Erreger ist ein Saugwurm, der sich vom menschlichen Blut ernährt. Die Infektion erfolgt durch Kontakt mit Süßwasser, wo sich die Larven in Süßwasserschnecken entwickeln. Die Würmer können verschiedene Organe schwer schädigen und bei Frauen unter anderem die Fruchtbarkeit einschränken. DZIF-Wissenschaftler:innen um Dr. Daniela Fusco am Hamburger BNITM arbeiten daran, die Diagnostik und vor allem Schnelltests für Bilharziose weiterzuentwickeln. Das Ziel ist, die Prävalenz von Bilharziose in Madagaskar genauer zu bestimmen und die Betroffenen gezielter zu behandeln. Eine weitere vom DZIF unterstützte Studie unter der Leitung von Prof. Ramharter und Dr. Johannes Mischlinger vom BNITM in Zusammenarbeit mit dem CERMEL und Prof. Kremsner vom Universitätsklinikum Tübingen untersucht eine neue Strategie der präventiven Therapie für Schistosomiasis bei Schulkindern in Hochendemiegebieten Gabuns.

Forschende arbeiten an der Verbesserung der Diagnostik und Therapie der Schistosomiasis

Auch am Institut für Tropenmedizin, Reisemedizin und Humanparasitologie des Universitätsklinikums Tübingen arbeiten DZIF-Wissenschaftler:innen intensiv zu Schistosomiasis und Filarien. Eine Schistosomiasis geht oft mit einer Infektion durch weitere Parasiten einher. „In Afrika, vor allem in der Sub-Sahara-Region, sind die Menschen häufig von 2 oder 3 Parasitenarten gleichzeitig befallen“, erklärt Dr. Carsten Köhler. Im Rahmen von DZIF-geförderten Projekten arbeiten er und seine Kolleginnen Dr. Meral Esen, Dr. Andrea Kreidenweiss und Dr. Jana Held an der Verbesserung und Entwicklung der Diagnostik und Therapie für Neuinfektionen mit juvenilen Schistosomen – einem frühen Entwicklungsstadium der Würmer – und erforschen chronische Infektionen mit innovativen immunologischen Methoden.
 
 

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Zusammenspiel von Wurmerkrankungen und Infektionen mit dem HI-Virus

Wissenschaftler:innen am Tropeninstitut des LMU Klinikums München um PD Dr. Inge Kroidl erforschen das Zusammenspiel von bestimmten Wurmerkrankungen und HIV-Infektionen. Sie fanden im Rahmen einer Kohorten-Studie in Tansania heraus, dass eine Infektion mit dem Wurm Wuchereria bancrofti das Risiko für eine Ansteckung mit HI-Viren um das 2- bis 3-fache erhöht. Zu der Frage, ob die Behandlung des Wurmes auch das Risiko für eine HIV-Infektion senkt, gibt es bereits erste positive Ergebnisse. Die Co-Infektion von Schistosoma haematobium mit HIV oder dem Humanen Papillomavirus (HPV) ist ein weiterer Forschungsschwerpunkt in München, welcher gemeinsam mit Frau Prof. Clarissa Prazeres da Costa von der Technischen Universität München untersucht wird. Dass auch Schistosomiasis genitale Veränderungen verursachen kann, ist sowohl Ärzt:innen als auch Patient:innen noch wenig bekannt. Die bisherigen Diagnostika sind zudem eher unzuverlässig. „Diese Problematik soll im DZIF-Forschungsschwerpunkt "Vernachlässigte Tropenkrankheiten" gezielt untersucht und verbessert werden“, erläutern Prof. Prazeres da Costa und PD Dr. Kroidl.

Quelle: Deutsches Zentrum für Infektionsforschung


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