Neue Erkenntnisse zur T-Zell-Erschöpfung – Körper rüstet sich früh für unterschiedliche Krankheitsgrade
Auch bei unkomplizierten Infektionen stellt der Körper sich schon zu Krankheitsbeginn auf einen potenziell schweren Krankheitsverlauf ein. Dies haben Forschende der Technischen Universität München (TUM) und von Helmholtz Munich herausgefunden. Das Team konnte zeigen, dass der Körper zu Beginn unkomplizierter Erkrankungen auch spezielle T-Zellen bildet, die bislang nur bei chronischen, schweren Infektionen und in Tumoren nachgewiesen worden waren (1).
T-Zell-Erschöpfung: Schutzmechanismus mit Schattenseiten
Es gibt verschiedene Gruppen von T-Zellen im Körper, sie alle spielen eine entscheidende Rolle für das Immunsystem. Sie bekämpfen Krankheitserreger und steuern die Immunreaktion. Manche Subtypen von ihnen reduzieren aber im Krankheitsverlauf ihre Schlagkraft oder stellen ihre Aktivität sogar komplett ein. Dies hat eigentlich eine Schutzfunktion: Bei einigen langwierigen Krankheiten würde es dem Körper schaden, wenn das Immunsystem die Erreger ununterbrochen aggressiv bekämpft. In der Therapie schwerer Erkrankungen wie Krebs ist die sogenannte T-Zell-Erschöpfung jedoch ein Problem, da Therapiemaßnahmen dann mitunter nicht mehr greifen.
T-Zell-Erschöpfung beginnt früher als bisher angenommen
Bislang ging man davon aus, dass der Körper ausschließlich bei schweren und chronischen Erkrankungen solche T-Zellen bildet. Die Ergebnisse der Forschenden der TUM und von Helmholtz Munich zeigen nun, dass dem nicht so ist. „Wir konnten nachweisen, dass der Körper bereits in frühen Infektionsphasen moderater Krankheiten T-Zell-Subtypen vorbereitet, die in sich die Anlage zur Erschöpfung haben“, sagt Dietmar Zehn, Professor für Tierphysiologie und Immunologie an der TUM und Letztautor der Studie.
Verschiedene T-Zellen für verschiedene Zwecke
Das Team leitet aus der Entdeckung ab, dass der Körper schon früh zu Krankheitsbeginn eine Mischung unterschiedlicher T-Zellen zusammenstellt, um sich so für verschiedene Krankheitsverläufe zu wappnen. Je nach Krankheitsverlauf stehen ihm dann Zellen zur Verfügung, um die Immunantwort aggressiv oder sanfter zu gestalten – und unter Umständen eben auch abzubrechen.
„Unsere Ergebnisse erweitern die klassische Vorstellung von der Entstehung von T-Zell-Erschöpfung“, sagt Dietmar Zehn. „Wir gehen deshalb davon aus, dass unsere Beobachtungen dazu beitragen, die Mechanismen hinter der T-Zell-Erschöpfung weiter zu entschlüsseln.“ Diese Prozesse besser zu verstehen, könnte zukünftig dabei helfen, die Immunreaktion gezielt zu steuern – etwa um das Immunsystem bei Krebserkrankungen zu stärken oder um eine übermäßige Abwehr abzuschwächen, wie sie zum Beispiel für schwere Covid-Verläufe typisch ist.
Quelle:Technische Universität München
Literatur:
- (1)
Chu T et al. Nature (2025). doi: https://doi.org/10.1038/s41586-024-08451-4