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Parkinson

Mit deutschlandweit 400.000 Betroffenen ist Morbus Parkinson hierzulande die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung nach der Alzheimer Demenz. Sie ist nach wie vor nicht heilbar – noch nicht. Denn die Parkinson-Forschung steht an einem entscheidenden Wendepunkt: Die Fortschritte der letzten Jahre haben eine kausale Therapie so nahe gebracht wie nie zuvor.

Zwei Wirkstoff-Targets im Fokus

Einer der vielversprechenden Therapieansätze zielt auf Alpha-Synuklein ab, dessen Aggregation in den Nervenzellen zentrale Bedeutung für die Pathogenese von Parkinson hat, so Prof. Dr. Kathrin Brockmann, Oberärztin der Neurologischen Klinik und Leiterin der Parkinson-Ambulanz am Universitätsklinikum Tübingen. „Prasinezumab greift in Stoffwechselwege ein und verhindert die Fehlfaltung und Ablagerung von Alpha-Synuklein“. Daten der PASADENA-Studie (1) zeigten Anfang 2024, dass der Antikörper bei Betroffenen mit schneller Progression im Frühstadium der Erkrankung Vorteile bietet. Durch eine längere Gabe über 4 Jahre hinweg verlangsamte sich das Fortschreiten der motorischen Einschränkungen (2). „Ermutigt durch diese positiven Resultate“, ist nun die Folgestudie PADOVA (3) gestartet. Laut Prof. Brockmann untersucht diese die Effekte von Prasinezumab als Zusatztherapie zur bestehenden symptomatischen Behandlung im Frühstadium von Parkinson.

„Der 2. wichtige Zielmechanismus ist weiterhin der GLP-1-Weg“, betont Prof. Brockmann. Denn die Aktivierung des GLP-1-Rezeptors hat starke neuroprotektive Effekte. So verlangsamt der GLP-1 Rezeptoragonist Lixisenatid das Fortschreiten der Parkinson-Symptome in einem zwar geringen, aber statistisch signifikanten Umfang (4).

Biomarker: Schlüssel zu Früherkennung und Therapie

Mit Biomarkern, messbaren biologischen Indikatoren, kann der pathologische Prozess frühzeitig aufgezeigt und der Verlauf abgebildet werden. Bislang, so Prof. Dr. Brit Mollenhauer, Chefärztin der Paracelsus-Elena-Klinik Kassel und Leiterin der AG „Translationale Biomarkerforschung“ der Universitätsmedizin Göttingen, „gab es jedoch bei Parkinson nur wenige akkurate Biomarker“. Das ändert sich gerade durch Neuerungen in der Biomarker-Forschung, die vor allem für die Früherkennung immense Bedeutung hat. Ein Meilenstein ist die Entwicklung eines Seed Amplification Assay (SAA), mit dem sich erstmals fehlgefaltetes Alpha-Synuklein in vivo statt wie bisher nur post mortem nachweisen lässt. „Die Proben werden aus der Nervenflüssigkeit entnommen“. Der Test besitzt mit einer Treffsicherheit von 97% zur Unterscheidung zwischen Parkinson-Erkrankten und Gesunden (5) laut Prof. Mollenhauer „eine sehr hohe Sensitivität und Spezifität“. Bis zu 10 Jahre vor der Manifestation motorischer Symptome können so potenzielle Patient:innen identifiziert werden. Derzeit entwickelt die Göttinger Biomarker-Forscherin mit ihrem Team einen Bluttest, der praktikabler als die Liquor-Untersuchung ist. Diese blutbasierte Proteinanalyse kann mit KI-Unterstützung die Erkrankung bei Risikopersonen anhand von 8 Proteinen bis zu 7 Jahre vor dem Auftreten motorischer Symptome vorhersagen (6).

Hinweise als Biomarker kann auch das Darmmikrobiom geben: Veränderungen in dessen Zusammensetzung wurden als potenzielle mikrobielle Biomarker für Parkinson identifiziert und bieten Ansatzpunkte für personalisierte Diagnostik und Therapien (7). „Auch digitale Biomarker spielen eine wichtige Rolle, um motorische und nichtmotorische Symptome als Grundlage für eine zielgerichtete Therapie objektiv zu erfassen“.

Förderungen in Rekordhöhe

Insgesamt 2,3 Millionen Euro werden zum Welt-Parkinson-Tag am 11. April 2025 an 6 Forschungsprojekte vergeben. Damit ist der Leuchtturm-Projektverbund laut Prof. Dr. Jens Volkmann, erster Vorsitzender der Parkinson-Stiftung und Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Würzburg, eine der bedeutendsten Förderinitiativen auf dem Gebiet der Parkinson-Forschung aus privaten Spendengeldern im deutschsprachigen Raum. Alle 6 Forschungsprojekte befassen sich mit der frühen Intervention zur Krankheitsmodulation.

Welt-Parkinson-Tag am 11. April 2025

Anlässlich dessen veranstaltet die Parkinson-Stiftung einen digitalen Informationstag über Schlaf und Bewegung als wichtige und effektive Therapiebausteine bei Morbus Parkinson: www.parkinsonstiftung.de/wpt25.

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Quelle:

Online-Pressekonferenz „Welt-Parkinson-Tag 2025 – Fortschritte in Früherkennung, Diagnostik und Therapie“ am 7.04.25. Veranstalter: Deutsche Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG).

Literatur:

(1)

Pagano G. et al. Trial of Prasinezumab in Early-Stage Parkinson's Disease. N Engl J Med. 2022; 387 (5): 421 – 432.

(2)

Pagano G. et al. Sustained effect of prasinezumab on Parkinson’s disease motor progression in the open-label extension of the PASADENA trial. Nat Med 2024; 30: 3669 – 3675.

(3)

Nikolcheva et al. A Phase 2b, multicenter, randomized, double-blind, placebo-controlled study to evaluate the efficacy and safety of intravenous prasinezumab in early-stage Parkinson's disease (PADOVA). Parkinsonism Relat Disord. 2025; 132: 107257.

(4)

Meissner W. G. et al. Trial of Lixisenatide in Early Parkinson’s Disease. N Engl J Med. 2024; 390 (13): 1176 – 1185.

(5)

Siderowf A. et al. Assessment of heterogeneity among participants in the Parkinson's Progression Markers Initiative cohort using α-synuclein seed amplification. Lancet Neurol. 2023; 22 (5): 407 – 417.

(6)

Hällqvist J. et al. Plasma proteomics identify biomarkers predicting Parkinson's disease up to 7 years before symptom onset. Nat Commun. 2024; 15 (1): 4759.

(7)

Zhao Z. et al. Microbial biomarker discovery in Parkinson's disease through a network-based approach. NPJ Parkinsons Dis. 2024; 10 (1): 203.