DGAI-Datenbank OrphanAnesthesia: Mehr Sicherheit für Patient:innen mit seltenen Erkrankungen
Zur Verbesserung der Patientensicherheit hat die Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) die Datenbank OrphanAnesthesia aufgebaut, die standardisierte Handlungsempfehlungen für die anästhesiologische Versorgung von Patient:innen mit seltenen Erkrankungen bietet. Derzeit enthält die Plattform Empfehlungen zu 230 seltenen Erkrankungen. Jüngste Ergänzung ist die Empfehlung zur anästhesiologischen Versorgung von Patient:innen, die am CLOVES-Syndrom (Congenital Lipomatous Overgrowth-Vascular Malformation-Epidermal Nevi-Syndrome) leiden.
Jüngste Empfehlung: Anästhesie bei CLOVES-Syndrom
Das CLOVES-Syndrom hat eine Prävalenz von weniger als 1:1.000.000 und geht mit Fehlbildungen des Fettgewebes, vaskulären Malformationen, Hautveränderungen sowie Wirbelsäulen- und Skelettanomalien einher. Aufgrund der geringen Fallzahlen fehlen in der klinischen Praxis häufig erprobte Vorgehensweisen. So haben Menschen, die daran erkrankt sind, mit einem erhöhten Risiko für Gefäßverschlüsse, Atemwegskomplikationen und instabilem Kreislauf unter Anästhetika zu kämpfen. Bei Unfällen, geplanten Operationen, aber auch Zahnarztbesuchen oder gar einer bevorstehenden Geburt kann das zu einem deutlich erhöhten Risiko für Komplikationen führen.
„Unsere Empfehlungen zum CLOVES-Syndrom stehen exemplarisch für die Herausforderungen, denen sich Anästhesieteams bei seltenen Erkrankungen stellen müssen“, sagt Projektleiterin Dr. Christine Gaik. „Eine sorgfältige präoperative Planung ist durch das erhöhte Risiko für thromboembolische Ereignisse, Atemwegskomplikationen und einer Kreislaufinstabilität unerlässlich. OrphanAnesthesia stellt den anästhesiologischen Teams hier entscheidende Informationen bereit, um diese Risiken zu meistern“, erläutert sie.
Handlungsempfehlungen für eine sichere Anästhesie von Patient:innen mit seltenen Erkrankungen
Neben einer kurzen Beschreibung der Erkrankung und typischen Eingriffen enthalten die Handlungsempfehlungen praxisrelevante Hinweise zur Auswahl des Anästhesieverfahrens, dessen Vorbereitung und Durchführung sowie zur postoperativen Überwachung. Ergänzt werden diese durch Informationen zum Blutungsmanagement sowie zur ambulanten und geburtshilflichen Anästhesie. Seit 2022 sind in den Empfehlungen zudem Informationen zum Notfallmanagement integriert. Diese bieten in zeitkritischen Situationen eine strukturierte Übersicht anhand des international etablierten ABCDE-Versorgungsschemas und unterstützen die Anästhesie-Teams auch im Notfall bei der Versorgung von Patient:innen mit seltenen Erkrankungen.
OrphanAnesthesia wurde bereits 2005 initiiert
Initiiert wurde OrphanAnesthesia bereits 2005 vom wissenschaftlichen Arbeitskreis Kinderanästhesie der DGAI. Die Handlungsempfehlungen sind standardisiert, durchlaufen nach Erstellung einen internationalen Peer-Review Prozess und werden in der digitalen Datenbank gespeichert. „Damit konzentriert das Projekt das breit gestreute Wissen aus wissenschaftlichen Publikationen und Erfahrungen anerkannter Expertinnen und Experten und stellt es Fachleuten, Patientinnen und Patienten sowie Selbsthilfeorganisationen zur Verfügung“, erläutert Prof. Dr. Tino Münster, der das Projekt von Beginn an federführend betreut und erst vor kurzem an seine beiden Nachfolger abgegeben hat.
Netzwerk soll weiter ausgebaut werden
Mit dem Projekt leiste die DGAI einen wichtigen Beitrag, um weltweit standardisierte und evidenzbasierte Versorgung sicherzustellen, fasst DGAI-Generalsekretär Prof. Dr. Bernd Zwißler zusammen. „Dabei stehen wir vor der Aufgabe, unser Netzwerk weiter auszubauen und den Austausch mit internationalen Expertinnen und Experten zu intensivieren.“ Zwißler ermutigt deshalb gerne Fachkolleginnen und -kollegen, sich aktiv zu beteiligen – sei es bei der Erstellung oder Begutachtung von Empfehlungen oder der Informationsweitergabe an Patientenorganisationen. „Jeder Beitrag ist wertvoll!“
Weitere Informationen zum Projekt unter: www.orphananesthesia.eu
Quelle:Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI)