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Normotherme Maschinenperfusion: Mehr Zeit und Sicherheit für die Lebertransplantation

Die normotherme Lebermaschinenperfusion (NLMP) ist eine Technik zur Konservierung von Spenderlebern, die bei Lebertransplantationen eingesetzt wird. Bei dieser Methode wird das Organ bei Körpertemperatur (normotherm) bis zur Transplantation mit Blut oder einem blutbasierten Sauerstoffträger und damit mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt. Mit Hilfe der NLMP kann die gesamte Präservationszeit erheblich verlängert werden. Mit dem Mangel an optimalen Spenderorganen hat sich auch der Bedarf an der NLMP-Technik erhöht, die vor allem bei Organen mit einem höheren Risikoprofil zum Einsatz kommt. Die NLMP ermöglicht dabei eine Bewertung der Organfunktion vor der Transplantation. Diese Technologie erlaubt auch eine größere zeitliche Flexibilität und damit eine bessere Planbarkeit von Lebertransplantationen.

Erfolgreicher Praxistest für innovative Konservierungsmethode

Die als Durchbruch in der Transplantationschirurgie gefeierte NLMP-Technologie wird zunehmend in der klinischen Routine eingesetzt. Die Univ.-Klinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie an der Medizinischen Universität Innsbruck – eines der führenden Transplantationszentren in Europa – war eine der ersten Einrichtungen weltweit, an der diese Technik im klinischen Alltag realisiert wurde. Ein Team um Stefan Schneeberger, Rupert Oberhuber, Benno Cardini und Erstautor Felix Krendl liefert nun mit einer neuen Beobachtungsstudie erstmals Daten aus der klinischen Praxis über einen Zeitraum von 5 Jahren. „Wir haben zwischen Februar 2018 und Januar 2023 die Wirksamkeit der NLMP-Methode mit der herkömmlichen statischen Kältekonservierung (SCS, Static-Cold-Storage) bei 332 in Innsbruck durchgeführten Lebertransplantationen verglichen und können somit den Nachweis der Effizienz mit hohen Fallzahlen und unter ‚Real-World‘-Bedingungen erbringen“, betont Stefan Schneeberger, an dessen Klinik mit 60 bis 80 durchgeführten Lebertransplantationen pro Jahr ideale Studienbedingungen gegeben sind.

Details aus der Beobachtungsstudie

Von 332 zwischen 2018 und 2023 an Erwachsenen durchgeführten Lebertransplantationen wurden 174 nach NLMP und 158 nach SCS durchgeführt. Die 1-Jahres-Transplantatüberlebensrate bei Benchmark-Fällen lag bei 93,4%. In der Gesamtkohorte wurden 83,8% für SCS und 81,3% für NLMP erreicht. Die Studie zeigt außerdem, dass die NLMP-Technologie die Transplantation von 67 Organen ermöglichte, die ohne diese innovative Konservierung nicht hätten transplantiert werden können. Im Untersuchungszeitraum sank mit dem zunehmenden Einsatz der NLMP auch die Anzahl nächtlicher Transplantationen signifikant von 41,9 auf 4,2 Prozent.

Bessere Vorbereitung bringt Flexibilität im klinischen Alltag

„Diese Ergebnisse zeigen sehr deutlich, dass die NLMP eine bessere Überprüfung, Vorbereitung und Auswahl der Organe zulässt, sodass mehr Transplantationen durchgeführt und trotz vermeintlich höherem Risikoprofil am Papier, die Transplantationen mit gleichem Ergebnis durchgeführt werden können“, kommentiert Chirurg Felix Krendl die zentralen Erkenntnisse. Die Analyse aus dem Innsbrucker Zentrum zeigt vor allem auch, dass die verlängerte Organ-Konservierungszeit mittels NLMP die logistische Planung erleichtert und Operationen viel häufiger am Tag angesetzt werden können. „Wir haben schon vor Jahren auf den Wert von ‚Daytime Transplantationen‘ hingewiesen. Nun liefern wir den entscheidenden Beleg für den Mehrwert und die logistischen Benefits der NLMP, die sich problemlos in das Routineprogramm integrieren lässt. Durch die NLMP gewinnt der Faktor Zeit in der Transplantation eine völlig neue Bedeutung. Wir gewinnen Flexibilität im klinischen Alltag, das stellt für die OP-, Personal- und Ressourcenplanung eine echte Lösung dar“, betont Schneeberger.

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Quelle:

Medizinische Universität Innsbruck

Literatur:

(1)

Krendl F et al. Ann Surg. 2025;281(5):872-883. doi: 10.1097/SLA.0000000000006634