Gespaltenes Amerika: Abtreibungsverbote vielerorts schon in Kraft
Frauen in Amerika finden sich einer neuen Realität wieder: Nach der hoch umstrittenen Entscheidung des Supreme Courts erlassen immer mehr Bundesstaaten strikte Abtreibungsverbote. Und einige Konservative wollen noch weit mehr erreichen.
Oberstes US-Gericht kippt liberales Abtreibungsrecht
Das oberste US-Gericht hatte am Freitag das liberale Abtreibungsrecht des Landes gekippt. Der mehrheitlich konservativ besetzte Supreme Court machte damit den Weg für strengere Abtreibungsgesetze frei – bis hin zu kompletten Verboten. Einige Staaten hatten bereits Verbotsgesetze vorbereitet für diesen Fall – sogenannte Trigger Laws. In einigen Bundesstaaten traten diese sofort in Kraft, in anderen dauert es etwa einen Monat, bis diese greifen. In vielen Staaten, etwa in Missouri oder Oklahoma, drohen Ärzten, die Abtreibungen durchführen, nun lange Gefängnisstrafen.In den USA gibt es kein landesweites Gesetz, das Abtreibungen erlaubt oder verbietet. Schwangerschaftsabbrüche waren bislang aber mindestens bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt – heute etwa bis zur 24. Woche. Dies hatten zwei Urteile des Obersten US-Gerichts sichergestellt, die nun gekippt wurden. Nun dürfen die Bundesstaaten über das Recht auf Abtreibung entscheiden. In rund der Hälfte der Staaten dürfte Abtreibung nun innerhalb weniger Monate stark eingeschränkt oder verboten werden.
Die Gouverneure unter anderem aus Kalifornien, Oregon, Washington, Massachusetts, New Jersey und New York bekannten sich ausdrücklich zu ihrer liberalen Haltung bezüglich Abtreibungen. Frauen können nun theoretisch in diese Staaten reisen, um eine Abtreibung durchführen zu lassen. Allerdings können sich das viele schlicht nicht leisten. Befürchtet wird, dass in ihrer Not wieder vermehrt Frauen den gefährlichen Weg einschlagen, zu versuchen, selbst eine Abtreibung vorzunehmen.
Mehrere US-Unternehmen unterstützen Mitarbeiterinnen
Angesichts der Entwicklung bieten mehrere große US-Unternehmen ihren Mitarbeiterinnen an, im Fall eines Schwangerschaftsabbruches mögliche Reisekosten für einen Besuch in einem anderen Bundesstaat zu übernehmen. Eine Reihe von Konzernen wie etwa die Café-Kette Starbucks oder der Online-Handelsriese Amazon hatten solche Regelungen angesichts der drohenden Entscheidung des Supreme Courts bereits zuvor in Aussicht gestellt. Nach der Verkündung der Gerichtsentscheidung kündigten diverse weitere Firmen entsprechende Schritte an. Der Outdoor-Spezialist Patagonia sagte außerdem zu, mögliche Kautionskosten zu tragen für Mitarbeiter, die friedlich für „reproduktive Gerechtigkeit“ demonstrierten und festgenommen würden.Demonstrationen mit mehreren Tausend Menschen
Bereits am Freitag hatten in mehreren Großstädten der USA Tausende Menschen spontan gegen das Urteil protestiert, darunter in der Hauptstadt Washington, in New York, Los Angeles, San Francisco, Chicago, Austin, Denver und Philadelphia. Am Wochenende folgten weitere Demonstrationen. Am Samstag etwa versammelten sich erneut mehrere Hundert Menschen vor dem Supreme Court, um gegen die Entscheidung des Gerichts zu protestieren. Eine Mehrheit der Amerikaner befürwortet Umfragen zufolge das Recht auf Abtreibung.Lesen Sie mehr zu diesem Thema:
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Erschienen am 04.05.2022 • Das Abtreibungsrecht ist in den USA immer wieder Thema heftiger Auseinandersetzungen. Bisher gibt es kein landesweites Gesetz, das Abtreibungen erlaubt oder verbietet.
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Demokraten fehlen nötige Stimmen im Kongress
Die Demokraten würden das Recht auf Abtreibung gerne per Gesetz bundesweit regeln. Doch dazu fehlen ihnen die nötigen Stimmen im Kongress. Der demokratische US-Präsident Joe Biden kann dieses Recht nicht einfach per Dekret wiederherstellen. Er hofft, bei der Kongresswahl im November eine notwendige Mehrheit für ein solches Gesetz für seine Partei zu bekommen. Umfragen deuten aber eher in die andere Richtung – auf Zugewinne für die Republikaner. Und die konservative Mehrheit am obersten Gericht ist ohnehin auf längere Sicht zementiert. Richter dort werden auf Lebenszeit ernannt.Lesen Sie mehr zu diesem Thema:
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Erschienen am 12.05.2022 • Die US-Demokraten möchten das Recht auf Abtreibung mit einem bundesweiten Gesetz sicherstellen.
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dpa