Menschen mit afrikanischer Herkunft haben ein erhöhtes Risiko für die Entstehung einer chronischen Nierenerkrankung
Im Verlauf von
chronischen Nierenerkrankungen können viele Menschen nur mithilfe der Dialyse oder einer Nierentransplantation weiterleben. Die wichtigsten Risikofaktoren für die Entwicklung einer chronischen Nierenerkrankung sind
Diabetes,
Bluthochdruck und Herzinsuffizienz. Allerdings haben Menschen mit afrikanischer Herkunft gegenüber Kaukasiern ein 4-fach erhöhtes Risiko für die Entstehung einer chronischen Nierenerkrankung. Auch verläuft die Erkrankung bei ihnen deutlich aggressiver. Daran sind 2 Genvarianten beteiligt.
Chronische Nierenerkrankungen und APOL1-Genvarianten
Eine genomweite Assoziationsstudie brachte 2010 2 Varianten des Apolipoprotein-1-Gens (APOL1) auf dem Chromosom 22 mit dem erhöhten Auftreten einer chronischen Nierenerkrankung in Menschen mit afrikanischer Herkunft in Verbindung. Diese beiden Genvarianten haben sich vermutlich entwickelt, weil sie einen evolutionären Vorteil bieten: Sie schützen Personen, die diese Genvarianten tragen, vor der
afrikanischen Schlafkrankheit und deren Erregern Trypanosoma brucei rhodesiense und gambiense. Der Nachteil: Kommt es zur Expression der Genvarianten in den Nierenzellen, führt das zum Fortschreiten von Nierenerkrankungen (APOL1-Nephropatie). Der Verlauf der Erkrankung ist jedoch individuell unterschiedlich. Begleitfaktoren wie Virusinfektionen, die die Genexpression von APOL1 anregen, beschleunigen ihn.
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Hypoxie: Neuer Risikofaktor für chronische Nierenerkrankungen
Das Forschungsteam des Uniklinikums Erlangen konnte im Rahmen des Transregionalen Sonderforschungsbereiches TRR374 (Teilprojekt C5) zusammen mit Kolleg:innen des Universitätsklinikums Münster erstmals zeigen, dass auch Hypoxie sowohl die Genexpression von APOL1 als auch die krankmachenden Varianten in Nierenzellen anregt und damit die Entwicklung chronischer Nierenerkrankungen beschleunigt. Hypoxie tritt in der Niere etwa bei Blutarmut oder im Rahmen eines akuten Nierenversagens auf. Das Forschungsteam identifizierte ein DNA-Element, das in der Nähe des APOL1-Gens liegt und dieses reguliert. Binden die bei einer Hypoxie aktiv werdenden Hypoxie-induzierbaren Transkriptionsfaktoren (HIF) an das DNA-Element, steigert dies die Expression des APOL1-Gens. Das heißt, es wird aktiver. Eine gesteigerte Expression des APOL1-Gens könnte wiederum die Nieren weiter schädigen.
APOL1-Gen wird auch durch Medikamente gegen chronische Niereninsuffizienz aktiviert
Als Folge der Entdeckung macht das Forschungsteam um Johannes Schödel und Steffen Grampp auf ein weiteres Problem aufmerksam: Neue Medikamente für Menschen mit chronischer Niereninsuffizienz und renaler Anämie wirken wie eine Hypoxie und aktivieren damit die HIF. Dadurch wird über Zwischenstationen die Bildung von roten Blutkörperchen angeregt und somit der Sauerstoffgehalt des Blutes erhöht. Gleichzeitig wird jedoch APOL1 aktiviert – auch die Genvarianten, die eine chronische Niereninsuffizienz beschleunigen können. Aus diesem Grund sollten HIF-stabilisierende Medikamente bei Personen, die diese Risiko-Genvarianten tragen, zunächst mit Vorsicht eingesetzt werden.
(1) Steffen Grampp et al. Hypoxia hits APOL1 in the kidney, Kidney International, Elsevier, 2023.