Diabetes + Depression erhöht Sterblichkeit stark
In einer Studie wurde die Sterblichkeitsrate von
Diabetes-Patient:innen untersucht. Ergebnis: Bei Patient:innen, die zusätzlich unter einer schwerwiegenden depressiven Störung litten, war die Sterblichkeit im Beobachtungszeitraum von 3 Jahren um das 2,3-fache erhöht. Selbst bei weniger schweren Depressionen ergab sich noch eine 1,7-fach höhere Sterblichkeit.
Wie hängen Diabetes und Depression zusammen?
Eine Ursache für depressive Verstimmungen unter Diabetikern ist recht naheliegend. Wer die Diagnose „Diabetes“ erhält, muss sich auf starke Einschränkungen bei seiner Lebensführung einstellen. Diabetes bedeutet für die Betroffenen, ein Leben lang Insulin zu spritzen und zu messen, Medikamente einzunehmen und auf die Ernährung zu achten. Das erfordert strikte tägliche Planung und Kontrolle. Hinzu kommt die Furcht vor Unterzuckerung und möglichen Langzeitfolgen wie Amputationen, Sehstörungen, Nierenschädigungen, Herz-Kreislauf-Krankheiten und Sexualstörungen.
Einschränkungen für Diabetes-Betroffene können zu Depressionen führen
Die Mehrzahl der Betroffenen meistert ihren Alltag dennoch erfolgreich und ist dabei genauso leistungsfähig wie Nicht-Diabetiker:innen. Doch einige empfinden die Diagnose und die damit einhergehenden Einschränkungen als so niederschmetternd und beängstigend, dass sie Depressionen entwickeln.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema:
Depression: Was kann der Hausarzt tun?
Erschienen am 01.08.2021 • Hausärzte sind für depressive Patienten oft die ersten Ansprechpartner. Lesen Sie hier alles zu Depression, Selbsttest, Diagnose und Behandlung.
Erschienen am 01.08.2021 • Hausärzte sind für depressive Patienten oft die ersten Ansprechpartner. Lesen Sie hier alles zu...
© tostphoto - stock.adobe.com
Erhöhter Zytokinspiegel erhöht Risiko für Depressionen
Neben der Psychologie spielt aber auch die Biochemie eine Rolle bei der Entstehung von Depressionen unter Diabetes-Patient:innen: Bei Diabetiker:innen finden sich im Blut häufig auch erhöhte Mengen an Zytokinen. Das sind entzündungsfördernde Botenstoffe, die oft dann entstehen, wenn ein Mensch viel Bauchfett angesetzt hat und sich wenig bewegt. Eine erhöhte Zytokin-Produktion kann wiederum die Entstehung von Depressionen fördern. Ein weiterer biochemischer Faktor, der speziell Männer mit Typ-2-Diabetes betrifft, ist der Testosteronmangel. Rund 50% der erkrankten Männer haben einen zu niedrigen Testosteronspiegel, was ebenfalls als depressionsfördernd gilt.
Depression erhöht Risiko für Diabetes
Diabetes kann also zu Depressionen führen. Doch andersherum kann eine Depression auch die Entstehung von Diabetes begünstigen, wie die medizinische Forschung in den letzten Jahren herausgefunden hat. Vermutet wird hier ein Zusammenhang mit der allgemeinen Antriebslosigkeit, die üblicherweise ein Symptom bei depressiven Menschen ist.
Es fehlt ihnen damit auch der Antrieb, sich gesund zu ernähren oder Sport zu machen. Ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel sind aber die Hauptursachen für Diabetes.
Depression erschwert adäquate Diabetes-Therapie
An dieser Stelle kommt der Teufelskreis so richtig in Gang: Wer bereits eine Depression hat, wenn er an Diabetes erkrankt, ist aufgrund seiner Antriebslosigkeit erst recht kaum in der Lage, eine fordernde Diabetestherapie zu bewältigen.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema:
Unzureichende Versorgung von Depression, Diabetes und Adipositas
Erschienen am 26.10.2021 • Depressionen, Angst und Essstörungen – noch immer ist die psychische Versorgung von Menschen mit Diabetes unzureichend. Bei uns erfahren Sie mehr!
Erschienen am 26.10.2021 • Depressionen, Angst und Essstörungen – noch immer ist die psychische Versorgung von Menschen mit Diabetes...
© New Africa - stock.adobe.com
Cortisol hemmt Insulin-Wirkung
Doch auch die Biochemie spielt hier wieder eine Rolle. Depressionen rufen hormonelle Veränderungen im Körper hervor. Im Blutkreislauf von depressiven Menschen finden sich oft überhöhte Cortisol-Konzentrationen. Das Hormon Cortisol wird in Stresssituationen verstärkt ausgeschüttet und verbessert das Reaktionsvermögen. Cortisol ist aber auch der Gegenspieler des blutzuckersenkenden Hormons Insulin. Je mehr Cortisol in der Blutbahn zirkuliert, desto schlechter die Wirkung von Insulin und infolgedessen desto höher das Diabetes-Risiko.
Psychodiabetologie unterstützt Diabetiker:innen bei der Krankheitsbewältigung
Die Medizin hat aber mittlerweile erkannt, dass im Hinblick auf die unheilvolle Wechselwirkung von Diabetes und Depression Handlungsbedarf besteht. In den letzten Jahren wurde das Fachgebiet der Psychodiabetologie etabliert. Psychotherapeuten können sich in diesem Fach weiterbilden, um insbesondere Menschen mit Diabetes zu behandeln. Ziel ist es, Diabetiker:innen bei der Krankheitsakzeptanz und -bewältigung, bei allen Aspekten der Verhaltensänderung (z. B. Motivation, Einhaltung der Selbstkontrolle, bei Gewichtsabnahme oder dem Umgang mit Folgeerkrankungen) sowie dem Selbstmanagement der Erkrankung zu unterstützen.