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Ernährung, Darmmikrobiota und chronisch entzündliche Darmerkrankungen – eine verhängnisvolle Dreiecksbeziehung

von Priv.-Doz. Dr. rer. nat. Nadine Kretschmer

Ernährung, Darmmikrobiota und chronisch entzündliche Darmerkrankungen – eine verhängnisvolle Dreiecksbeziehung
© Sebastian Kaulitzki - stock.adobe.com
Der menschliche Magen-Darm-Trakt beherbergt eine komplexe und dynamische Gemeinschaft von Mikroorganismen, die als Darmmikrobiota oder Darmmikrobiom bekannt ist. Dieses Mikrobiom spielt eine zentrale Rolle bei zahlreichen physiologischen Prozessen, darunter Verdauung, Stoffwechsel und Immunfunktion. Jüngste Forschungsarbeiten haben den bedeutenden Einfluss der Ernährung auf die Zusammensetzung und Funktionalität der Darmmikrobiota und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit aufgezeigt. Gleichzeitig gibt es immer mehr Belege für einen Zusammenhang zwischen der Darmmikrobiota und Entzündungen und dass dies einen Schlüsselfaktor bei vielen chronischen Krankheiten inklusive chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) darstellt.
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Wie hält uns das Darmmikrobiom gesund?

Das Mikrobiom des Darms stellt das größte Mikrobiom des Menschen dar und bildet in seiner Gesamtheit die Darmflora. Die Zusammensetzung und Funktionalität der Darmmikrobiota wird durch die Ernährung stark beeinflusst, wobei unterschiedliche Ernährungsmuster erhebliche Veränderungen in den mikrobiellen Gemeinschaften bewirken. Die Darmmikrobiota moduliert außerdem das Immunsystem und Entzündungsreaktionen durch verschiedene Mechanismen. Nützliche Bakterien tragen dazu bei, die Integrität der Darmbarriere aufrechtzuerhalten und so die Aufnahme von schädlichen Krankheitserregern und Toxinen in den Blutkreislauf zu verhindern. Sie produzieren Stoffwechselprodukte wie kurzkettige Fettsäuren (SCFA), die entzündungshemmend wirken und die Immunhomöostase unterstützen. Ein Ungleichgewicht in der Darmflora, die so genannte Dysbiose, kann diese Schutzmechanismen stören und zu einer erhöhten Darmdurchlässigkeit, systemischen und lokalen Entzündungen sowie einer Beeinträchtigung der Struktur und Funktion der Darmbarriere führen.

Wer lebt eigentlich in unserem Darm?

Die Zusammensetzung der Darmmikrobiota umfasst Pilze, Bakterien, Viren und Parasiten. Schätzungen gehen davon aus, dass in unserem Darm die 10-fache Anzahl von mikrobiellen Zellen lebt, als der menschliche Körper Zellen besitzt. Diese mikrobiellen Zellen wiegen in etwa 2 kg und repräsentieren bis zu 5.000 verschiedene Arten. Prevotella, Ruminococcus, Bacteroidetes und Firmicutes gehören dabei zu den wichtigsten Bakteriengattungen. Die Firmicutes sind beim durchschnittlichen Erwachsenen am weitesten verbreitet, gefolgt von den Bacteroidetes. Die 3 Untergruppen der Firmicutes stellen Eubacterium, Ruminococcus und Clostridium dar. Es gilt als erwiesen, dass das Verhältnis der Firmicutes zu den Bacteroidetes sowohl Gesundheit als auch Krankheit beeinflusst. Eine Änderung der Zusammensetzung der Ernährung kann sich auf dieses Verhältnis auswirken, da die Ernährung nachweislich einer der Faktoren ist, die die bakterielle Zusammensetzung am stärksten verändern kann. Die Bakterien reagieren dabei meist innerhalb von 24 Stunden auf Veränderungen in der Ernährung.

Auswirkungen einer mediterranen Ernährung auf das Darmmikrobiom

Die Wechselwirkung zwischen der Ernährung und der Darmmikrobiota ist bidirektional: Während die Ernährung die Zusammensetzung und Aktivität der Bakterien beeinflusst, beeinflussen die Bakterien, wie die Inhaltsstoffe der Lebensmittel metabolisiert werden. Die mediterrane Ernährung ist eine abwechslungsreiche Ernährung, die durch den Verzehr von vielen Nüssen, viel Gemüse, Obst und Olivenöl, den moderaten Verzehr von Fisch, Geflügel und Wein, sowie den geringen Verzehr von rotem Fleisch und verarbeiteten Lebensmitteln gekennzeichnet ist. Der Ballaststoffgehalt dieser Ernährungsform ist dadurch entsprechend hoch, was auch zu einer erhöhten Produktion von SCFAs und anderen entzündungshemmenden Mediatoren führt. Die mediterrane Ernährung ist das am häufigsten empfohlene pflanzenbasierte Ernährungsmuster, für das es auch eine Fülle von Belegen an positiven Effekten gibt.

So wurde zum Beispiel in zahlreichen Studien über eine erhöhte Abundanz von Bifidobakterien, Prevotella, Bacteroides und Enterococcus berichtet. In einer anderen Studie wurde festgestellt, dass Faecalibacterium prausnitzii, Roseburia und Lachnospiraceae bei mediterraner Ernährung häufiger vorkamen, während Ruthenibacterium lactatiformans, Flavonifractor plautii, Parabacteroides merdae, Ruminococcus torques und Ruminococcus gnavus weniger häufig vorkamen. Auch einzelne Lebensmittel wurden in diesem Rahmen untersucht. So führte zum Beispiel der Verzehr von Walnüssen zu einer höheren relativen Häufigkeit der Gruppen Eubacterium eligens, Leuconostocaceae, Lachnospiraceae und Roseburia.

Mikrobielle Stoffwechselprodukte liefern außerdem einige der überzeugendsten Beweise für mikrobiotisch vermittelte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Tryptophan, eine wichtige Aminosäure, die in vielen Lebensmitteln wie Fisch, Huhn, Milchprodukten und Getreide enthalten ist, ist ein Beispiel dafür, wie sie von Mikroben bei mediterraner Ernährung verstoffwechselt wird. Die dabei vorherrschenden Mikrobiota sind in der Lage, Tryptophan in winzige Verbindungen umzuwandeln, die an den Arylkohlenwasserstoffrezeptor (AhR) binden und die enteroendokrinen Zellen veranlassen können, mehr Glucagon-like Peptide 1 (GLP-1) auszuschütten. Eine Abnahme der AhR-Liganden und der GLP-1-Ausschüttung sowie eine beeinträchtigte Darmbarrierefunktion wurden sowohl in Untersuchungen an Menschen als auch an Tieren mit dem metabolischen Syndrom in Verbindung gebracht.

Auswirkungen einer westlichen Ernährung auf das Darmmikrobiom

Der geringe Verzehr von Obst und Gemüse und der hohe Verzehr von tierischen Proteinen, gesättigten Fetten, raffinierten Kohlenhydraten und Zucker sind Merkmale der westlichen Ernährung. Daraus folgt auch eine geringe Zufuhr von Ballaststoffen, Mineralstoffen und Vitaminen, die zum Teil aber wichtige Nährstoffe für Bakterien darstellen, die unsere Gesundheit positiv beeinflussen. Dementsprechend finden sich bei dieser Ernährung vermehrt Bacteroides spp., Alistipes spp. und Bilophila spp., während Lactobacillus spp., Roseburia spp. und E. rectale, Vertreter der nützlichen Bakterien, abnehmen. In einer kürzlich durchgeführten Studie wurde der Einfluss von Makronährstoffen in der Ernährung, insbesondere Zucker und ungesättigten Fettsäuren, auf die Anzahl der Bakterien im Stuhl bei Mäusen untersucht. Dabei waren vor allem gesättigte Fette ein Schlüsselfaktor für Veränderungen in der Zusammensetzung der Darmmikrobiota, die mit einem Fortschreiten von Fettleibigkeit, Diabetes und Entzündungen in Verbindung gebracht wurden.

Eine westliche Ernährung ist außerdem gekennzeichnet durch hohe Mengen an Zusatzstoffen aus der Lebensmittelverarbeitung, wie z. B. synthetische Emulgatoren. Diese Emulgatoren verändern bei Mäusen nachweislich die Darmmikrobiota, verringern die Dicke der Schleimbarriere und fördern Darmentzündungen und Stoffwechselstörungen. In einer kürzlich durchgeführten randomisierten, kontrollierten klinischen Studie am Menschen wurde außerdem beobachtet, dass die mikrobielle Vielfalt, die SCFA-Produktion und der Gehalt an freien Aminosäuren durch eine Nahrungsergänzung mit Emulgatoren während einer kurzen Ernährungsintervention bei gesunden Teilnehmern deutlich reduziert wurde. Bei einigen Patient:innen nahm auch die Dicke des Darmschleims, selbst während dieser kurzen Intervention, deutlich ab. Dies kann wiederum entzündliche Prozesse befeuern. Insgesamt scheint das Milieu, das durch stark verarbeitete Mahlzeiten im Darm entsteht, die Mikrobiota in einer Weise zu verändern, die eine Vielzahl von Entzündungskrankheiten wie CED begünstigt.

Auswirkungen einer vegetarischen Ernährung auf das Darmmikrobiom

Gemüse, Obst, Getreide, Hülsenfrüchte und Nüsse machen den größten Teil einer vegetarischen Ernährung aus, aber auch Milchprodukte und Eier sind gelegentlich enthalten. Durch den Verzicht vor allem auf rotes Fleisch werden die aus Tieren gewonnenen gesättigten Fettsäuren reduziert. Eine vegetarische Ernährung wurde mit einer höheren relativen Abundanz von Taxa in Verbindung gebracht, die SCFAs produzieren, nämlich Eubacterium biforme, F. prausnitzii, Eubacterium rectale und Akkermansia. Außerdem wird mit einer pflanzlichen Ernährung nach bisherigen Erkenntnissen ein hoher Gehalt an Prevotella-Arten in Verbindung gebracht, die zu den entzündungshemmenden Darmbakterien zählen.

In einer Interventionsstudie zur menschlichen Ernährung wurde dazu die bakterielle Zusammensetzung auf Grundlage dessen untersucht, was die Teilnehmer als ihre regelmäßige Ernährung angaben. Bei Patient:innen mit vegetarischem Ernährungsverhalten wurde eine Anreicherung von Prevotella beobachtet, während in den Mikrobiomen derjenigen, die sich westlich ernährten, eine Anreicherung von Bacteroides festgestellt wurde. Die Forscher:innen stellten auch fest, dass sich die Zusammensetzung des Mikrobioms von 10 Teilnehmern, wenn sie die Ernährung wechselten, innerhalb von 24 Stunden nach der Einnahme der anderen Diät entsprechend veränderte.

Auswirkungen von Mikronährstoffen und Phytochemikalien auf die Zusammensetzung der Darmmikrobiota

Derzeit besteht noch Bedarf an umfassenderen Studien am Menschen, um die Rolle spezifischer Mineralien und Spurenelemente bei der Modulation der Darmmikrobiota vollständig zu verstehen. Dennoch gibt es auch in diesem Bereich erste Ergebnisse. Vitamine sind organische Verbindungen, die der menschliche Körper nicht selbst produzieren kann und in sehr geringen Mengen für die normale physiologische Funktion unerlässlich sind. Die Darmmikrobiota ist in der Lage, Vitamine wie z. B. Thiamin, Riboflavin, Niacin, Biotin, Pantothensäure, Folat und Vitamin K zu produzieren. Darüber hinaus haben mehrere Studien gezeigt, dass Vitamin D die Zusammensetzung der Mikrobiota beeinflussen kann, indem es die Zahl der potenziell vorteilhaften Bakterienstämme erhöht. Die Darmmikrobiota werden außerdem durch Antioxidantien wie Carotinoide beeinflusst, was in der Folge die Menge an vorteilhaften Bifidobakterien und Laktobazillen inklusive ihrer entzündungshemmenden Metaboliten erhöht.

Auch essenzielle Mineralien und Spurenelemente sind am menschlichen Stoffwechsel beteiligt und interagieren aktiv mit der Darmflora. In einer Humanstudie erhöhte z. B. eine 8-wöchige Einnahme von 1000 mg Kalzium pro Tag die Menge von Clostridium XVIII in den Stuhlproben von Männern. Andere Studien haben gezeigt, dass nach dem Verzehr von Eisen die Zahl der schädlichen Bakterien zunahm, während die Zahl der guten Bakterien abnahm. Bei anderen Studien kam es allerdings zu gegenteiligen Ergebnissen. Ein weiteres wichtiges Element, das die Integrität des Darmepithels bewahrt, ist Zink. Dieses beeinflusst möglicherweise auch die gute Darmmikrobiota auf positive Weise. Die Auswirkungen einer Jodsupplementierung auf die Darmflora scheinen von der Fettmenge in der Ernährung beeinflusst zu werden. In einem Tiermodell korrigierte Jod zwar den Schilddrüsenhormonstatus, führte aber auch zu einer Darmdysbiose, die durch einen Rückgang hilfreicher Bakterien wie Faecalibacterium prausnitzii und einen Anstieg ungesunder Bakterien gekennzeichnet war. Andererseits förderte die gleiche Jod-Dosis die guten Bakterien wie Bifidobacterium, Lactobacillus, Faecalibacterium und Allobaculum im Rahmen einer fettarmen Ernährung.
 
Die Dreiecksbeziehung Ernährung, Darmmikrobiota und Entzündungen

Mechanismen der Interaktion zwischen Darmmikrobiota und Immunsystem

Die Wechselwirkung zwischen der Darmmikrobiota und dem Immunsystem ist von grundlegender Bedeutung für die Entwicklung und Funktion des Immunsystems sowie für die Aufrechterhaltung der Darmhomöostase und der allgemeinen Gesundheit. Von Geburt an ist die Darmmikrobiota maßgeblich an der Gestaltung des menschlichen Immunsystems beteiligt. Die Darmmikrobiota beeinflusst so auch die Regulationsmechanismen des Immunsystems, indem sie entzündungshemmende Reaktionen fördert und die Immuntoleranz aufrechterhält. Bestimmte Darmbakterien wie Bifidobacterium und Lactobacillus induzieren die Produktion von entzündungshemmenden Zytokinen wie IL-10 und regulatorischen T-Zellen, die dazu beitragen, übermäßige Immunreaktionen zu unterdrücken und die Homöostase des Darms aufrechtzuerhalten. Eine Dysbiose kann diese Regulationswege stören, was zu chronischen Entzündungen und verschiedenen Entzündungskrankheiten, einschließlich CED, beiträgt.

Durchlässigkeit der Darmbarriere als weiterer wichtiger Parameter

Die Darmbarriere ist eine dynamische Struktur, die auf eine Vielzahl von Reizen reagieren und mit ihnen in Kontakt treten kann. Die Integrität und Funktion der Darmbarriere werden durch verschiedene Faktoren reguliert, darunter die Ernährung, mikrobielle Stoffwechselprodukte, Immunreaktionen und genetische Veranlagungen. Die Darmmikrobiota kann signifikant zur Integrität der Darmbarriere beitragen und helfen, Entzündungen zu verringern. Nahrungsbestandteile können damit die Funktion der Darmbarriere erheblich beeinflussen. Nützliche Bakterien werden vor allem durch Ballaststoffe angefüttert, produzieren dann SCFAs wie Butyrat, Propionat und Acetat, die wiederum die Kolonozyten nähren und die engen Verbindungen zwischen den Epithelzellen stärken. Dadurch wird verhindert, dass schädliche Bakterien und ihre Toxine in den Blutkreislauf gelangen, was das Risiko von lokalen und systemischen Entzündungen und Infektionen verringert. Umgekehrt kann eine typische westliche Ernährung mit hohem Fett- und Zuckergehalt die Darmbarriere stören, indem sie Entzündungen fördert und die Zusammensetzung der Mikrobiota negativ verändert.

Eine Funktionsstörung der Darmbarriere, die oft als Leaky Gut bezeichnet wird, ist durch eine erhöhte Darmpermeabilität gekennzeichnet, die die Verlagerung von Krankheitserregern, Toxinen und Antigenen in den Blutkreislauf ermöglicht. Dies kann Entzündungen auslösen und zur Entstehung verschiedener Krankheiten beitragen. So ist eine erhöhte Darmpermeabilität auch ein Kennzeichen von CED. Ein wesentlicher Faktor für Leaky Gut ist dabei eine Verringerung der Dicke der Darmschleimschicht. Darüber hinaus ist Leaky Gut mit Veränderungen in der mikrobiellen Zusammensetzung und Funktion verbunden. Eine beeinträchtigte Schleimschicht stört außerdem den Lebensraum nützlicher Darmbakterien und führt zu einem Ungleichgewicht in der Mikrobiota. Dieses Ungleichgewicht kann wiederum zu Entzündungen führen und CED begünstigen.

Dysbiose und chronische Entzündungen noch näher betrachtet

Zwei Hauptmerkmale der Dysbiose sind das Wachstum gramnegativer Lipopolysaccharid-produzierender Bakterien und eine Abnahme der mikrobiellen Vielfalt. Unter gesunden Bedingungen verhindern Th1- und Th17-Zellen die Translokation bestimmter bakterieller Produkte, wie z. B. der Polysaccharide von Bacteroides spp. oder der schleimhautadhärenten segmentierten filamentösen Bakterien. Umgekehrt führt eine hohe Konzentration invasiver Bakterien zu einer Überaktivierung der Toll-like-Rezeptoren. Dies wiederum führt zu einer Überexpression entzündlicher Zytokine, Epithelschäden und chronischen Entzündungen. Nicht nur CED, sondern auch andere chronische Krankheiten, wie Autoimmunerkrankungen, neurologische Störungen, Fettleibigkeit und Stoffwechselerkrankungen werden sowohl hinsichtlich ihres Auftretens als auch ihrer Schwere mit einer Dysbiose in Verbindung gebracht. Darüber hinaus kann eine Dysbiose auch als Katalysator sowohl für Clostridium difficile-assoziierte Diarrhoe als auch für nekrotisierende Enterokolitis wirken.

CED führt zu einer verringerten und veränderten mikrobiellen Diversität

Weltweit leiden über 5 Millionen Menschen an Colitis ulcerosa, der häufigsten Form von CED. Aufgrund der schleimschichtspezifischen Entzündung werden die Wände des Dickdarms und des Mastdarms oberflächlich geschädigt. Bei Morbus Crohn kann jeder Teil des Magen-Darm-Trakts von einer unregelmäßigen transmuralen Entzündung betroffen sein, die bis in die seröse Schicht eindringt und hauptsächlich das terminale Ileum betrifft. Patient:innen mit CED weisen eine verringerte mikrobielle Diversität sowie eine veränderte Zusammensetzung der Darmmikrobiota auf. Diese ist vor allem durch eine Abnahme nützlicher Bakterien wie Faecalibacterium prausnitzii und eine Zunahme pathogener Bakterien wie Escherichia coli gekennzeichnet.

Diese mikrobiellen Veränderungen tragen über etliche Mechanismen zu chronischen Darmentzündungen bei. Die Dysbiose beeinträchtigt auch hier zunächst die Integrität der Darmbarriere und führt zu einer erhöhten Darmpermeabilität. Dadurch können Bakterien und ihre Metaboliten in den Blutkreislauf gelangen und dort Immunreaktionen und Entzündungen auslösen. Eine veränderte Zusammensetzung der Darmmikrobiota kann außerdem zu einer unangemessenen Aktivierung des mukosalen Immunsystems führen. Beispielsweise ist eine Dysbiose bei CED mit einem erhöhten Spiegel proinflammatorischer Zytokine wie TNF-α und IL-6 verbunden, die die Entzündung verschlimmern. Die Dysbiose beeinträchtigt zudem die Produktion entzündungshemmender mikrobieller Metaboliten wie SCFAs negativ. Reduzierte SCFA-Spiegel können schließlich zum Fortschreiten der Krankheit beitragen.

Therapeutische Möglichkeiten

Das wachsende Verständnis des Zusammenhangs zwischen Ernährung, Darmmikrobiota und Entzündungen eröffnet neue Möglichkeiten für therapeutische Interventionen. Zum einen zeigen die aktuellen Studien deutlich, dass die tägliche Ernährung einen signifikanten Einfluss auf die Zusammensetzung der Darmflora, auf die Produktion von pro- oder antientzündlichen Mediatoren und damit letzten Endes auch auf den Krankheitsverlauf hat. Eine weitere Option könnten Stuhltransplantationen darstellen. Diese umfassen die Übertragung von Stuhl eines gesunden Spenders auf einen Empfänger mit Dysbiose. Stuhltransplantationen haben sich bei der Behandlung wiederkehrender Clostridioides-difficile-Infektionen als vielversprechend erwiesen und weisen Heilungsraten von über 90% auf. Im Moment wird das Potenzial von Stuhltransplantationen auch im Bereich der CED näher untersucht.

Probiotika sind äußerst beliebte Substanzen, die die Gesundheit des Menschen und die Darmflora beeinflussen. Probiotische Mikroorganismen haben vielfältige Wirkungsweisen, die häufig zusammenspielen. Sie können Symptome von CED lindern und Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall reduzieren. Zu ihren Hauptmechanismen gehören die Modulation des Immunsystems, eine verbesserte Darmbarrierefunktion, Widerstand gegen Kolonisierung und die Synthese von Metaboliten, die sowohl lokal als auch aus der Ferne wirken. Etliche Studien belegen dabei die Sicherheit und Wirksamkeit einer Reihe von Probiotika, wie z. B. Lactobacillus-Arten, Bifidobacterium-Arten und Saccharomyces-Arten. Allerdings ist die Wirksamkeit von Probiotika und Präbiotika nicht unbegrenzt. Die Vorteile von Probiotika sind stark stammspezifisch und nicht alle Stämme bieten die gleichen gesundheitlichen Vorteile, was es schwierig macht, die wirksamsten Stämme zu identifizieren. Auch die Herkunft der Stämme muss bei ihrem Einsatz in Betracht gezogen werden (1).

Fazit

Der komplexe Zusammenhang zwischen Ernährung, Darmmikrobiota und Entzündungen unterstreicht die Bedeutung von Ernährungsentscheidungen für die Erhaltung der Gesundheit und die Vorbeugung von CED. Die Ernährungsgewohnheiten scheinen einen erheblichen Einfluss auf die Zusammensetzung und Funktionalität der Darmmikrobiota zu haben. Diese spielt wiederum eine entscheidende Rolle bei der Modulation entzündlicher Prozesse. Nützliche Nahrungsbestandteile wie Ballaststoffe, Polyphenole und gesunde Fette unterstützen dabei eine vielfältige und ausgewogene Darmmikrobiota und fördern entzündungshemmende Prozesse und die allgemeine Gesundheit.
Literatur:

(1) Randeni et al. (2024): A Comprehensive Review of the Triangular Relationship among Diet–Gut Microbiota–Inflammation. International Journal of Molecular Sciences, 25: 9366. DOI: 10.3390/ijms25179366.


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