Wie funktioniert das Immunsystem?
Das menschliche Immunsystem identifiziert bestimmte Moleküle, die Antigene, als fremdartig und löst eine gerichtete Abwehrreaktion aus. Auf diese Weise kann der Organismus entartete oder virusinfizierte Zellen anhand ihrer veränderten oberflächlichen Struktur als fremd erkennen. Diese werden anschließend durch Komponenten des Immunsystems (Makrophagen, T-Zellen) gezielt zerstört.
Was sind Autoimmunerkrankungen?
Bei einer
Autoimmunerkrankung kann das Immunsystem nicht zwischen körpereigenen und körperfremden Zellen unterscheiden, so dass der Körper fälschlicherweise körpereigenes Gewebe angreift. Liegt also eine
Autoimmunerkrankung vor, hält das Immunsystem einen Teil des Körpers für fremd und produziert daraufhin Proteine, die sogenannten Autoantikörper. Diese Autoantikörper greifen gesunde, körpereigene Strukturen an. Es gibt mehr als 80 verschiendene Autoimmunerkrankungen. Die betroffenen Organe umfassen ein breites Spektrum,
Diabetes Typ 1 schädigt z.B. die Bauchspeicheldrüse. Andere
Autoimmunerkrankungen spiegeln eine Vielzahl immunologischer Funktionsstörungen wider, die mehrere Organe betreffen, wie z.B. der systemische Lupus erythematodes (SLE) 1.
Autoimmunkrankheiten können in jedem Alter auftreten, aber die verschiedenen Erkrankungen haben ihr eigenes charakteristisches Alter für den Ausbruch. Bei den meisten
Autoimmunkrankheiten gibt es einen deutlichen Geschlechtsunterschied in der Prävalenz, wobei Frauen im Allgemeinen häufiger betroffen sind als Männer.
In den letzten 10 Jahren gab es bedeutende Fortschritte bei der Diagnose und der Klassifizierung der Erkrankungen sowie Verbesserungen bei der Prognose, die sowohl durch die Entwicklung neuer Technologien als auch durch ausgefeilte evidenzbasierte klinische Labortests erreicht wurden.
Autoimmunkrankheiten gelten im Allgemeinen als relativ selten, doch ihre Auswirkungen auf die Mortalität und Morbidität sind erheblich. Ironischerweise gibt es trotz enormer Fortschritte bei der Diagnose und Behandlung von
Autoimmunerkrankungen nur wenige Daten über die ätiologischen Ereignisse, die zur klinischen Pathologie führen.
Die entzündlichen Darmerkrankungen
Colitis ulcerosa und
Morbus Crohn wurden in der Vergangenheit zu den klassischen
Autoimmunerkrankungen gezählt.
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Erschienen am 19.10.2022 • Erstmalig wurden Patient:innen mit einer Autoimmunerkrankung mit CAR T Zellen behandelt – mehr lesen Sie hier!
Erschienen am 19.10.2022 • Erstmalig wurden Patient:innen mit einer Autoimmunerkrankung mit CAR T Zellen behandelt – mehr lesen Sie hier!
Wie viele Menschen in Deutschland haben Autoimmunerkrankungen?
Autoimmunkrankheiten galten in der Vergangenheit als selten. Epidemiologische Studien haben jedoch gezeigt, dass 3 bis 5% der Bevölkerung betroffen sind, wobei autoimmune
Schilddrüsenerkrankungen (z.B. Hashimoto-Thyreoiditis) und
Typ-1-Diabetes (T1D) am häufigsten auftreten.
Inzidenz und Prävalenz variieren zwischen den einzelnen
Autoimmunkrankheiten. Bei fast allen Patient:innen ist die Prävalenz bei Verwandten ersten Grades erhöht und ist bei eineiigen Zwillingen sogar noch höher. Die Häufigkeit von
Autoimmunerkrankungen ist bei Frauen erhöht. Die geschlechtsspezifische Verzerrung der Autoimmunität hat große Aufmerksamkeit erregt, ist aber nach wie vor ungelöst.
Was sind Beispiele für Autoimmunerkrankungen?
Organspezifische Autoimmunerkrankungen
Richtet sich das Immunsystem gegen ein bestimmtes Organ, z.B. Schilddrüse, Haut, Bauchspeicheldrüse, handelt es sich um eine organspezifische
Autoimmunerkrankung:
Systemische Autoimmunerkrankungen
- Antiphospholipid-Syndrom
- Zöliakie
- Lupus erythematodes (SLE)
- Polymyositis
- Sjögren-Syndrom
- Sklerodermie
- juvenile rheumatoide Arthritis
Wie entstehen Autoimmkrankeiten?
Die Ursachen verschiedener
Autoimmunerkrankungen sind noch nicht eindeutig geklärt, aber Theorien gehen davon aus, dass ein überaktives Immunsystem den Körper nach einer Infektion oder Verletzung angreift. Normalerweise unterscheidet das Immunsystem zwischen fremden und körpereigenen Zellen und schützt den Körper vor schädlichen Bakterien und Viren. Auch genetische Veranlagungen und Umweltfaktoren spielen eine Rolle.
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Was sind die Risikofaktoren von Autoimmunerkrankungen?
Bestimmte Risikofaktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung von
Autoimmunkrankheiten:
- Vererbung: Bestimmte Erkrankungen wie Lupus und Multiple Sklerose (MS) treten häufig in Familien auf.
- Gewicht: Übergewicht oder Fettleibigkeit erhöhen das Risiko, an rheumatoider Arthritis oder Psoriasis-Arthritis zu erkranken.
- Rauchen: Studien weisen auf einen Zusammenhang zwischen Rauchen und einer Reihe von Autoimmunerkrankungen hergestellt, darunter systemischer Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis, Schilddrüsenüberfunktion und Multiple Sklerose.
- Medikamente:
- bestimmte Blutdruckmedikamente oder Antibiotika können einen medikamenteninduzierten Lupus erythematodes auslösen, bei dem es sich oft um eine gutartige Form handelt
- bestimmte Medikamente zur Senkung des Cholesterinspiegels, so genannte Statine, die eine Statin-induzierte Myopathie auslösen können.
Was sind die Symptome bei Autoimmunerkrakungen?
Die Symptome einer
Autoimmunerkrankung können bei manchen Patient:innen schwer und bei anderen leicht ausgeprägt sein. Wahrscheinlich sind mehrere Faktoren, darunter Genetik, Umwelt und persönliche Gesundheit, für die Ausprägung der Symptome verantwortlich.
Welche Therapien gibt es bei Autoimmunerkrankungen?
Neuartige Therapien in der Behandlung von
Autoimmunerkrankungen zielen darauf ab, die pathologischen Entzündungsreaktionen im Zielorgan zu blockieren. Hier erfolgt der Einsatz
biologischer Wirkstoffe, die spezifische Entzündungs- und/oder Effektorwege verändern. Die Wirkstoffe, die TNF-alpha blockieren, waren die ersten zugelassenen Medikamente, und seither wurden nicht nur für die Behandlung von rheumatoider Arthritis, sondern auch für Lupus erythematodes,
Psoriasis, Psoriasis-Arthritis, entzündliche Darmerkrankungen,
Multiple Sklerose und viele andere Erkrankungen Medikamente entwickelt. Das Ziel der jeweiligen Behandlung ist, die Erkrankung vollständig rückgängig zu machen und Patient:innen sogar vollständig zu heilen.
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1. https://www.autoimmun.org/, Stand 18.10.2022
2. https://doi.org/10.1111/joim.12395, Stand 18.10.2022